Saga von Dray Prescot 28 - Pandahem-Zyklus 02 - Delia von Vallia
straffte Sissy die runden Schultern. »Und wo der arme Kov im Lud-Turm dem Tode nahe ist, wer kann da sagen, was aus uns werden soll?«
»Kov?« krächzte Delia.
Sissy beugte sich über ihr Gepäck und verstreute ihre Sachen. »Der arme Kov Vomanus. Er scheint im Sterben zu liegen, die Nadelstecherin kann nichts für ihn tun. Es ist sehr traurig.«
Delia stand auf. Sie schluckte trocken und spürte, wie ein Teil des sauren Geschmacks verschwand, den sie im Mund hatte. Vomanus mochte ein tollkühner Bursche sein, aber immerhin war er ihr Halbbruder.
»Im Lud-Turm?«
»Hat der liebe Nath gesagt, Alyss! Du kannst jetzt nicht gehen; draußen steht eine Jikai-Vuvushi, die mir schon beim Eintreten Schwierigkeiten gemacht hat. Alyss!«
Delia öffente die Tür.
Das Kampfmädchen war stämmig gebaut und hatte schwere Brüste und stämmige Schenkel und ein gerötetes Gesicht. Delia legte ihr oberhalb des goldbesetzten Brustpanzers einen Arm um den Hals und drückte zu. Sie tötete das Mädchen nicht, vielmehr zerrte sie die Bewußtlose in die Kammer und zog ihr die Rüstung aus, ohne sich um Sissys Protestgeschrei zu kümmern. Sie legte die Sachen an. Sie paßten nur hier und dort, denn es gab auf Kregen nur wenige, sehr wenige Frauen, die eine so vollkommene Figur hatten wie Delia aus Delphond. Sie selbst hätte das nie so formuliert, deshalb soll es einmal gesagt sein. Schließlich schnallte Delia auch die Waffen um.
Sissy, die eine Hand vor den Mund gehoben hatte und grün angelaufen war wie Genodras, beobachtete Delias Treiben. Ihre Augen waren vor Entsetzen geweitet.
Delia fesselte das Kampfmädchen mit eigenen Händen.
»Also, Sissy, du weißt natürlich von nichts. Du sagst niemandem etwas, nicht Nath, niemandem. Wenn du es tust, komme ich zurück und schlage dir den Kopf ab.«
Sissy begann zu weinen.
Delia widerstand dem Impuls, dem Mädchen einen Arm um die Schulter zu legen und sie als kleines Dummchen zu bezeichnen. Statt dessen zog sie ein strenges Gesicht, sagte: »Denk daran, es geht um deinen Kopf, Sissy!« Und marschierte hinaus.
Der Helm war raffiniert geformt, gestattete freie Kopfbewegungen und schützte gleichzeitig die Wangen. So lag Delias Gesicht teilweise im Schatten. Sie schob den Helm nach vorn und marschierte energisch los, wie sie es bei mancher kampferfahrenen Jikai-Vuvushi gesehen hatte. Verächtlich und voller Abscheu starrte sie Limi an, die mit einer leinenbedeckten Schale durch den Gang schlich. Mit eingezogenem Kopf huschte Limi vorbei. Delia marschierte weiter.
Bekümmert lief Sissy ein Stück hinter ihr her, ehe sie dann in die andere Richtung forteilte. Wenn das Mädchen bei klarem Verstand war, hatte sie vorher das Kampfmädchen unter das Bett geschoben. Wenn sie andererseits mit der Nachricht herausplatzte - nun ja, dann würde Delia eben ernsthaft kämpfen müssen. Irgendwie hatte sie genug, sie war bereit zu kämpfen. Irgend etwas trieb sie an. Doch nicht etwa der Umstand, daß sie sich nun nicht mehr um sich selbst Sorgen machte, sondern an einen anderen zu denken hatte? Damit hätte sie ja indirket eingeräumt, sonst einer dummen, perversen Eigenliebe zu erliegen.
Um diese Nachtzeit, da manche Fackeln brannten und manche nicht, fiel es ihr nicht sonderlich schwer, zum Lud-Turm vorzudringen. Kein Wunder, daß sie nicht wußte, was sich im vierten Turm verbarg. Der Boden klang hohl unter den eisenbesetzten Sandalen des Kampfmädchens. Ihre Ausrüstung klapperte. So etwas war in jedem von Delia befehligten Regiment verpönt. An der Außentür stand eine Wächterin. Die Fackel brannte und warf lange Schatten auf Delias Gesicht.
»Was willst du, Dom?« fragte die Wächterin unfreundlich.
»Also, Dom - nichts, was dich angeht.« Der Hieb kam schnell, überraschend und hart. Das Mädchen sackte zusammen. Delia schleppte sie in die Dunkelheit neben der Tür und hastete dann die Treppe hinauf. Es roch naß und staubig und ungelüftet. Nyleen war offenbar noch nicht dazu gekommen, auch diesen Turm umzugestalten.
Die Kovneva war sich ihres Kovs sehr sicher. Es gab am zweiten Treppenabsatz nur zwei weitere Wächterinnen und ein Pärchen Werstings zu überwinden. Die Wächterinnen, die immerhin Menschen waren, ließen sich ohne weiteres bewußtlos schlagen. Die Werstings dagegen waren schon schwieriger zu überwinden.
Die schwarzweiß gestreiften Jagdhunde entblößten gelbe Reißzähne und fauchten Delia an. Weit hingen die Zungen heraus. Sie zerrten an Ketten, die in
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