Sag, es tut dir leid: Psychothriller (German Edition)
Streifen an seiner Uniform und den Ruf seiner Kollegen.
»Wahrscheinlich werde ich es bereuen, Professor, aber ich gebe Ihnen vollen Zugriff auf alles, was Sie brauchen. Machen Sie keine Hexenjagd draus. Was wollen Sie haben?«
»Ich möchte mir das Bauernhaus noch einmal ansehen.«
»Gut.«
»Und ich brauche die Akten der ersten Ermittlung«, sage ich. »Zeugenaussagen. Zeitliche Abläufe. Telefonaufzeichnungen.«
»Wir reden hier von mehr als dreitausend Aussagen.«
»Ich bekomme Hilfe.«
Drury schluckt etwas Stacheliges und Hartes. »Sagen Sie Grievous, was Sie brauchen.«
»Außerdem möchte ich einige der Zeugen von damals noch einmal befragen, mit den Verwandten sprechen und versuchen, einige Verzerrungen herauszufiltern.«
»Sie glauben, sie haben gelogen?«
»Beim Verlust eines geliebten Menschen blenden die Leute alles Negative aus. Sie haben gehört, wie Alice McBain über ihre Tochter gesprochen hat. Ich muss so viel wie möglich über Natasha und Piper in Erfahrung bringen. Was für Mädchen waren sie? Abgeklärt oder naiv, aggressiv oder unterwürfig, introvertiert oder extrovertiert? Hatten sie Freunde oder Exfreunde? Waren sie promisk?«
»Wollen Sie andeuten, dass diese Mädchen in irgendeiner Weise an ihrem Verschwinden beteiligt oder gar dafür verantwortlich waren?«
»Ich sage, dass einige Frauen – auch junge Frauen – Aufmerksamkeit erregen. Manche sind sexuell provokativ, absichtlich oder unbewusst. Andere sind zurückhaltender. Ich muss Natasha und Piper kennen, als würden sie mir gegenübersitzen. Nur dann kann ich herausfinden, warum sie ausgewählt wurden …«
»Sie glauben, sie wurden ausgewählt?«
»Ja.«
Drury atmet tief durch, lockert die Schultern und starrt mich an. »Ich kenne Leute wie Sie, Professor. Sie betrachten Tatorte und Fotos und glauben, sie könnten mit dem Mörder kommunizieren; sie versuchen das Wieso und Warum zu begreifen. Mir hingegen ist es egal, ob ich das Schwein kenne. Ich will den Kerl nur schnappen.«
Zwei Dutzend Detectives sitzen in einem lockeren Kreis auf Tischen und Stühlen. Sie teilen die Vertrautheit von Soldaten oder Katastrophenhelfern – Freundschaften, die in der Hitze des Gefechts oder in langen Nachtschichten schmutziger, gefährlicher Arbeit geschmiedet wurden. Sie sind nicht elitär oder eingebildet, sondern bloß eine verschworene Gemeinschaft.
Drury bittet um Aufmerksamkeit.
»Hört zu, Jungs. Einige von euch haben vielleicht schon Gerüchte über die unidentifizierte weiße Frau gehört, deren Leiche wir nach dem Schneesturm gefunden haben. Wir konnten ihre Identität jetzt mit Sicherheit bestätigen. Ihr Name war Natasha McBain.«
Die Atmosphäre in dem Raum hat sich schlagartig verändert, als hätte irgendwo jemand eine Tür offen stehen lassen und ein kalter Wind würde durch die Flure wehen.
»Und ich werde hier noch etwas ganz klar sagen«, fährt Drury fort. »Die Gerüchte hören auf der Stelle auf! Niemand – ich wiederhole, niemand – spricht mit den Medien. Ich verhänge eine totale Nachrichtensperre über diesen Fall. Was immer man euch fragt, die Antwort lautet ›kein Kommentar‹. Selbst wenn es eure Frau ist, die euch die Frage stellt, sagt ihr nichts. Verstanden?«
Niemand unterbricht ihn.
»Ich will wissen, wo Natasha McBain in den letzten drei Jahren gewesen ist. Nehmt euch die Akten noch mal vor. Namen. Daten. Orte. Ich will eine Liste aller Verdächtigen der ersten Ermittlung. Wo sind sie jetzt? Was haben sie seither gemacht?
Wir werden beide Tatorte noch einmal absuchen – das Bauernhaus und die Seen. Uniformierte Beamte und zivile Freiwillige werden in Kürze angekarrt. Die Hundestaffel wird versuchen, mithilfe von Natashas Kleidung eine Fährte aufzunehmen. Niemand erwähnt ihren Namen. Soweit es die Außenwelt betrifft, haben wir es immer noch mit einer nicht identifizierten weißen Frau zu tun.«
»Was ist mit Augie Shaw?«, fragt eine Stimme von hinten.
»Der bleibt, wo er ist. Findet heraus, ob er Natasha McBain oder Piper Hadley kannte.«
»Und die Heymans?«
»Opfer eines Verbrechens, Verdächtige in einem anderen – wäre nicht das erste Mal.« Der DCI sieht Casey an. »Was ist mit Fingerabdrücken aus dem Bauernhaus?«
»Wir haben sechzig brauchbare Proben genommen und bis auf vierzehn alle abgleichen können.«
»Augie Shaw?«
»Ein Handabdruck in der Küche.«
»Irgendwas im ersten Stock?«
»Ein halber Abdruck an der Schlafzimmertür.«
»Finde heraus, wer in den
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