Saga von Dray Prescot 19 - Jikaida-Zyklus 01 - Ein Leben für Kregen
Vater.
Ich zog das Langschwert. Mit beiden Händen faßte ich die Krozairklinge.
»Aus mit dir!« schrie Dayra. »Man wird dich nicht töten, doch wirst du wünschen, man hätte es getan!«
»Ich hasse dich nicht«, sagte ich sinnloserweise und verteilte meine Fäuste am breiten Griff des Langschwerts.
»Wirf deine Klinge fort, du Cramph! Ach, wäre ich doch frei, um dich mit meinen Krallen zu bearbeiten!« Endlich vermochte sie auch die linke Hand aus dem engen Teppich zu lösen, und durch den wallenden Nebel fielen die Strahlen der Sonnen auf die grausam-gekrümmten Krallenspitzen und ließen sie auf das unheimlichste funkeln.
Die Speerträger eilten auf mich zu. Ich drehte mich halb um und sah die Männer vom Tor mit gezogenen Waffen näher kommen.
Und sagte sehr leise: »Ich glaube nicht, daß deine Wächter mich gefangennehmen werden, Dayra. Es war allerdings brav versucht!«
17
Brüllend liefen die Speerträger in ihr Verderben.
Nur kurze Zeit leistete ich ihnen mit singendem Krozairschwert Widerstand, dann waren Targon und Naghan und Dorgo und Korero bei uns, begleitet von den anderen aus meiner Elitetruppe in ihren gestohlenen ockerbraunen und weißen Uniformen, und Klingen stießen klirrend zusammen. Die Speerträger wurden niedergemäht oder ergriffen die Flucht. Es war ein kurzer blutiger Kampf.
»Gut gemacht!« brüllte ich. »Jetzt zurück durch das Tor und in die Sümpfe, ehe die Gegenseite sich sammelt!«
»Dir geht es gut?« wollte Korero wissen.
»Aye! Und nun – los!«
Wir ergriffen die Flucht.
Brun hob den Teppich an, und ich stopfte Dayra wieder in die enge Hülle. Sie schrie auf und versuchte mich mit ihrer Kralle zu verletzen. Ich wickelte ihr die Seide um die Handgelenke und knüpfte einen sehr engen Knoten. »Tochter«, sagte ich, »halt den Mund, sonst ziehst du dir den Zorn deines Vaters zu.«
»Was hätte ich denn sonst je gehabt?«
Darauf wußte ich keine Antwort. Von plötzlicher Scham ergriffen, lief ich mit meinen Gefährten durch das Tor, vorbei an den dort liegenden toten Wächtern und über die Sumpfstraße und durch das andere Tor, dessen Wächter keine Kleidung mehr trugen, und dann in den weiten Sumpf, der Trakons Niksuth genannt wird.
Erst als wir tief in dem schleimigen stinkenden Labyrinth steckten, verlangsamten wir den Schritt und versuchten zu Atem zu kommen. Ich ließ mir schildern, was geschehen war. Inky der Chops war beim Angriff der Risslacas verschwunden. Meine Männer waren weitergezogen und hatten sich einen eigenen Weg durch das Labyrinth gesucht. Halb geblendet, halb krank von den unangenehmen Gerüchen, hatten sie schließlich dieses Tor erreicht und sich durchgekämpft, weil sie Lol und mich unbedingt retten oder sonst die Anlage in Schutt und Asche legen wollten. »Es tut mir leid«, sagte ich, »daß wir dazu keine Zeit hatten. So ein Brand wäre sehr ... nützlich gewesen.«
»Nützlich«, knurrte Targon. »Aye, Majister, und mehr als fällig.«
Die Reittiere waren fort, und wir mußten zu Fuß gehen. Mir kam der Gedanke, daß der Grund, der meine Gefährten veranlaßt hatte, ein Doppeltor zu wählen – damit sie sich Uniformen verschaffen konnten, ohne in der Stadt Verdacht zu erwecken –, sehr gut zu Vaxniks Motiven paßte, der uns hierher geführt hatte, damit wir doppelte Gefahr liefen, entdeckt zu werden. Auf der Suche nach mir hätte meine Horde schlimm gewütet; nur der Zufall hatte uns sogleich zusammengeführt. Nun schrieb uns der Zufall vor, zu Fuß zu gehen.
Wir erreichten eine etwas weniger versumpfte Zone und öffneten den von Brun mitgeführten Ledersack. Sein Inhalt lieferte jedem von uns eine kleine Mahlzeit, und als diese verzehrt war, wurde Ros die Klaue vorgeführt. Ich sagte ihr, sie müsse zu Fuß gehen, da sie doch schlank und beweglich sei, und daß Hyr Brun von nun an Vaxnik tragen würde. Da der Junge ihr am Herzen lag, war sie einverstanden.
Da niemand einen sicheren Ausweg aus dem Sumpf kannte, marschierten wir möglichst geradeaus. Dabei schalteten wir unterwegs etliche Risslacas aus, und Brun schlug einem häßlichen Monstrum mit einem einzigen Schlag seines Riesenschwerts den Kopf ein. Immer wieder lauschten wir nach hinten, doch machten sich keine Verfolger bemerkbar. Unsere Flucht war gelungen. Endlich ließen wir die miasmischen Labyrinthe von Trakons Niksuth hinter uns zurück und atmeten Luft, die wie vorzüglicher Jholaix duftete.
»Trotzdem«, sagte Targon und rückte seinen Gürtel zurecht,
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