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Sag niemals nie

Sag niemals nie

Titel: Sag niemals nie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecily von Ziegesar
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derart verunstalteten Kopf war auch noch so
doof, sich die Haare abzurasieren?
    Vanessa riss die Schublade
unter dem Waschbecken auf und wühlte nach der fleischfarbenen Abdeckpaste, die
sich ihre Schwester Ruby immer unter die Augen schmierte, wenn sie die Nacht
durchgemacht hatte. Der Abdeckstift, den sie schließlich fand, war zwar
knallrosa und heller als ihr natürlicher Hautton, aber besser als nichts. Sie
strich etwas davon über die Leberflecke, verrieb es und begutachtete das
Ergebnis. Jetzt sah es aus, als hätte sie einen ekligen Ausschlag. Sie erwog,
die vier Muttermale einfach mit Pflaster zu überkleben, fand aber kein ausreichend
großes, außerdem würde ein Pflaster nur noch bescheuerter aussehen. Also wusch
sie das Zeug wieder ab und kramte weiter in der Schublade herum in der Hoffnung,
irgendetwas zu finden, das Beverly von der hässli- chen Mutation ablenken
würde.
    Als wäre ihr noch immer nicht
richtig verheiltes Lippen- piercing nicht Ablenkung genug. Beverly hatte bei
ihrer ersten Begegnung vermutlich nur aus Höflichkeit nichts dazu gesagt, aber
jetzt würde er sie vielleicht fragen, ob die verschorfte Wunde nicht wehtat.
    Wieso sollte sich Beverly ihren
Hinterkopf überhaupt näher anschauen? Sie gingen doch bloß zum Raves-Kon- zert,
um herauszufinden, ob sie kompatibel waren - und zwar als Wohnungsgenossen,
nicht als Liebespaar, das sich gegenseitig auf den Hinterkopf schaut. Außerdem
war Beverly Künstler. Vielleicht fand er ihre Muttermale sogar cool.
    In der unaufgeräumten Schublade
rollte ein Parfüm- pröbchen herum. »Certainty«. Der Name klang zwar eher nach
Tampon oder Schwangerschaftstest, aber Vanessa zog trotzdem den kleinen
schwarzen Pfropfen heraus und tupfte sich etwas davon aufs Handgelenk und auf
die Schläfen. »Certainty« roch so durchdringend nach Moschus, dass Beverly
ihre widerlich entstellenden Muttermale womöglich gar nicht bemerken würde.
Vielleicht war es ja so eine Art Zauberelixier. Sie würde den Club betreten,
Dan würde vor Sehnsucht, Reue und rasender Eifersucht sofort violett anlaufen,
und Beverly wüsste schlagartig mit tausendprozentiger Certainty, dass er mit ihr zusammenwohnen
wollte. Natürlich auf rein freundschaftlicher Basis.
    Natürlich.

 
    eminem-verschnitt
fühlt sich leicht unwohl
     
    »Sicher alles okay, Alter?«,
fragte Damian schon zum zweiten Mal durch die verrammelte Tür der Herrenklo-
Kabine.
    »Ja, ja, alles okay«, rief Dan
von innen und betete, dass Damian und die anderen Jungs von der Band sein
Verhalten für normales Lampenfieber halten und weiter Poker spielen oder
Wodkas exen würden oder was sie im Back- stage-Raum gerade machten.
    »Na gut. Dann bis gleich«,
meinte Damian. »Hübsche Schnürsenkel übrigens«, fügte er noch hinzu, bevor er
aus dem Klo ging.
    Dan hockte auf der Klobrille
und starrte bekümmert auf seine neuen Turnschuhe und die absurd weiten Hosenbeine,
in denen sie fast verschwanden. Gestern war er im 555 Soul auf dem Broadway in
SoHo gewesen und hatte sich von dem Typen dort eine komplett neue Garderobe für
den Auftritt aufschwatzen lassen. Ein riesiges gelbes Twotone-Shirt mit
schwarzen Ärmeln, eine lachhaft weite Hose aus grauer, fester Baumwolle mit
diversen Taschen und Kordeln zum Zuziehen, dazu schwarze Chucks mit gelben
Schnürsenkeln und ein safarigrünes, wattiertes Trucker-Cap mit aufgedrucktem
gelbem Vorfahrtszeichen. Das Cap bändigte seine wild verstrubbelten Haare und
enthüllte seinen rasierten Nacken, was ihn gefährlicher aussehen ließ, als er
es je für möglich gehalten hätte. Tatsächlich sah er in seinem neuen Outfit
aus wie ein kleinerer, dünnerer Eminem. Oder anders ausgedrückt: ganz und gar
nicht so, wie er aussehen wollte.
    Von den Jungs hatte keiner
seine Klamotten kommentiert, aber er hatte ihnen auch kaum Zeit dazu gelassen.
Ein Blick auf die lange Schlange vor dem Club und auf die Instrumente und
Mikrofonständer auf der Bühne hatte gereicht, und er war aufs Klo gestürzt, wo
er sich die Seele aus dem Leib gekotzt hatte. Seitdem hockte er eingeschlossen
in der Kabine.
    Hätte er nur irgendeinen
Talisman, eine handgeschmiedete silberne Gürtelschnalle oder eine
Haifischzahnkette, wie sie die meisten Bocklegenden wahrscheinlich besaßen.
Dann würde er jetzt sein höchstpersönliches Glücks- Dingsbums berühren, seine
Nervosität würde verfliegen, und er könnte völlig entspannt auf die Bühne
steigen und den Club zum Brodeln bringen. Stattdessen saß er in

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