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Sag mir, wo die Mädchen sind

Sag mir, wo die Mädchen sind

Titel: Sag mir, wo die Mädchen sind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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Ezfahanis lügen? Sieben Männer haben exakt dasselbe erzählt.»
    «Ich gebe lediglich wieder, was Heini Korhonen gesagt hat. Andererseits hat auch Frau Ezfahani von einem dummen, bösen Jungen gesprochen, der ihre Tochter bedrohte. Es wäre darum wichtig, Noors Freundinnen zu fragen, was sie über die Beziehung zwischen Noor und Tuomas Soivio wissen.»
    «Erzähl mir nicht, wie ich meine Arbeit zu tun habe! Ich werde in der Pressekonferenz mitteilen, dass wir einen Verdächtigen haben, nach dem gefahndet wird.»
    «Dann taucht Soivio sofort unter, falls er wirklich der Täter ist!», protestierte Ursula. «Fahnden wir ruhig nach dem Jungen, aber lassen wir die Medien vorläufig außen vor.»
    Ruuskanen sah aus, als ob er innerlich bis zehn zählte. «Ich bin für die Öffentlichkeitsarbeit verantwortlich, und ich habe auch die Konsequenzen zu tragen. Wenn auch nur in einer Zeitung oder in den Chats im Internet der kleinste Hinweis auf das auftaucht, was bei dieser Besprechung gesagt wurde, werde ich persönlich herausfinden, wer geplaudert hat, und den Betreffenden wegen Verstoß gegen die Geheimhaltungspflicht zur Verantwortung ziehen. Das war’s. Die Sitzung ist beendet. Wer will, kann zur Pressekonferenz kommen, hält aber den Mund!»
    Teilweise verstand ich Ruuskanen. Acht übereinstimmende Zeugenaussagen waren acht übereinstimmende Zeugenaussagen, und jeder Polizist wünschte sich, ein Kapitalverbrechen so schnell wie möglich aufzuklären, besonders dann, wenn es sich um eine Tat handelte, die bei den Medien auf großes Interesse stieß. Bei der Besprechung hatte Ruuskanen Kopien eines Fotos von Tuomas Soivio verteilt, das aus demselben Jahresbericht der Schule von Olari stammte wie Noor Ezfahanis Bild. Der Junge sah gut aus: Seine Haut war makellos, er hatte kurze blonde Locken, die blauen Augen blickten freundlich, und sein Lächeln war fröhlich. Wenn man für eine Werbekampagne den idealen Finnen gesucht hätte, wäre er genau der Richtige gewesen. Tuomas wohnte bei seinen Eltern in der Menninkäisentie in Tapiola, also ganz in der Nähe des Mädchenclubs, und besuchte in Olari den mathematisch-naturwissenschaftlichen Zweig des Gymnasiums. Ein ganz normaler Gymnasiast ohne den geringsten kriminellen Hintergrund würde sich bestimmt nicht lange vor der Polizei verbergen können.
    Ich wechselte einige Worte mit Liisa Rasilainen. Sie hatte zu der Streife gehört, die der Familie Ezfahani die Nachricht von Noors Tod überbracht hatte. Bei dem Mädchen waren keine Ausweispapiere gefunden worden, und ihre Handtasche war verschwunden, aber sie hatte ein Medaillon am Hals getragen, auf dem «Noor» eingraviert war, und daraufhin hatte man alle jungen Frauen dieses Namens in der Hauptstadtregion überprüft. Da es nur wenige gab, hatte man das richtige Mädchen bereits nach zwei Stunden ausfindig gemacht. Bei den Ezfahanis hatte ein haltloses Weinen und Klagen eingesetzt, die Stimmung war so hysterisch gewesen, dass an eine Vernehmung nicht zu denken war.
    «Man sieht erwachsene Männer selten so heftig weinen und klagen. Vielleicht sollten sich die Finnen ein Beispiel an diesen Leuten nehmen, das könnte ihnen guttun.»
    «Garantiert nicht! Wer zum Teufel mag flennende Männer sehen?» Ursula war plötzlich hinter uns aufgetaucht. «Und vergesst nicht, dass es viel leichter ist, extreme Gefühle vorzutäuschen als gedämpfte Trauer. Zwiebelsaft in die Augen und laut heulen, mehr braucht es nicht.» Dazu schnitt Ursula eine Grimasse wie eine drittklassige Tragödin.
    «Ich hab die Anweisung bekommen, Noors Freundinnen zu befragen», fuhr sie fort. «Koivu hat mir ein paar Namen genannt, die er Noors älterem Bruder entlocken konnte. Habt ihr beiden irgendwelche Tipps, wie ich mit den Mädchen umgehen soll? Die surfen garantiert im Internet und verfolgen alle Gerüchte über den Fall. Unvoreingenommene Auskünfte werden wir von denen nicht kriegen.»
    «Mach ihnen deutlich, dass wir mit dem Jungen sprechen möchten, weil er Noor nahestand, und nicht, weil wir ihn für den Täter halten. Die Freundinnen wissen bestimmt, ob Noor das Interesse von Soivio gefiel oder nicht.»
    «Vielleicht wusste sie selbst nicht genau, was sie davon halten sollte. Mit sechzehn ist einem nicht unbedingt klar, wen man will, und man empfindet selbst unerwünschte Annäherungsversuche unter Umständen als schmeichelhaft», meinte Liisa. «Na ja, das ist mit sechzig nicht unbedingt anders», grinste sie dann. «Ich mache jetzt in der

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