Saga von Dray Prescot 23 - Spikatur-Zyklus 01 - Die Bestien von Antares
Vorbeimarsch. Bei Vox! Was für einen armseligen Phalanx-Rest haben wir doch hierbehalten! Trotzdem werden die Männer schwungvoll ausschreiten!«
»Das werden sie, Nath, das werden sie.«
Wir verließen das Schmalboot und traten in den hellen Sonnenschein und das Willkommensgebrüll der Menge hinaus. Vor uns erhob sich gewaltig der Tempel des Segensreichen Opaz. Ich hatte den Eindruck, als schwebe die funkelnde, eindrucksvolle Vision aus Kuppeln und Türmen zwischen den Wolken. Ich hob den Blick. Die Manifestation Opaz' in der Verkleidung des Richters hing traditionell mit der Mittagsstunde zusammen, dem Scheidepunkt zwischen Nacht und Nacht. Hier hatten die Priester eine leckere Mahlzeit bereitet, mit der wir uns für den nächsten Abschnitt des großen Tages stärken sollten. Wir waren schon ziemlich hungrig.
Die Marmorstufen schimmerten weiß und wie von Goldfäden durchwirkt. Rote Tücher waren auf der Treppe drapiert worden und sahen wie Blut aus. Soldatenketten hielten die herandrängenden Menschenmassen in Schach. Das farbenfrohe Bild, die Erregung, die zu Kopf steigende Atmosphäre dieses Festtages machte jedem bewußt, wie schön es war, an einem solchen Tag am Leben zu sein.
Einen Moment innehaltend, um mit einem der Swods zu sprechen, die die Marmortreppe bewachten, fielen mir sein hartes gebräuntes Gesicht und der offene Blick seiner braunen vallianischen Augen auf. Er war Speerträger aus dem Fünfzehnten Regiment, eine schlanke ledergekleidete Gestalt, rot verziert, den Schild mit den stolzen Zeichen genau richtig neigend, den Speer mit der leuchtenden Spitze senkrecht haltend.
»Lahal, Kalei.« Mir fiel auf, daß der Mann keine Rangabzeichen trug. »Du warst doch Deldar, als wir zusammen kämpften.«
»Aye, Majister. Aber ich bekam Streit mit einem armen Burschen aus der Phalanx. Daraufhin nahm man mir einen Deldar-Rangstreifen für jeden Zahn, den er einbüßte.«
Ich überlegte. »Dann ... dann hat er ja sieben Zähne verloren.«
Kaleis abgehärtetes Gesicht verriet Freude.
»In drei Monaten der Jungfrau mit dem Vielfältigen Lächeln habe ich wieder den Ob-Deldar erreicht«, sagte er.
»Wenn du beim Shebov-Deldar angekommen bist, gib mir Bescheid. Ich mache dich dann sofort zum Zan-Deldar * .«
Die Freude war ihm anzumerken. Mein Verhalten war nicht übertrieben leutselig. Ich versuchte mich bei den einfachen Soldaten nicht anzubiedern. Ein Kampeon ist Veteran, ein Soldat, der große Anerkennung erfahren hat, ein Mann, der in der Armee berühmt ist. Kalei war ein Kampeon. Solche Männer sind für jede Armee wertvoll, wertvoll wie Gold, denn ihren Erfahrungen, ihrer Umsicht im Kampf entspringt das Training der Nachrückenden. Kalei war zu wertvoll, um sein Leben als Swod-Schwertträger in einer Einheit zu verbringen.
Doch gleichzeitig mußte er derselben eisernen Disziplin unterliegen – von den Swods Mazingle genannt, wie auch die Männer, die er unter sich hatte. So kam auf keinen Fall in Frage, daß ich ihn sofort wieder zum Deldar beförderte. Dies hätte die Moral der Truppe untergraben können.
Kalei war dies bekannt.
Er salutierte, indem er laut den Speer gegen den Schild hieb, und ich nickte und ging die Marmortreppe hinauf.
»Remberee, Kalei!«
»Remberee, Majister!« Und überraschend fügte er mit seiner lauten Deldarstimme hinzu: »Möge Vox vom Klugen Schwert dich immer und ewig begleiten, Majister!«
Der Soldat unten an der breiten Marmortreppe trat zur Seite. Im Gleichschritt machte man mir Platz. Waffen und Brustpanzer schimmerten. Eine von acht Womoxes getragene Sänfte wurde von einem schmalen Boot gehoben, das neben unserem Fahrzeug angelegt hatte. Es war ein herrlich verzierter Stuhl. Rote Samtvorhänge und Goldstoff verbargen den Insassen. Kostbare Quasten und Schnüre funkelten, Federn bewegten sich im Wind. Die hinten gehenden Womoxes, massige stierköpfige Männer von der Insel Womox vor der Westküste Vallias, hoben die schweren geschnitzten Tragbalken über die Köpfe, damit die Sänfte in der Waagrechten blieb.
Ich wandte mich um und schaute von oben auf das Schauspiel. Die Sänfte war viel kostbarer als die sonst gebräuchlichen Gherimcals, die meistens eher funktional angelegt waren. Diese Sänfte verriet Ruhm und Pracht.
Neben der Gherimcal schritten Rosala und Floria einher. Und da wußte ich Bescheid.
Ich schritt die Treppe hinab und ließ die Würdenträger und wartenden Priester über mir stehen. Ich beeilte mich nicht. Ich weiß nicht mehr,
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