Saga von Dray Prescot 19 - Jikaida-Zyklus 01 - Ein Leben für Kregen
gut. Ich hatte ihnen umrissen, was wir brauchten, und sie hatten sich große Mühe gegeben. Vallia – der Teil, der noch Vondium die Treue hielt – war zuletzt nur noch von oben herab regiert worden. Nach Abstimmung mit Lord Farris und anderen Pallans und hochstehenden Beamten verkündete ich, daß das Presidio neu gebildet werden sollte.
Farris war entzückt.
»Das nimmt mir eine große Last von den Schultern.«
»Mag sein, Farris. Trotzdem bleibst du herrschaftlicher Crebent-Justitiar. Wenn ich fort bin, liegt die ganze Verantwortung bei dir.«
»Erwartest du ...?«
Farris durfte von meinen wahren Befürchtungen nichts erfahren. »Ich bin unruhig«, sagte ich daher. »Hier in Vondium läuft alles bestens. Trotzdem tappen wir im dunkeln. Vielleicht mache ich eine Reise in die Grenzgebiete.« Diese Bemerkung brachte uns allen zu Bewußtsein, was am meisten schmerzte. Diese Grenzen waren auf allen Seiten sehr eng gezogen, weit innerhalb des Territoriums, das einst ein vereintes Land gewesen war. Und ich konnte Farris nicht sagen, daß ich das deutliche Gefühl hatte, eine Art Jucken in den Knochen, daß wir bald von Barty hören sollten.
Zwei frische Bogenschützenregimenter waren aufgestellt worden. Die dazugehörigen Jiktars bedrängten mich, den Männern die Standarten zu präsentieren und eine Inspektion vorzunehmen. Ich saß an meinem Tisch – an dem schlimmen Tisch, dessen Papierlast niemals kleiner wurde – und hob erfreut den Kopf, als Seg lächelnd eintrat.
»Du siehst ... du siehst besser aus, Seg.«
»Aye, ich habe auch gearbeitet. Und ich weiß, man wird Thelda finden.«
»Gut.« Ich nickte lebhaft. »Die Bogenschützen heute früh, Seg. Ich muß sie inspizieren. Könntest du mich begleiten?«
»Gern. Aber natürlich werde ich nichts sagen.«
»Nichts zu den Männern oder ihren Jiktars. Du wirst aber mit mir sprechen, und ich werde mich nach deinen Worten richten.«
»Nun, dann laß mich nach Loh fliegen und Bogenschützen aus Loh anwerben.«
»Nein!«
Mein Tonfall überraschte ihn.
»Aber, Dray – warum denn nicht? Stets hat Vallia seine Söldner mit Gold bezahlt, und die Bogenschützen aus Loh sind die besten Schützen auf der Welt. Warum nicht?«
»Vallia muß sich aus eigener Kraft befreien.«
»Wenn das Gold in der Schatztruhe nicht ausreicht, warum ...«
»Aye!« sagte ich nachdrücklich, und meine Verbitterung schockierte Seg. »Aye! Wenn die Söldner nicht ehrlich bezahlt werden können, holen sie sich plündernd ihren Lohn.«
»Bei deinen Feinden! So ist es stets gewesen.«
»Du hast die Phalanx gesehen, als wir uns wiederfanden? Jeder Brumbyte, jeder Hakkodin ist ein freier Vallianer. Diese Männer nehmen als Sold ihre Silber-Stivers und wissen, wenn sie sich an vallianischem Eigentum vergreifen, werden sie dafür einen Lufttanz aufführen.«
Er schüttelte den Kopf. »Es geht doch aber um Feindbesitz ...«
»Hör mal, Seg. Ganz Vallia ist wie ein riesiges Jikaida-Brett. Die Drins stehen bereit, die Quadrate sind bunt gestrichen, die Männer in Aktion. Wir kämpfen und mühen uns um den Besitz von Drins, wir versuchen eine vorteilhafte Position zu erringen. In der realen Welt aber sterben Männer und werden nicht fortgenommen und in den Jikaida-Kasten gelegt. Wir sind nicht Teilnehmer eines Spiels. Und denk darin, das große Jikaidabrett ist Vallia, ganz Vallia, das den Vallianern gehört. Vernichtet man eine Stadt voller Feinde, zerstört man damit eine vallianische Stadt.«
Wir hatten am Abend zuvor Jikaida gespielt, und ich hatte Seg vernichtend geschlagen. Dieses Spiel ist bei den meisten Kregern das beliebteste Brettspiel; bei vielen ist es zur Krankheit geworden und beansprucht das gesamte Denken und die ganze Zeit eines Mannes, Zug und Gegenzug beschäftigen ihn, sobald er die Augen aufschlägt. Nach allgemeiner Auffassung ist es dem Jikalla-Spiel weit überlegen. Und das Bild, das es in mir heraufbeschwor (Männer, die von Feld zu Feld marschierten und wieder zurück, die Spieler, die sich auf jeden Zug konzentrieren und die Handlungsweise des Gegners vorauszuahnen versuchten), dieses Bild entsprach unserer derzeitigen Lage in Vallia. Wir spielten ein reales Jikaida um Leben und Tod auf dem gewaltigen Spielfeld Vallia, und unsere Gegner würden gnadenlos zuschlagen, wenn wir einen falschen Zug machten. Und wie Sie hören werden, sollte ich bald in eine noch ganz andere und viel persönlichere Jikaida-Partie auf Leben und Tod verwickelt werden. Aber das lag noch
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