Saga von Dray Prescot 19 - Jikaida-Zyklus 01 - Ein Leben für Kregen
getötet. Dieser Herrscher war Dayras Großvater. Ich fragte mich, ob sie wußte, daß Zankov ihren Großvater auf dem Gewissen hatte.
Es ist leicht, sich auf eine Haltung festzulegen, doch sie dann zu ändern, erweist sich oft als verdammt schwierig.
Während wir unsere Zorcas bestiegen, um zur neuen Schule hinauszureiten, redete Barty unentwegt von den bevorstehenden Kämpfen. Dem Ziel, ganz Vallia zu befreien, waren wir schon ein gutes Stück nähergerückt und freuten uns darauf, Seite an Seite für die Beendigung der Aufgabe zu kämpfen. Barty lernte täglich dazu, er festigte sich innerlich, wetzte seinen Verstand. An seinem Mut hatte niemals Zweifel bestanden. Sie merken sicherlich, daß ich Barty Vessler, dem Strom von Calimbrev, mit zunehmender Sympathie begegnete. Über meine Tochter Dayra wußte ich praktisch nichts. Und doch war es meine vage und unausgesprochene Hoffnung, daß Barty sich mit Dayra zusammentun würde, die gleichzeitig als Ros die Klaue bekannt war.
Ros die Klaue. Die Sonnen ließen ihr grelles Licht herabströmen, der Tag lächelte vielversprechend, und ich dachte an die gefährliche Stahlkrallenhülle, die sie an der linken Hand trug. Mit den scharfen gekrümmten Haken vermochte sie einen Gegner im Handstreich kampfunfähig zu machen. Ein wahres Tigermädchen war Ros die Klaue, ein weiblicher Leem, gekleidet in ein hautenges schwarzes Ledergewand, von Kopf bis Fuß Anmut und Geschmeidigkeit und katzenhafte weibliche Schönheit. Und Barty hatte keine Ahnung, daß sich hinter Ros der Klaue Dayra verbarg.
Auch ich ging wegen meiner Gefühle nicht mit klaren Gedanken an dieses Problem heran. Ich war nicht auf Kregen gewesen, als Dayra und ihr Zwillingsbruder Jaidur geboren wurden. Delia hatte diese schwere Last – zwei schwere Lasten – allein bewältigen müssen. Nicht zu vergessen die anderen Kinder. Die Everoinye hatten mich damals verbannt, und ich hatte mir inzwischen fest vorgenommen, sie niemals wieder offen zu erzürnen. Meine Gedanken an Dayra stimmten mich nervös, rissen sie doch alte Wunden auf, die ich längst verschorft gewähnt hatte.
Wo immer sich Dayra in Vallia aufhalten mochte, was immer sie im Schilde führte – es erschien mir angemessen, in Freundschaft und Liebe mit ihr zu sprechen. Sie haßte mich. Dafür hatte ich Beweise. Zugleich glaubte ich beweisen zu können, daß sie mich nicht haßte, denn sie hatte sich zurückgezogen und mich seit dem Augenblick nicht mehr attackiert, da sie begriff, daß ich in Ros der Klaue endlich meine Tochter Dayra erkannt hatte.
Dieser Umstand schenkte mir neue Hoffnung.
Gefühle durchliefen mich wie ein tosender Gebirgsbach. Dringend brauchten wir Nachrichten von Dayra.
So ritt ich durch den Sonnenschein, um mir eine Erziehungsstätte anzusehen, und erkannte mit einem gewissen Erschaudern, daß mir für diese Aufgabe nun wirklich beinahe alle Qualifikationen fehlten.
5
Verschwörungen und Gegenverschwörungen, Masken und Verkleidungen. Der Schatten in der Nacht, das kurze Aufzucken von Stahl. Nun, all dies gehört zu Kregen, ebenso wie Pomp und Pracht, wie die Armeen, die Buntheit des Adels und das Leuchten des Heldenmutes.
Noch lag mir das Problem um Renko den Murais auf der Seele.
Hinter mir ritten Männer meiner Elitetruppe, Kämpfer, die inzwischen schon als Veteranen galten, obwohl sie vor kurzem noch einfache Kaufleute oder Bauern gewesen waren. Mir fiel auf, daß sie ihre Reihen durch weitere alte Kameraden verstärkt hatten. Sie bildeten eine kampfstarke kleine Schwadron hinter mir. Und in ihrer Begleitung ritt eine angsteinflößende Reiterformation von gut fünfzig Pachaks. Mir war dieser Ausritt zwar recht, doch wunderte ich mich darüber. Ich wandte mich deswegen an Nath, als wir durch die ziemlich heruntergekommene Straße der Hoffnung ritten und dann den praktisch unzerstörten Kyro der Taniths erreichten. Dieser Kyro war Vondiums besonderer Stolz, denn er zeigte sich architektonisch von besonderer Anmut, bunt strahlend, bestens dazu geeignet, sich nach den Anstrengungen des Tages ein wenig auszuruhen. Die luxuriösen und angenehm duftenden Bäume und Büsche, die in wunderschöner Fülle und Pracht die Spazierwege und kühlen Kolonnaden säumten, hießen Besucher willkommen und boten Entspannung. Hier konnte man tief durchatmen und sich erholen, mit dem Gefühl, nach Hause gekommen zu sein. Ich lächelte, als ich Nath nach den Männern fragte, und er antwortete mit der beiläufigen Bemerkung, ein
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