Saga von Dray Prescot 28 - Pandahem-Zyklus 02 - Delia von Vallia
alle ergriffen waren.
So ging es weiter, eine hoffnungslose, elende Leidensgemeinschaft, die den Schrecknissen einer unbekannten Zukunft entgegenging.
Delia beäugte den nächsten Fristlewächter, der mit schlaff herabhängenden Schnurrbarthaaren ausschritt, das Katzengesicht mürrisch verzogen, das messingbesetzte Lederwams braun von Staub. Im Gürtel trug der Mann eine Axt, über der Schulter einen Speer. Ab und zu hob er den Kopf, bis die Lederklappen seiner Mütze hin und her schaukelten, und suchte den Himmel ab. Einmal angenommen, sie wäre so ein Wächter und triebe Sklaven über Land! Und eine der Sklavinnen in grauer Tunika käme zu ihr und sagte etwa: »Ich bin die Herrscherin von Vallia. Laß mich sofort frei, sonst verlierst du deinen Kopf!«
Was dächte sie? Was täte sie?
Ein kurzer Breitseithieb mit dem Speer, ein Schimpfwort? Vielleicht auch ein kleiner Stich mit dem schwarzen Ende, um den Cramphs die Flausen auszutreiben? Es wäre jedenfalls sehr überraschend, wenn der Wächter sofort den Titel Majestrix stammelte und sich verbeugte, um ihr dann hastig die Ketten abzunehmen.
Hier gab es für sie keine Hoffnung.
Jedenfalls noch nicht. Am besten wartete sie, bis sie am Ziel war und jemanden ansprechen konnte, der das Kommando führte. Wahrscheinlich die Person, die da so großartig in der goldenen Kutsche vorausfuhr; diese Person mochte ihr glauben und sie in der ersten Reaktion impulsiv beseitigen; Delia erschauderte.
Die Aragorn und die Sklavenherren, die aus Vallia vertrieben worden waren, hegten wegen des Verlusts ihrer Existenz einen Groll gegen den Herrscher und die Herrscherin. Nicht alle Vallianer begrüßten die Erlasse von oben.
Die Sklaven hatten das Dorf kaum verlassen, als ihnen die Kraft auszugehen schien. Einige sanken zu Boden und konnten nicht weiter. Klirrend wurden Ketten durch den Staub geschleift.
Delia wurde von der neben ihr gehenden Frau zu Boden gezerrt.
Instinktiv griff sie der Frau unter den Arm und versuchte ihr aufzuhelfen. Die Frau ließ haltlos den Kopf herumrollen. Andere Leute sanken um. Die Wächter setzten Peitschen ein, was schrilles Geschrei auslöste. Trotzdem kam der Trupp zum Stillstand.
Von vorn galoppierte eine Totrix herbei; sie trug eine Reiterin in silberner Rüstung, die eine Peitsche schwang und sich bei ihren Flüchen keine Zurückhaltung auferlegte. Sie hieb auf Sklaven und Wächter gleichermaßen ein und ford erte lautstark, den Marsch fort zusetzen.
»Grak!« rief sie schrill. »Grak, ihr nutzlosen Tapos! Grak, sonst lasse ich euch allen die Kehle durchschneiden!«
Eine zweite Totrix galoppierte von vorn herbei.
Vage fragte sich Delia, wie viele Berittene so großartig die Vorhut bildeten.
Der Reiter, ein Mann, zügelte sein Tier neben der Tobenden.
»Nun laß mal gut sein, Chica. Du siehst doch, daß sie Wasser brauchen - das habe ich vorhin im Dorf schon gesagt.«
»Seit wann hört denn jemand auf dich, Nath der Muncible? Die Peitsche wird sie in Gang bringen.«
»Nein, in den Tod treiben. Und wer soll dich dann bezahlen?«
»Ach, deine kleinkarierte Art ist mir zuwider!«
Trotz dieser Auseinandersetzung hielt nun auch die Kutsche weiter vorn an, und es dauerte nicht lange, bis einige gezähmte Sklaven Behältnisse mit Wasser brachten. Delia trank. Sie war ganz und gar nicht überrascht, daß sie die gebotene Gabe nahm und trank, so wie es auch die anderen taten; sie machte große gierige Schlucke, sich nach mehr drängend. Nach etwa einer Bur knallten erneut die Peitschen und ließen die Gruppe langsam weitermarschieren.
Die Sklaverei war in Vallia verboten, Sklavenhändlern und Aragorn drohte die Verbannung, wenn sie keinen ehrlichen Beruf ergriffen. Diesen Alptraum durfte es also eigentlich gar nicht geben - gab es nicht. Aber er war Wirklichkeit!
Delia war weitaus kräftiger als die meisten ihrer Leidensgenossen. Sie konnte marschieren. Wichtig war für sie, daß sie das Gefühl ihrer Identität wahrte und die richtige Zeit abpaßte. Diese Situation war für die Herrscherin paradoxerweise weitaus gefährlicher als für einen normalen Bürger. In den Kreisen ihrer Feinde würde man sich ihren Tod bestimmt etwas kosten lassen. Indem sie weitermachte, ohne die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, konnte sie überleben, bis sie jemanden traf, mit dem sie sprechen konnte; es mußte jemand sein, den sie kannte, von dem sie wußte, daß er ihr freundschaftlich verbunden war.
Viel größere Ängste bereiteten ihr die schrecklichen
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