Sag Mami Good bye - Fielding, J: Sag Mami Good bye - Kiss Mommy Good Bye
was ausmachen, bei Annie zu bleiben, bis wir wieder hier sind?«
»Natürlich nicht«, erwiderte Susan, während Mel Donnas Arm nahm und mit ihr zur Eingangsdiele ging. »Ruft mich an, sobald alles geklärt ist, ja?«
»Machen wir«, versicherte er und führte Donna hinaus.
Während der gesamten Fahrt sprach sie ununterbrochen. Ein Plappern, ein Schwatzen, bei dem sie einfach nicht innehalten durfte, weil dann – diesen Gedanken gab ihr die Furcht ein – ihre schlimmsten Ängste akzeptierte Wirklichkeit werden würden.
»Er ist nicht da, Mel. Er ist fort. Die Nummer, die ich vorhin wählte, war die richtige. Ich hatte mich nicht verwählt. Das wußte ich die ganze Zeit, aber ich wollte es einfach nicht wahrhaben. Als er um vier nicht kam, redete ich mir ein, das hätte nichts zu bedeuten, es sei ja noch genügend Zeit. Ich erfand alle möglichen Erklärungen, doch tief drinnen wußte ich’s. Ich hatte dieses komische Gefühl in der Magengrube. Schon als ich mit Susan sprach und zu ihr sagte, daß Menschen sich nicht ändern. In Wirklichkeit versuchte ich, etwas zu mir selbst zu sagen, doch hörte ich mir nicht zu. Warum tat ich’s nicht? Warum hörte ich mir selbst nicht zu, während ich doch Victor zuhörte!? Guter Gott, ich mußte ihn ja geradezu davon überzeugen, daß es sein gutes Recht sei, die Kinder übers Wochenende mitzunehmen! Er schien aufrichtig betrübt, daß die Kinder Annies Party versäumen würden.« Donna verstummte einen kurzen Augenblick, um
ihren Speichel zu schlucken. »Warum habe ich ihm geglaubt? Ich war mit dem Mann sechs Jahre lang verheiratet, und ich erinnere mich noch an seine Worte: daß er sich von keinem Gericht seine Kinder wegnehmen lassen würde; daß ich verlieren würde, selbst wenn ich gewinnen sollte – daß er gegen mich kämpfen würde, bis von mir nichts mehr übrig sei! Wie konnte ich vergessen, daß er all das gesagt hat? Wie konnte ich vergessen, daß er schon einmal seinem früheren Leben abrupt den Rücken gekehrt hat – seine Siebensachen packte und fort von Connecticut? Wie konnte ich annehmen, er würde so etwas nie wieder tun?«
Mel warf Donna einen traurigen Blick zu. »Was hättest du tun können?« fragte er. »Du konntest so etwas nicht voraussehen, Donna. Und selbst wenn du es vorausgesehen hättest, du hättest es nicht verhindern können.«
Donna fühlte, wie ihr die erste Träne auf die Wange tropfte. »Du weißt, daß ich recht habe, nicht?« fragte sie.
»In ein paar Minuten wissen wir mehr.«
Er preßte den Fuß aufs Gaspedal, Donna setzte ihren Monolog fort. »Wie konnte ich mich nur so täuschen lassen? Ich begreife das nicht. Ich weiß noch, mit welchen Worten er mir seinerzeit vorgestellt wurde – ›Dies ist Victor Cressy, der beste Versicherungsagent der südlichen Hemisphäre.‹ Wie oft, guter Gott, hat er mir erzählt, er könne den Arabern Sand verkaufen!? Begreifst du nicht, Mel? Er hat mir eine ganze Wüste voll Sand verkauft! Sein verändertes Verhalten war nur gespielt. Er wollte bei uns den Eindruck erwecken, er sei sanftmütiger geworden – ganz allmählich, natürlich, darum sind wir auch darauf reingefallen. Zuerst zeigte er sich verbittert und zornig, doch von Woche zu Woche nahm er ein bißchen mehr davon zurück. Immer grad so viel, daß es glaubwürdig wirkte und daß wir ihn akzeptierten. Und ich hab’s getan. Genau wie von ihm geplant. Genau wie von ihm vorausgesehen. Oh, Gott, Mel, was glaubst du, wie lange er dies schon geplant hat?«
Mel schwieg. Sie kannten die Antwort beide. Spätestens am Tag des Gerichtsentscheids mußte Victor diesen Plan konkret ins Auge gefaßt haben; vielleicht auch schon früher. Und er hatte die Zeit zu nutzen verstanden: um alle ihm notwendig erscheinenden Vorkehrungen zu treffen, um ihnen Sand in die Augen zu streuen und sie in völliger Sicherheit zu wiegen.
»Annies Geburtstag kam ihm gerade recht«, sagte Donna ruhig. »Das Salz in der Wunde.«
Sie kamen zu Donnas Haus in Lake Worth, doch es wirkte unberührt, und Victors Auto war nirgends zu sehen. >Hier ist er nicht«, sagte sie, als sie nach einem kurzen Blick ins Haus wieder ins Auto stieg. Sie fuhren weiter, in Richtung Lantana.
Plötzlich klang aus ihrer Stimme tiefes Entsetzen. »Er wird ihnen doch nichts angetan haben, Mel, wie? Oh, Gott, hältst du’s für möglich, daß er irgend etwas Furchtbares mit ihnen gemacht hat?« Sie begann zu zittern.
Rasch fuhr Mel an den Straßenrand und hielt. Dann zog er sie an
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