Sag niemals nie
Der Blick,
den sie Jenny zuwarf, bedeutete: Letzte Chance für dich, mitzukommen.
»Okay, dann ruf ich dich morgen
an«, antwortete Jenny. Sie wollte Elise die Schachtel mit den Zigaretten geben,
aber die winkte ab.
»Die brauchst du ja vielleicht
noch«, sagte sie, bevor sie sich umdrehte und ging.
Jenny wusste, dass sie sich
mies fühlen müsste, weil sie nicht mit ihrer Freundin mitgegangen war, aber
hätte sie sich so eine Gelegenheit etwa entgehen lassen sollen? Außerdem: Was
konnte schon passieren? Schlimmstenfalls würde ihr Vater dahinter kommen, aber
er war nie besonders streng, und außerdem würde Elise sie nicht verpetzen. Sie
presste die Schenkel aneinander und lächelte nervös zu Lloyd hoch. Er hielt ihr
eine bandagierte Hand hin und zog sie auf die Füße.
»Komm, ich stell dich den
anderen vor.«
Im Club war inzwischen wieder
Normalität eingekehrt. Die Leute saßen herum, tranken Bier und unterhielten
sich leise, während im Hintergrund die neue Franz Ferdinand lief. Dan saß neben
einem sehr hübschen und extrem braun gebrannten Mädchen mit honigblonden Haaren
am Bühnenrand und hielt eine Flasche Tonic in der Hand. Er sah total fertig
aus, aber das Mädchen plapperte fröhlich auf ihn ein und lachte und strahlte
dabei, als wäre er der lustigste Typ, dem sie je begegnet war.
»Ach du Scheiße, Yoko schon
wieder!«, zischte Lloyd leise, als sie sich den beiden näherten.
»Wer?«, fragte Jenny. Das
Mädchen hatte einen extrem kurzen jadegrünen Minirock an und ihre nackten Beine
waren endlos lang und so gebräunt wie die eines »Bain de Soleil«-Models.
Auf Lloyds Gesicht erschien ein
breites künstliches Lächeln. »Egal«, stieß er zwischen zusammengebissenen weißen
Zähnen hervor. »Das merkst du schon noch.«
Das gebräunte Mädchen rutschte
von der Bühne und küsste Jenny auf beide Wangen. »Dan at gesagt, du bist sein
Schwester, oui?«, sagte sie mit starkem französischen Akzent. »Oh, wie bin isch
eifersüschtisch auf deine tolle Titten.« Sie legte beide Hände auf Jennys
Brüste und drückte zweimal fest zu.
Oink, oink!
»Die sind so fraulisch, non?«
»Monique«, warnte Dan. »Ich
würde das n...«
»Vielen Dank«, sagte Jenny
erfreut und überraschte damit sogar sich selbst. Was ihren Busen anging, war
sie immer sehr empfindlich gewesen - und das aus gutem Grund-, aber sie
interpretierte Moniques kleinen Temperamentsausbruch als aufrichtiges
französisches Kompliment. Außerdem fand sie es auch nicht so schlimm, dass
Lloyd auf diese Weise noch einmal darauf hingewiesen wurde, dass sie die
größten Brüste im Umkreis hatte.
»Jennifer, das ist Monique.
Monique - Jennifer«, stellte Lloyd die beiden einander vor. »Monique ist
Dam...«
»Isch bin zu Besuch aus St.
Tropez«, schnitt Monique ihm das Wort ab und warf ihm gleichzeitig einen Gift
und
Galle sprühenden Blick zu.
»Kommst du mit in das Plaza 'otel?«, erkundigte sie sich bei Jenny.
»Nein, sie muss nach Hause«,
lallte Dan. »Es ist nämlich schon spät.« Er sah sich mit glasigem Blick im Club
um. »Oder?«
Na ja, für ihn war es auf jeden
Fall zu spät.
Lektion Nummer zwei für Brüder
jüngerer Schwestern: Denkt noch nicht mal daran, ihnen Vorschriften machen zu
wollen.
»Vergiss es«, widersprach Jenny
ihm. »Ich komme ja wohl auf jeden Fall mit ins Plaza.«
In diesem Moment kam Damian die
Feuerwehrstange heruntergerutscht und schlenderte auf sie zu. Er hatte sich
umgezogen und trug jetzt einen olivgrünen Nickianzug, auf dessen Po mit weißer
Farbe »juice me« stand. »Was ist Jungs, lassen wir es jetzt krachen?«, fragte
er und klatschte Dan und Lloyd auf den Rücken.
Monique warf ihm ein süßliches
Ich-ertrage-dich-nur- weil-du-so-berühmt-bist-Lächeln zu und hakte sich
besitzergreifend bei Dan unter.
Lloyd legte einen Arm um Damian
und einen um Jenny und zog sie zu einer Art Gruppenumarmung an sich. »Damian,
das ist Jennifer. Jennifer - Damian.«
Ein Segen, dass Lloyd Jenny so
fest an sich drückte, sonst wäre sie vor lauter Begeisterung ohnmächtig
zusammengebrochen. Damian stieß einen gekünstelt spitzen Entzückensschrei aus,
als wäre er eine Tunte, die gerade den reizendsten kleinen Hunde-Regenmantel
entdeckt hat, den man sich nur vorstellen kann. Dann küsste er Jenny auf die
Nasenspitze.
Also war er vielleicht doch
nicht Serenas neuer Freund.
»Wie wär’s, wenn wir Danny und
Monique die Limo überlassen? Wir können uns ja in ein Taxi quetschen, hm?«,
schlug Damian
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