Sag niemals nie
»Den
Gang hinunter ist das Zimmer, in dem ich schlafe, wenn ich bei Großvater bin.
Er bewahrt dort seine ganzen alten Jahrbücher aus Yale auf. Möchtest du sie dir
anschauen?«
Blair kicherte albern. Wie
geil, dass sie einen Typen kennen gelernt hatte, der anscheinend ein genauso
extremer Yale-Fan war wie sie. Gespannt folgte sie Stan den Gang hinunter in
sein Zimmer. Sie konnte es kaum erwarten, seine Jahrbücher zu küssen.
Wie bitte?
Okay, anzuschauen. Aber so
abwegig war der Gedanke auch nicht. Schließlich hatte sie mehr mit Stanford
Parris V gemein als mit jedem anderen Jungen, den sie je kennen gelernt hatte,
einschließlich ihres lahmarschigen, spurlos verschwundenen Freundes, der schon
einen Studienplatz in Yale hatte und kein bisschen mitfühlend war und zu absolut
gar nichts taugte.
Tja dann. Vielleicht hatte sie
wirklich küssen gemeint.
n dreht
bei
»Oops, ich glaub fast, ich
gewinne!« Lexie warf sich kichernd die nächste Kekshälfte in den Mund.
»Guter Zug«, lobte Nate, der
noch nicht einmal versuchte, ihren schokokeksverschmierten Lippen auszuweichen.
Es war Lexies Idee gewesen,
noch eine Tüte zu rauchen und anschließend mit halben und ganzen Oreo-Keksen
Dame zu spielen, weswegen sie auch die Regeln festgelegt hatte: Jedes Mal wenn
sie eine von Nates Oreo-Hälften mit einem ihrer ganzen Kekse eroberte, durfte
sie den halben Oreo essen und Nate auf den Mund küssen.
Nate konzentrierte sich nicht
so richtig auf die Partie, wodurch er es Lexie ziemlich einfach machte zu
gewinnen, aber es erschien ihm weniger gefährlich, sich hier an Deck von ihr
küssen zu lassen, als allein mit ihr oben im Ausguck zu sitzen, wo eins zum
anderen führen konnte...
Wobei er natürlich niemals
zugelassen hätte, dass es wirklich ernst wurde, oder?
Nate litt mal wieder unter dem Blair-Witch-Fluch. Immer wenn er mit anderen
Mädchen rummachte, dachte er die ganze Zeit an Blair und wie es war, mit ihr
rumzumachen, was ihn einerseits total antörnte, ihm andererseits aber auch ein
schlechtes Gewissen machte, weshalb er einerseits nicht aufhören, es aber
andererseits auch nicht so richtig genießen konnte.
Och, der Arme!
Er behielt die Augen offen,
während Lexie ihn küsste, und zwinkerte Jeremy zu, der am anderen Ende des
Decks ein Mädchen mit langen braunen Haaren und feisten Oberarmen knutschte,
das Nate noch nie gesehen hatte. Plötzlich fühlte er sich auf eine dieser
Siebtklässlerpartys zurückversetzt, wo alle in der Ecke lagen und mit
irgendwem rumzüngelten, weil jeder glaubte, das müsse so sein, obwohl es
irgendwie auch ziemlich eklig war, eine Stunde lang an einer Mädchenzunge zu
lutschen und zwischendurch noch nicht mal einen Schluck Wasser zu trinken.
Keine gute Erinnerung. Schön war nur dieses eine Mal mit Blair in Serenas
begehbarem Schrank gewesen, auf einer Party in der Achten... oder in der
Sechsten? Sie hatten sich so lange geküsst und unterhalten, dass Serena sie
schließlich gewaltsam aus dem Schrank gezerrt hatte, weil sie sonst die ganze
Party verpasst hätten. Ach, würde Blair doch plötzlich in einem kleinen
Schlauchboot längs der Charlotte entlangrudern und in diesem sexy Zicken-Ton, den sie
draufhatte, wenn sie ein bisschen sauer auf ihn war, zu ihm hinaufbrüllen:
»Werd endlich erwachsen!« Wo steckte Blair eigentlich?, fragte er sich in
hilflos bekiffter Verwirrung. Wieso war sie nicht hier bei ihm?
Hallo? Jemand zu Hause?
Aufwachen!!!
Lexie hing mit geschlossenen
Augen schwer atmend an seinen Lippen. Sie schmeckte nach Schokoladenkeks und
Bier, irgendwie keine so leckere Kombination. Nate konnte es kaum erwarten, sie
von seinem Schoß zu schieben und unter Deck zu gehen, um ein paar Gläser
kaltes
Wasser herunterzustürzen.
Genauso wie er es kaum erwarten konnte, Blair zu sagen, dass trotz dieses
dummen kleinen Zwischenspiels alles gut werden würde, sobald er von den
Bermudas oder aus New Jersey oder wo sie auch immer gerade hinsegelten zurück
war.
Sein Blick wanderte zur
Steuerbordseite. Die Sonne ging gerade unter und sie hatten endlich die offene
See erreicht. Das dunkle Wasser lag ruhig da und am Horizont funkelten die
Lichter von ein paar Fischkuttern. Es war einige Stunden her, dass Nate den
Kurs das letzte Mal gecheckt hatte. Seit sie abgelegt hatten, wurde die Charlotte per Autopilot gesteuert, aber
da er an Bord der Einzige mit Segelerfahrung war und sich daher für die anderen
verantwortlich fühlte, hielt er es für angebracht, mal einen
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