Sag, es tut dir leid: Psychothriller (German Edition)
vergangenen Monaten noch in dem Haus gewesen ist. Vertreter. Freunde. Verwandte. Was ist mit den Samenflecken?«
»Die DNA -Ergebnisse brauchen noch zwei Tage. Die Tochter sagt, die Eltern hätten getrennte Schlafzimmer gehabt und nicht mehr miteinander geschlafen.«
»Kinder wissen nicht alles. Vielleicht waren sie hinter ihrem Rücken neu verliebt.«
»An dem zerbrochenen Badezimmerfenster und in der Spüle in der Küche haben wir verdünntes Blut gefunden«, meldet sich ein Detective zu Wort. »Auf die Ergebnisse warten wir noch.«
Drury sieht einen anderen Detective an. »Was ist mit den finanziellen Verhältnissen der Familie?«
»Eine Hypothek. Verkraftbare Belastung.«
»Gut.« Drury schlägt eine Aktenmappe auf seinen Schenkel. »Auf Geheiß des Chief Constable dürfen wir Professor O’Loughlin wieder bei uns begrüßen. Wir sollen ihm jede erforderliche Unterstützung gewähren, aber lasst euch von seinen Theorien nicht ablenken, wir werden diesen Fall mit guter solider Polizeiarbeit lösen, indem wir an Türen klopfen und Zeugen befragen.«
Drury sieht mich nicht an, nachdem er das klargestellt hat.
»Ich trenne die Ermittlungskommission. DS Casey wird weiterhin die Untersuchung des Doppelmordes in dem Bauernhaus leiten. Ich übernehme die Ermittlung im Fall Natasha McBain und werde beide Ermittlungen überwachen.«
Er rattert Namen herunter und teilt den Detectives ihre neuen Aufgaben zu.
»Packen wir es an«, sagt er, dreht sich um und geht eilig aus dem Raum. Erst im Flur lässt er seine Maske fallen. Ich sehe in seinen Augen eine vage Ungewissheit. Sie trübt seinen Blick wie Vaseline, die auf eine Linse geschmiert wurde.
Manchmal frage ich mich, warum Detectives diese Arbeit machen. Welches Vergnügen liegt darin? Selbst die Befriedigung, einen Fall gelöst zu haben, bedeutet nur, dass ein neuer wartet. Es gibt nie eine Einstellung der Feindseligkeiten, nie einen Waffenstillstand und schon gar keinen endgültigen Sieg.
Irgendwann zermürbt einen dieser ewige Kampf – der Zirkel von Ursache und Wirkung, Verbrechen und Strafe, Schuld und Unschuld, Opfern und Tätern. Man hört nicht auf zu fühlen – man wünschte nur, man könnte es.
Ich bin am Muttertag geboren und
Mum hat immer gesagt, ich sei das beste Muttertagsgeschenk der Welt gewesen. So etwas sagte sie gerne, wenn andere Leute zuhörten, aber nie, wenn wir beide allein waren.
Wir redeten nicht. Wir konkurrierten miteinander. Wir stritten. Wir liebten uns, aber wir hassten uns auch.
Meine Mutter war Weltmeisterin in lächelnden Kommentaren über mein Haar, mein Gewicht oder meine BH-Größe, die mein Selbstbewusstsein scheibchenweise zerkleinerten. Und sie war nie glücklicher, als wenn sie mir so etwas unter die Nase reiben konnte.
Dad hat mir immer gesagt, ich soll mich nicht so verbiegen, aber ich bin schon verbogen auf die Welt gekommen. Rückwärts in einer Steißgeburt. Walfische werden so geboren und Babys auch.
Meine Mutter ist größer als mein Dad und echt dünn. Sie hat unglaubliche grüne Augen und lange Wimpern, die aussehen wie falsch, aber echt sind.
Die Leute sagen, sie ist eine Schönheit, und meinen, mein Dad hätte »oberhalb seiner Liga gespielt«, als er sie geheiratet hat, aber ich finde, er hätte es auch viel besser treffen können. Er hätte eine Frau heiraten können, der Geld nicht dermaßen wichtig ist oder das, was andere Leute denken, denn er hätte es ganz bestimmt verdient.
Mein Dad ist der netteste Mensch, den ich kenne. Wenn er von mir enttäuscht ist, sackt er jedes Mal ein wenig zusammen und stößt einen langen Seufzer aus, als ob jemand den Stopfen herausgezogen hätte und er in sich zusammenfallen würde wie eine Hüpfburg nach der Party. Er würde eher vor Enttäuschung sterben, als einen Finger gegen mich zu heben.
Mum hat immer geschimpft, wenn er mich verwöhnt hat, und Dad hat ihr jedes Mal zugestimmt und mir dann zugezwinkert.
Mein letzter Geburtstag zu Hause wurde abgesagt, weil Mum meinte, ich hätte keine Party oder Geschenke verdient, wegen meiner Undankbarkeit und meiner ständigen Flucherei. »Scheiße« war mein Lieblingswort. Alles war scheiß dies oder scheiß das; scheiß ungerecht oder scheiß unglaublich oder das soll wohl ein beschissener Witz sein.
Das war einer der Gründe, warum ich weglaufen wollte, doch das war bloß Gerede, wisst ihr. Ich hab es nie wirklich ernst gemeint. Kids sagen ständig Sachen, die sie nicht so meinen.
Es ist Morgen, und ich stehe auf
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