Saga von Dray Prescot 19 - Jikaida-Zyklus 01 - Ein Leben für Kregen
tatsächlich handelte es sich um kräftige, haarige Apims mit offen und ehrlich aussehenden Gesichtern, die aber jetzt bedrückt und erschrocken schauten.
»Majister«, sagte einer der Männer, Tom die Steine. »Tabshur der Talens hat falsch gegen uns ausgesagt ...«
Nath, Barty und ich hörten zu und versuchten die Aussagen zu bewerten. Schulden bei Tabshur dem Talens, ein Erbe, ein Streit unter Geschwistern, eine Anklage auf Vergewaltigung, um Tom die Steine zu beseitigen. Ganz automatisch würde die Erbschaft Tabshur zufallen, durch den Bruder. Tabshur der Talens war Geldverleiher. Nun ja, auf dieser Welt mußte man sehen, wo man blieb. Der bedauerliche Freund von Tom die Steine, Nath die Ohren – sie waren wirklich auffällig! –, war mit in die Verschwörung geraten, weil er mit dem Opfer befreundet war und ein gutes Leumundszeugnis hätte ausstellen können. Nun hörten wir uns das alles an und schickten einen Pachak-Wachtrupp los, um diesen Tabshur die Talens und den Bruder zu finden und zur Aussage zu veranlassen.
»Wartet dort hinten, Tom die Steine und Nath die Ohren. Beruhigt euch, Gerechtigkeit wird euch widerfahren.« Wie leicht sich diese Worte doch sprechen lassen! Und wie schwer ist es, bei Vox, sie in die Realität umzusetzen!
Nun war Renko der Murais an der Reihe.
Kummer und Schmerz bedrückten ihn dermaßen, daß er das Gesicht unten behielt und den Blick nicht vom Fußboden nehmen wollte, und obwohl er von den Wächtern an seinen Platz geknufft wurde, schaute er kein einziges Mal auf. Er trug einen grauen Lendenschurz und war angekettet, und obwohl die Gesetze dafür gesorgt hatten, daß er sauber und entlaust vor uns trat, wirkte er heruntergekommen, besiegt.
Weil er ein alter Klingengefährte war, durfte ich mich in meinem Urteil nicht von Gunst leiten lassen.
Der Relt-Schreiber, als dessen Mörder Renko überführt worden war, hatte sich im Keller einer zerstörten Großküche am Kanal der Küchenschaben angefunden. Die Relts sind mit ihren vogelähnlichen Gesichtern die sanfteren Vettern der kriegerischen Rapas und arbeiten oft als Büroschreiber und Buchhalter. Der ermordete Relt schien in Vondium fremd zu sein. Seine Tasche fehlte; ihre Ledergute waren glatt durchgeschnitten worden. Jemand hatte ihn durchsucht, denn die Tunika war zerfetzt worden, bis Säume und Fütterung offenlagen.
»Hat man die Tasche in Renkos Besitz gefunden?«
Nath fragte freundlich und zuvorkommend.
»Aus den Unterlagen geht hervor«, antwortete Enevon Ob-Auge, »daß die Tasche nicht wiedergefunden wurde.«
»Und niemand ist auf den Gedanken gekommen, danach zu suchen oder zu fragen?«
»In den Akten steht, daß Renko der Murais dabei erwischt wurde, wie er über der Leiche kauerte; dies habt ihr schon gehört. In seiner Hand ruhte ein Messer, und an der Klinge klebte Blut. Der Relt war sechsmal in den verlängerten Rücken gestochen worden. Mir will scheinen, daß dies Beweis genug ist.«
»Mir auch, bei Opaz!« rief Barty.
»War an den abgeschnittenen Riemen ebenfalls Blut?« fragte ich.
Renko der Murais zuckte zusammen.
Energisch hob er den zottigen Kopf. Er schaute mich an. Ein Ausdruck – ein Sonnenaufgang, das Aufblühen einer Blume – zuckte über sein Gesicht. Er riß die Augen auf. Urplötzlich begannen seine Lippen zu zittern, ehe sie sich wieder festigte.
»Strom Drak!«
»Aye, Renko, Strom Drak. In eine hübsche Klemme hast du dich hier gebracht!«
»Ich habe den Relt nicht umgebracht, Strom! Ich schwöre es beim Allherrlichen Opaz! Ich fand die Leiche und wurde angegriffen und kämpfte um mein Leben, bis man mir auf den Kopf schlug und mich als tot liegen ließ. Als ich wieder erwachte ...«
»Wurdest du sofort festgenommen.« Ich schaute Nath und Barty und die anderen am Tisch an. »Das vallianische Gesetz – das neue vallianische Gesetz, das der neue Herrscher durchsetzen wird – verlangt einen absoluten Schuldbeweis. Niemand hat gesehen, wie dieser Mann den Relt umbrachte. Ehe ihr ihn schuldig sprecht, müßt ihr ihm die Tat einwandfrei nachweisen.«
»Aber er stand doch mit einem blutigen Messer in der Hand neben dem Toten!« stotterte Barty mit verwirrtem Gesicht, das nur allzu deutlich zeigte, wie schwer er mit seinen vorgefaßten Meinungen zu kämpfen hatte.
»Der Chavnik stößt den Sahnetopf um, und die Sklavin kommt herein, um aufzuwischen, und die Herrin sieht sie und läßt sie auspeitschen, weil sie Sahne gestohlen und verschüttet hat.«
»Ja, Majister, aber
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