Saga von Dray Prescot 19 - Jikaida-Zyklus 01 - Ein Leben für Kregen
Wahrheit wider, bei Vox!
Ein Dienender – Brun war offenkundig kein Sklave –, der einen teuren Teppich trug, ein hochstehender junger Mann, der seiner wichtigen Aufgabe nachkam, und ein mürrischer Söldner, der die beiden bewachte – diese Gruppe fiel im belebten Ganggewirr nicht auf. Wir sahen Wächtergruppen auf der Suche nach den unbekannten Eindringlingen. Feierlich marschierten wir weiter und erreichten ungehindert die unteren Regionen der Säulen, wo sich die ersten Nebelschwaden weißlich und übelriechend aus dem Niksuth erhoben.
Außer dem Teppich, in dem Ros die Klaue ruhte, trug Brun einen Ledersack, in den er hastig Lebensmittel und einige Flaschen Wein gestopft hatte, obenauf zur Sicherheit ein zusammengeknülltes Stück Stoff. Er sah aus, als hätte er eine ganze Wagenladung Nahrungsmittel schleppen können, ohne daß man ihm die Anstrengung angemerkt hätte. Im Weiterschreiten passierten wir weitere Söldner, die nach den Fremden suchten. An den Toren würden wir vermutlich ernsthafte Schwierigkeiten bekommen. Vaxnik ging zielstrebig voraus.
Es erschien auch wirklich zu unwahrscheinlich, daß sich Vorpostenwächter einen teuren Teppich ins Blockhaus legen wollen. Für die nächste Etappe mußten wir also umorganisieren. Im Schatten eines halb zerfallenen Gebäudes, dessen Vorderseite an den freien Platz vor dem von Vaxnik ausgesuchten Tor grenzte, schaute ich mir das Hin und Her an: Bogenschützen und Churgurwächter marschierten hin und her, Gruppen betraten oder verließen die Anlage, Deldars brüllten herum, und eine Abteilung Totrixreiter galoppierte vorbei und wirbelte Staub und alte Blätter auf. Hmm ...
Vaxnik, dieser raffinierte kleine Teufel, hatte uns an ein Tor geführt, das doppelt und dreifach bewacht wurde; dafür zollte ich ihm innerlich Lob.
Es wäre sinnlos gewesen, darauf zu warten, daß der kleine Platz frei von Wächtern und Passanten war. Die Zeit drängte. Als Jhansis Leutnant würde sich Norgoth ungeduldig zeigen, weil man die Eindringlinge noch nicht gefunden hatte, und ich ahnte, daß einige von denen, die eins auf den Schädel bekommen hatten, inzwischen wieder erwacht waren und die Verfolgung zusätzlich anheizten. Und wieder einmal gab es keine andere Möglichkeit. Ich rückte das Langschwert griffbereit zurecht. Die Schatten gingen grell ins Helle über. Die Sonnen leuchteten am Himmel. Im nächsten Moment wallten ölige Nebelschwaden empor und verfinsterten die Szene ins Matte hinein, und ein kühler Lufthauch breitete sich aus.
»Marschiere los, Hyr Brun! Und du auch, Junge. Ich habe mir für die Wächter eine Geschichte zurechtgelegt.«
Eine lange Reihe Diffs in grauen Sklaventuniken schlurfte herbei. Auf den Schultern trugen sie unförmige Töpfe, zweifellos mit Wasser für die Bäder in den hohen Palästen; offenbar hatte man nicht genug Milch dafür. Ich verzog das Gesicht, und wir setzten uns in Bewegung.
Zwei Wächtergruppen kamen näher. Die Abteilung rechts von uns bestand vorwiegend aus Rapas, dazwischen einige Apims und Brokelsh. Sie hatten die Speere vorschriftsmäßig aufgerichtet: Söldner, erfahrene Kämpfer. Die durch das Tor näher kommende Gruppe trug das Ocker und das Weiß und war mit einem Waffengemisch ausgerüstet, das ebenfalls Söldner erkennen ließ, allerdings von der weniger geordneten Sorte. Ich runzelte die Stirn.
Einige Schritte hinter Brun gehend, machte ich mich auf den Kampf gefaßt. Die Wächter mit den Speeren achteten nicht auf uns. Sie standen unter dem Kommando ihres Deldars und würden tun, was er sagte. Wir boten ein Bild, das ihm nicht bedrohlich erscheinen konnte.
Aus den Augenwinkeln nahm ich eine Bewegung wahr und schaute wieder nach vorn. Das offene Ende des Teppichs bewegte sich wie ein Elefantenrüssel. Wie sie das geschafft hatte, weiß ich nicht, jedenfalls erschien Dayras Kopf, und ein Arm riß sich gewaltsam aus den Seidenfesseln. Das Gesicht war gerötet, und die Augen versprühten wütende Blicke. Sie sah die Wächter und begann zu schreien. An ihrer Lautstärke war nichts auszusetzen.
»Wächter! Wächter! Hier ist der Mann, den ihr sucht! Wächter, ho!«
Strahlend schaute sie mich an: triumphierend, rachedürstend, leidenschaftlich.
Vaxnik schrie auf. Brun ließ den Teppich fallen.
Die Wächter marschierten weiter. Erst als der Deldar etwas brüllte, wandten sie sich in unsere Richtung. Wir saßen in der Falle.
»Jetzt ist es aus mit dir, du ränkeschmiedender Rast!« verwünschte die Tochter ihren
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