Saga von Dray Prescot 32 - Pandahem-Zyklus 06 - Seg, der Bogenschütze
geöffnet.
In diesem Moment öffnete sich knallend die Tür, und eine Frau eilte kreischend herein.
»Die Wächter kommen! Wir müssen fliehen, uns verstecken – schnell doch, schnell!«
Seg fuhr hoch und riß die Augen auf. Die Frau trug ein neues Kleid, das sie bis zu den Knien hochgerafft hatte; der Stoff war schlammbespritzt. Etwas zog ihm die Kehle zu.
»Milsi!«
»Man hält uns für Piraten! Die Wächter kommen!«
Dicht hinter Milsi eilte Umtig das Schloß in den Saal; er hielt seinen Spinlikl im Arm. Damit war erklärt, wie Milsi die Gruppe hatte finden können. Der kleine Och-Dieb war den Spuren der anderen mühelos gefolgt. Malindi und Bamba hasteten weinend herbei, und Diomb lief ihnen entgegen.
»Schnell!« rief Milsi gequält und fuhr herum. Ihre Augen waren unnatürlich weit aufgerissen, als sie nun den Rocksaum losließ und die Hände entsetzt vor den Mund preßte.
Energischen Schrittes drängten Wächter herein. Sie hatten die Speere gesenkt, das braune und weiße Gefieder der Helme fiel nach vorn, während sie sich zum Vorstoß bereit machten. Milsi war verzweifelt, weil ihr Versuch, Seg zu warnen, nichts genützt hatte. Seg hob eine braune Hand an die Stirn.
»Wehr dich nicht, Rast!« Kühn wagte sich der Hikdar vor, der immerhin eine Rüstung trug. Milsi sah, daß er seinen ursprünglichen Audo verstärkt hatte. Etliche Bogenschützen richteten ihre Pfeilspitzen auf Seg und seine Gefährten. »Ihr werdet beschuldigt, Piraten zu sein. Eure Köpfe werden auf den Pfählen an der Stadtmauer landen!«
Seg senkte die Hand und trat vor.
»Da muß sich jemand irren, Hikdar. Wir sind friedliche Männer, die auf einer Flußinsel gestrandet waren. Wir sind keine Piraten ...«
»Shastum! Schweig, du Yetch!«
»Aber wir können alles erklären!«
Die Bogenschützen standen unter dem Kommando eines zweiten Hikdars, einer korpulenten schwitzenden Gestalt, deren braunweiße Federn viel prächtiger wogten als die des ersten Kommandeurs. Dieser Mann trat nun an die Seite des ersten Hikdars und flüsterte ihm etwas ins Ohr.
Seg verharrte angespannt und aufmerksam. Seine Gefährten und er waren eindeutig im Nachteil. Sie hatten keine echten Waffen zur Verfügung. Trotz ihrer prächtigen Aufmachung waren die Soldaten gut gerüstet. Ihm fiel auf, daß die Bogenschützen an den hohen braunen Stiefeln Sporen trugen. Dies verwirrte ihn. Wie ließen sich Kavalleristen am Fluß sinnvoll einsetzen? Rafikhan hatte davon gesprochen, weiter im Norden stünden den Reitern Swarths zur Verfügung. Dabei handelte es sich um die sogenannten zweibeinigen Swarths von Pandahem. Der echte Swarth hatte vier Beine und war ein kräftiges buckeliges reptilisches Satteltier mit einem schweren keilförmigen Kopf. Die pandahemische Abart mit den zwei Beinen verfügte natürlich über vier Arme, die allerdings bei weitem nicht so kräftig entwickelt waren wie das untere Paar Gliedmaßen, was den Swarths eine entfernte Ähnlichkeit mit Sleeths gab.
Solche dummen, sinnlosen Gedanken zuckten Seg durch den Kopf, während er die Szene ringsum beobachtete.
Der rundliche Hikdar lachte. Dieses Lachen gefiel Seg ganz und gar nicht.
»Na, Northag? Was meinst du?«
»Ich ... du bist sicher, daß nichts bekannt werden würde, Pafnut?«
»Natürlich nicht. Ein bißchen Spaß. Hinterher ... nun ja, wer will schon Fragen stellen? Trylon Muryan?«
»Der Trylon? Dem wäre das egal – nein, du hast recht.« Hikdar Northag fuhr sich auf unangenehme Weise mit der Zunge über die Lippen und sagte: »Meine Swods. Ich weiß nicht recht, ob man ihnen ...«
»Meine Jungs erledigen das, keine Sorge. Schick deine in den Basar hinaus.« In den speckigen Gesichtsfalten Hikdar Pafnuts schimmerte Schweiß.
Seg hielt den Atem an. Er verachtete sogenannte Soldaten, die die Schwachen der Welt schurigelten. Boshafte Feiglinge wie diese beiden schädigten den Ruf der Soldaten. Soldaten, wie Seg sie mochte und verstand, waren daran interessiert, andere vor Menschen zu schützen, die töten, versklaven oder rauben wollten. Es lag auf der Hand, daß dieser unangenehme Haufen sich mit den Opfern hier im Saal ein Späßchen machen wollte. Leeming, so nannte man dies – ein rauhes, schlimmes Herumgeprügel, das unangenehm enden konnte.
Khardun wußte Bescheid. »Dieser unsägliche Northag ist meiner Meinung nach ein Feigling«, sagte er, »und läßt sich von diesem elenden Pafnut beeinflussen.« Er äußerte sich so leise, daß die Soldaten ihn nicht hören
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