Saga von Dray Prescot 30 - Pandahem-Zyklus 04 - Die Klauen von Scorpio
Auf dem wunderschönen, schrecklichen, faszinierenden Kregen brauen sich immer irgendwo Probleme zusammen – wenn sie nicht bereits voll ausgebrochen sind.
»Hast du den Unsinn über das Liebesleben dieser Leute verfolgt?« fragte Pompino und schob sich eine Hühnerkeule in den Mund. Die Sauce, die auf seine Schnurrbarthaare tropfte, wurde allerdings sofort mit einem sauberen gelben Tuch wieder entfernt. Khibils sind überaus reinlich.
»Das meiste schon. So etwas kennt man ja ...«
»Da hast du wahrlich recht. Ich habe mir eher die Frage gestellt, ob wir das alles irgendwie für uns ausnutzen können.«
Schlau und raffiniert sind Khibils außerdem – besonders wenn sie den Zunamen »Iarvin« tragen.
Ich spießte eine Momolam auf. Die Jungfrau von Tuscurs verfügte in der Person Limkis des Lahmen über einen wahrhaft preiswürdigen Koch. Er stand als Symbol für die Art und Weise, wie Linson die wichtigen Dinge des Lebens meisterte.
»Wer uns gegen Lem unterstützt, wird von uns in seinen amourösen Bestrebungen gefördert – meinst du das?«
»Aye. Wahrscheinlich.«
»Zu einfach, mein Freund.«
»Bei dir ist nichts einfach, Jak.«
Ich schob mir die Momolam in den Mund, schloß die Augen und begann zu kauen. Verflixt – Pompino hatte recht!
Er fuchtelte mir mit dem Messer vor dem Gesicht herum.
»Dein junger Freund Pando, Kov von Bormark, ist ein Schlawiner und zugleich ein sehr hochstehender Edelmann. Er will seinen Willen durchsetzen, was dieses Mädchen betrifft, und in die Cottmerschen Höhlen mit seinem Vetter Murgon!«
Ich wollte mich nicht auf einen Disput über Pandos Charakterzüge einlassen und sagte schnell: »Die Everoinye haben uns befohlen, Leem-Tempel zu zerstören. Das tun wir. Wir werden im Kovnat Bormark so viele Tempel anzünden, wie wir finden können. Der junge Pando ist Kov in diesem Land und wird durch die Brände ziemlich viel Besitz verlieren. Wie wird der junge, hitzköpfige Mann wohl reagieren, Pompino?«
Mein Begleiter lachte und warf den abgenagten Hühnerknochen in eine silberne Abfallschale.
»Ganz klar, Jak! Er wird brüllen und herumtoben. Aber die Tempel werden trotzdem brennen!«
»Hmphh!« sagte ich. Dieser dumme Seemannslaut half mir immer, wenn ich nichts Vernünftiges mehr zu sagen wußte.
Pompino war längere Zeit damit beschäftigt, sich einen ihm zusagenden Wein auszusuchen – ausgerechnet einen leichten Tardelvoh –, und sagte schließlich: »Ja, Pando ist entschlossen, Vadni Dafni Harlstam zu heiraten. Damit vergrößert er nicht nur seinen Besitz – denn ihr Vadvarat schließt im Süden an sein Kovnat an –, sondern verärgert zugleich seinen Vetter Murgon auf das schlimmste ...«
»Der Mann könnte daran zugrunde gehen!«
»Findest du? Ich habe ihn eher als finster und gefährlich in Erinnerung.«
»Gewiß, das ist er. Aber mir kam er auch wie ein Mann vor, der an einer Situation eher zerbricht, als sich ihr anzupassen.«
»Bei all den Verzögerungen, die wir hinnehmen mußten, steht zu befürchten, daß Murgon noch vor uns in Bormark eintrifft. Ob er allerdings vor seinem Vetter dort sein wird, vermag ich nicht zu sagen.«
Ich mußte an Pando und seine Mutter denken, und es war mir aufrichtig gleichgültig, ob Murgon sich anpaßte oder zugrundeging, solange er seine finsteren Pläne nicht in die Tat umsetzen konnte. Diese Einstellung sollte sich als ausgesprochen falsch erweisen – wie wir noch erleben werden.
Ich konnte Pompino nicht anvertrauen, daß ich über viele Jahre hin in Pandahem Agenten im Einsatz hatte, die Pando und Tilda im Auge behalten sollten – jedoch bei dieser Aufgabe jämmerlich versagt hatten. Den Grund für dieses Versagen begriff ich damals durchaus – immerhin herrschte Chaos, angefacht durch die Kriege, den Kampf gegen die arme verrückte Herrscherin Thyllis von Hamal und den Teufelszauberer Phu-Si-Yantong, auch Hyr Notor genannt. In jener schrecklichen Zeit war das Leben von Frau oder Mann nicht viel wert. Allmählich kehrten wir in das Licht der Sonnen zurück, eine gewisse Ordnung und Zivilisation gewann die Oberhand, doch lag noch ein weiter Weg vor uns.
Jedenfalls mußte ich mir eingestehen, daß ich nicht alle Tatsachen kannte, daß ein grauer Schleier, eine Zone der Unsicherheit vor mir lag.
Ich betupfte mir die Lippen mit einem gelben Tuch und stand auf.
»Ich gehe auf dem Achterdeck spazieren. Ich möchte mal ein bißchen frischen Wind im Gesicht spüren. Kommst du mit?«
»Später. Wenn wir das
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