Sagan
Augenblick länger, Malaya. Das ist alles, was ich dir anbieten kann, neben meiner lebenslangen Loyalität.«
»So oder so?«, fragte sie erschrocken. »Ob ich die Entscheidung selbst treffe oder nicht, du verlässt mich auf jeden Fall?«
Sie wusste, sie klang verletzt, doch sie konnte nichts dagegen tun. Nach seiner Gereiztheit in letzter Zeit wusste sie, dass es ihm jetzt ernst war. Er drohte nicht und übte auch keinen Druck aus. Er verkündete in klaren Worten, wann sein Dienst enden würde, wenn auch ziemlich kalt für jemanden, der sich so lange in ihrer unmittelbaren Nähe bewegt hatte.
»Guin, ich verstehe dich nicht! Dein Verhalten ist völlig fehl am Platz! Und – ich glaube dir nicht!«, log sie. »Das tust du nur, um mich zu bestrafen, weil ich mich geweigert habe, dir ein paar Tage freizugeben. Du …« Sie schluckte, als ihr vor aufrichtigem Kummer die Stimme versagte. »Du würdest mich nicht verlassen. Wer sollte mich denn dann beschützen? Du vertraust keinem anderen. Und mit wem soll ich dann streiten, wenn ich nicht nachgeben will? Guin«, sagte sie leise und trat näher zu ihm hin, um ihn am Arm zu berühren, dort, wo er das Rangabzeichen um seinen Bizeps unter dem Hemd trug. »Was ist mit Rika? Wenn sie stirbt, brauche ich dich ganz besonders.«
Malaya gab selten den Tränen nach, doch wenn überhaupt, dann war jetzt so ein Moment und jedes Mal wenn sie sich den bevorstehenden Tod ihrer Wesirin vorstellte, vor allem weil sie wusste, wie schrecklich das Ende sein würde. An Crush erkrankte Opfer erlitten einen qualvollen Tod. Auch wenn sie noch so stark war, Malaya wusste, dass sie diese Tage ohne Guin nicht durchstehen konnte. Wie sollte sie überhaupt einen Tag ohne ihn durchstehen? Er war ihr Fels; selbst wenn ihr Zwillingsbruder wankte, blieb er standhaft und stark und sagte unverblümt, wie er die Dinge sah. Er war nicht diplomatisch und hatte kein besonderes Geschick, seine Worte so zu wählen, dass sie andere nicht verletzten. Sie stritten sich oft, weil er ihr furchtlos die Meinung sagte, ob sie sie nun hören wollte oder nicht. Aber es hatte auch viele Tage und Nächte gegeben, wo sie einander einfach Gesellschaft geleistet und sich stundenlang amüsiert hatten. Was ihm an Beredsamkeit fehlte, machte Guin durch Zuhören wett. Sie konnte ihm alles erzählen, was sie normalerweise auch tat.
Schließlich war er immer in ihrer Nähe und wusste deshalb sowieso über alles Bescheid; von den peinlichen bis zu den schwierigen Dingen. Er verstand alles und behandelte sie immer gleich. Die einzigen Male, da sich sein Verhalten dramatisch verändert hatte, war …
… vorhin im Bad.
Und jetzt, wo er ihr mitteilte, dass er endgültig den Dienst quittieren würde. Und das von einem Mann, der sich durch wildes Schlachtengetümmel gekämpft hatte, um zu ihr zu gelangen, wenn sie aus Versehen getrennt worden waren? Das von einem Mann, der seit Jahrzehnten in keinem anständigen Bett mehr gelegen und stets darauf bestanden hatte, vor ihrer Tür zu schlafen, damit er sie besser beschützen konnte?
»Dafür hast du Tristan«, sagte er, während er ihr den Rücken zuwandte und den Raum durchquerte. »Obwohl ich hoffe, dass ich noch hier bin, wenn Rika … Er seufzte tief. »Ich weiß nicht, wofür ich beten soll.«
»Du betest nie«, erwiderte sie benommen.
»Für sie schon«, sagte er zu ihrer Überraschung.
Malaya starrte auf seinen breiten Rücken, während sie um Fassung rang.
»Versprich mir, Guin, dass du auf jeden Fall hier sein wirst«, bettelte sie. »Sag mir, dass du wenigstens zurückkommst, um …«
»Nein. Wenn ich erst einmal fort bin, werde ich nicht mehr zurückkehren, Laya. Aus keinem Grund.«
»Aber warum?«, brach es auf einmal aus ihr heraus. »Ich verstehe das nicht! Was habe ich dir getan, Guin? Warum bestrafst du mich?«
Jäh drehte er sich um, Wut in den Augen.
»Es geht nicht immer nur um dich, Prinzessin!« Er ballte die Fäuste, während sein muskulöser Körper bebte vor unterdrückter Wut.
»Du bittest mich nicht, um Rikas willen zurückzukommen, die tagelang darum flehen wird, dass jemand sie tötet, um ihren Schmerzen ein Ende zu bereiten, oder? Nein, es geht immer nur um dich. Du willst mich hier, damit ich dich beschütze. Du willst mich hier, damit ich dir Gesellschaft leiste, es geht nur um das, was du willst, und zum Licht mit dem, was andere wollen! Du verwöhntes, egoistisches Miststück!«
Guin hatte sie schon öfter »verwöhnt« genannt, aber noch
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