Saga von Dray Prescot 15 - Vallian-Zyklus 01 - Geheimnisvolles Scorpio
Weinhändler geraubt. Es herrschte gute Laune, auch wenn der Anführer, ein wilder Bursche mit eckigem Bart, in den er Goldfäden gewirkt hatte, ausrief: »Bei der offenhändigen Varkwa! Wenn noch viele Reisende sich als Chyyanisten entpuppen, wird die Beute mager!«
»Aber bald wird uns ganz Vallia offenstehen!« brüllte sein Stellvertreter, und diese Worte lösten herzhaftes Lachen aus. Die Banditen waren von dem Gedanken beseelt, in Falanriel einzufallen und die Stadt auszuplündern. Und was sie mit der mächtigen Kovneva machen wollten, hätte die Eisgletscher Sicces in Brand setzen können.
Ich kaute saftiges Voskfleisch und hielt den Kopf gesenkt. Zuhören konnte mir eher weiterhelfen als ein dummer Schwertkampf. War dies ein weiteres Stück des Rätsels? Übertrieb die arme Thelda, die immer nur das Beste wollte, ihre Rolle als Kovneva? Sie liebte den Titel und war ungemein stolz auf ihre Position. Doch vor langer Zeit war sie schon einmal gezwungen gewesen, für die Racter zu spionieren. Jetzt paßte mein guter Freund Seg auf sie auf. Ich schwor mir insgeheim, daß ich nicht nur unter vier Freundesaugen mit Thelda sprechen, sondern auch jeden Drikinger mit dem Schwert begrüßen würde, der ihr auch nur ein Haar krümmen wollte. Trotzdem konnte sie in ihrer Art ziemlich ermüdend sein, ohne es in ihrer Gutmütigkeit zu merken.
Jedenfalls bestand kein Zweifel daran, daß der chyyanistische Glaube in Falinur auf sehr fruchtbaren Boden gefallen war. Alle Anzeichen deuteten darauf hin, daß Makfaril den Schwarzen Tag in ganz Vallia zur gleichen Zeit ausrufen wollte – doch wenn ich die Menschen richtig beurteilte, wie auch diesen Staat und das Naturell der Banditen, dann ahnte ich, daß Makfaril sich vielleicht nicht an diesen Plan halten mochte. Die Explosion konnte jeden Augenblick erfolgen, ausgelöst durch irgendeinen dummen Zwischenfall. Der Tag der Schwarzen Federn konnte schon morgen anbrechen ...
Der Ritt durch das Herz Vallias war eine große Torheit. Ich hatte gehofft, die lange Reise würde mich beruhigen, doch je mehr ich sah und hörte, um so nervöser und angespannter wurde ich. Die Last meiner Angst zeigte sich gewiß auch in den ersten Worten, die ich nach den frohen Lahals zu Seg sagte:
»Und die Nachrichten von Delia, Seg? Wo ist ihr Brief?«
Er schüttelte den Kopf. »Ich habe keinen Brief von Delia. Pakete sind dir nachgeschickt worden, aus Vondium und Valka herübergeflogen. Sie kommen von ... nun, du kennst die Namen.«
O ja, ich konnte es mir denken. Es waren Informationen aus Strombor und Tabellen über Chunkrahzählungen von Hap Loder und den Klansleuten. Sicher gab es auch Nachrichten von Kytun und Ortyg in Djanduin. Doch ich sehnte mich nach einer Nachricht von Delia, wußte ich doch nun, daß sie gegen eine unbekannte böse Kraft kämpfte, die unsere Tochter Dayra bedrohte.
Ich erkundigte mich nach Thelda, und Seg breitete die Arme aus und sagte, sie sei zu Besuch in Vondium und müsse jeden Augenblick zurückkehren.
Seg machte den Eindruck, als hätte er am liebsten nach seinem Langbogen gegriffen und den Herrscher aufgefordert, seinen Bannspruch über mich zu wiederholen. Wäre er dabei geblieben, hätte er wohl eine recht unangenehme Situation vor sich gehabt.
»Also, bei Vox! Wie lange will er dich denn aus Vallia verbannen, der alte störrische Onker?«
»Das gilt nur für Vondium. Dabei sind die Schwarzen Federn dort noch nicht aufgetaucht.«
»Komm, und feuchte dir ein wenig die Kehle an. Vielleicht fällt uns etwas ein.«
Wir verließen den Wehrgang und gingen durch den Außenhof, dann durch die Innenmauern und eine schmale gewundene Steintreppe hinauf, bis wir Segs Privaträume im Fletcher-Turm erreichten. Segs Schloßfestung, die auf die Stadt Falanriel hinabblickte, war darauf eingerichtet, einer längeren Belagerung standzuhalten. Seg sorgte dafür, daß stets ausreichend Vorräte im Haus waren. In militärischen Dingen war Seg Segutorio ein Genie.
Trotzdem war mir nicht sehr wohl zumute, als wir uns in seinen Gemächern niederließen. »Sieht doch wirklich so aus, als wären wir nun die Mächtigen im Lande und unterdrückten die Armen«, sagte ich.
»Solche Worte gehören auf die Eisgletscher Sicces, mein alter Dom!« Seg sah mich ärgerlich an. »Ich war selbst einmal ein elender Hungerleider, ein Söldner, ein Sklave. Ich kenne mich aus. Wenn in meiner Provinz ein Mann arbeitet, hat er ein angenehmes Leben.«
»Sklaven?«
Seg zog eine Grimasse und
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