Sagan
womöglich in Gefahr bringen. Er musste so schnell wie möglich gehen …
Doch wenn die Probleme ihm bis hierher gefolgt waren? Er wäre weg, und sie würde sich allein gegen übernatürliche Wesen verteidigen müssen, die sie nicht verstand und gegen die sie sich niemals schützen könnte. Offensichtlich hatte sie die beiden aus Versehen dem Licht ausgesetzt, und sie hatte Glück gehabt und sich selbst vor wer weiß was bewahrt, doch welche, die nach ihnen kamen, waren vielleicht nicht so fahrlässig.
Aber warum?,
wollte er von seinem lückenhaften Gedächtnis wissen. Wer würde es wagen, einen Bußpriester zu entführen? Wenn sie vorgehabt hätten, ihn zu töten, hätten sie es längst getan. Warum sollten sie ihn verschleppen? Zu welchem Zweck?
Valera stöhnte leise auf, und Sagan bemerkte, dass seine ernsten Gedanken ihn dazu gebracht hatten, ihre Hand vielleicht ein wenig zu fest zu drücken. Er ließ sie augenblicklich los, und sie rieb rasch die befreite Handfläche an der Jeans über ihrem Oberschenkel.
»Ich lass dich jetzt duschen«, sagte sie und ging rückwärts aus dem Bad. Sie stieß mit der Schulter gegen den Türrahmen und lachte nervös. »Ich mache Frühstück. Magst du Eier?«
»Mach dir keine Umstände«, sagte er.
»Das sind keine Umstände.« Sie lächelte, und in ihr Gesicht trat eine bezaubernde Mischung aus Herzlichkeit und Scheu, als sie schließlich den Blick senkte und sich das Haar mit einer entzückend unbefangenen Geste hinter das Ohr strich. »Ich koche gern.«
Sagan sah ihr nach und kam nicht umhin, ihre eng anliegende, abgewetzte Jeans zu bewundern. Als er sich dabei ertappte, knurrte er frustriert über seine mangelnde Disziplin. Dabei war er bekannt für seine eiserne Disziplin. Er schob es auf das Trauma, das sein Körper durchgemacht hatte, und er begann sich auszuziehen und das Problem mental in Angriff zu nehmen.
3
Valera versuchte, sich ganz auf das Kochen zu konzentrieren. Das war keine leichte Aufgabe, wenn man bedachte, dass sie gerade die Aschehäufchen zweier Toter zusammengefegt hatte. Ihr wurde bewusst, was geschehen war und dass es wirklich ein Unfall gewesen war. Woher hätte sie auch wissen sollen, dass sie zu einer Spezies gehörten, die überempfindlich war gegen Licht? In der Rückschau ergab es jetzt einen Sinn, dass sie alles ausgeschaltet hatten.
Sie musste sich jetzt damit zufriedengeben, dass Sagan wohlauf und frei war. Natürlich konnte Sagan auch irgendein Ungeheuer oder ein Gefangener sein, den sie irgendwohin gebracht hatten …
Nein. Das Verhalten und die Schwingungen, die er aussandte, waren eindeutig. Morrigan und Davide waren die Quelle des Bösen gewesen, und Sagan war völlig anders.
Ganz anders.
Trotz seines Misstrauens und seiner merklichen Zurückhaltung, was das Beantworten ihrer Fragen anging, war er aufrichtig und überraschend ruhig für einen Mann, der ein solches Martyrium durchlitten hatte. Sie fragte sich, in was er da verwickelt gewesen war, dass er so grausam entführt und behandelt worden war? Selbst als ihr Zauberspruch ihn geheilt hatte, hatte sie den schweren und lebensbedrohlichen Schaden gespürt, den das furchtbare Gift angerichtet hatte. Jemand hatte ihn töten wollen und es sich im letzten Moment anders überlegt. Wer würde schon einen Priester töten?
Halt.
Das war wirklich nicht ihr Problem. Ihre Aufgabe war es, sich um ihren Gast zu kümmern, bis sie ihn fortschicken und ihr normales Leben wieder aufnehmen konnte. Der ganze andere Kram interessierte sie überhaupt nicht.
Bis auf die Tatsache, dass er im Bad ihre Hand so fest gehalten hatte. Sie hatte gespürt, wie die Energie in ihren Arm geströmt war und sich dann in ihrem Körper verteilt hatte, bis ihr davon wunderbar warm geworden war. Und wenn sie an die Körperstellen dachte, die noch ein wenig wärmer geworden waren als die anderen, war es kein Wunder, dass sie hin- und hergerissen war. Sie hatte noch nie zuvor etwas Ähnliches empfunden. Sie hatte sich ausgeliefert gefühlt – fast so, als ob sie sich nackt vor ihm ausgezogen hätte.
Der Mann war ein vollkommen Fremder, brachte sie sich selbst in Erinnerung, während sie die Muffins in den Backofen schob und ihre Trittleiter aus dem Versteck zog. Langsam ging sie durch das ganze Haus, schraubte jede einzelne Birne heraus und legte sie jeweils neben die Lampe, zu der sie gehörte. In der Dunkelheit folgte sie der tief verwurzelten Gewohnheit, einen Schalter anzuknipsen.
Sie hatte es wieder getan,
Weitere Kostenlose Bücher