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 Sagen des klassischen Altertums

Sagen des klassischen Altertums

Titel: Sagen des klassischen Altertums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Köhlmeier
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Macht, verletzt oder gar getötet werden kann ja niemand, weil Götter ja unsterblich sind. – Es ging um die Macht. Kronos hatte lange genug geherrscht. Er war es zufrieden, und schließlich und endlich schlossen er und Zeus einen Kompromiß. Kronos wurde aufs Altenteil gesetzt, auf die Insel der Seligen. Dort leitete er die Geschicke – ein wenig. Es gibt in Amerika eine kleine Stadt, in der nur Leute über sechzig wohnen dürfen. So ähnlich stelle ich mir die Insel der Seligen vor. Dort ist Kronos der Bürgermeister der Ausgedienten. So human verfährt die griechische Mythologie mit dem blutrünstigen alten Titanen Kronos.
    Unter der Führung des Zeus wird die ganze Sache jetzt neu organisiert. Man nennt sich von nun an Götter. Zeus wird als Anführer bestätigt. Er ist der Stärkste. Es gibt zwar die Version, daß die Götter Himmel, Wasser und Erde mit Hilfe eines Glücksspieles unter sich aufgeteilt hätten, aber mir scheint doch die Version naheliegender, daß sich die anderen Götter freiwillig dem Diktat ihres Bruders Zeus beugten.
    Zeus nahm für sich den Himmel und die Erde in Anspruch. Seinen Thron errichtete er auf dem Olymp. Dieser Berg ist meistens in Wolken gehüllt.
    Poseidon hingegen bekam Oberhoheit über die Gewässer, heißt es. Da muß ich auch die Flüsse mit einbeziehen. Die Frage ist, da der Mensch zum größeren Prozentsatz aus Wasser besteht, inwieweit Poseidon nicht auch in uns die Oberherrschaft hat.
    Hades herrschte über die Unterwelt. Er war übrigens, sagt man, der einzige, der seine Untertanen liebte. Er wollte, daß man die Toten in Ruhe ließ.
    So teilte Zeus die Welt auf, und so trifft der Mensch den Götterhimmel an, als er auftaucht.

Götter und Menschen
    Von Hephaistos und Hera – Von Ares und Aphrodite –
Von Athene – Von Hermes und Apoll – Von Zagreus –
Von Prometheus und uns Menschen
     
     
    Hephaistos ist nicht gerade der Hervorragendste der Götter, aber er hat doch eine für uns höchst interessante Geschichte. Seine Geburt ist rätselhaft. Hephaistos hat keinen Vater. Ihn hat die Göttermutter Hera aus sich heraus geboren. Sie war es wohl leid, ständig von ihrem Gatten Zeus betrogen zu werden, und sie wollte ihm beweisen, daß es ohne ihn auch geht. Zeus trieb es mit allen Frauen, von den Menschen angefangen über die Nymphen bis hin zu den Göttinnen. Das war seine Aufgabe, sein Schicksal, seine Bestimmung: zu zeugen, zu befruchten, neues Leben entstehen zu lassen, die buntesten Arten zurechtzumischen.
    Hera wollte Zeus eins auswischen, indem sie ihm bewies, daß sie eigentlich keinen männlichen Gegenpart brauchte; so brachte sie den Hephaistos aus sich heraus zur Welt. Wir haben es hier mit einem Fall von Autogamie zu tun, es ist dies weder der erste noch der letzte …
    Aber offensichtlich war Hera mit dem Produkt ihrer Selbsthervorbringung unzufrieden: Hephaistos war ein überaus häßliches Baby. Sie warf nur einen einzigen Blick auf ihn, dann packte sie ihn am Beinchen und schleuderte ihn vom Olymp hinunter.
    Das winzige Götterwesen flog zwölf Stunden durch die Luft, bis es schließlich vor der Grotte der Nymphe Thetis landete. Hephaistos war halbtot, wäre sicher ganz tot gewesen, hätte er nicht die Unsterblichkeit besessen. Ein Fuß war zerschmettert, von nun an hinkte er.
    Die Nymphe Thetis nahm sich seiner an, sie pflegte den kleinen Gott, zog ihn bei sich auf, brachte ihm allerlei Kunststücke bei und merkte recht bald, daß er ein großes Talent im Handwerklichen besaß.
    Hephaistos liebte das Feuer. Es gelang ihm, das Eisen über dem Feuer weich zu machen und dieses weiche Eisen zu wunderlichen, schönen Dingen zu formen, mit bloßen Händen knetete er das glühende Metall. Ursprünglich wurde Hephaistos nur auf der Insel Lemnos verehrt, weil dort ein Vulkan ist. Die Menschen meinten, er sei das Feuer. – Die Römer nannten Hephaistos übrigens Vulcanus. – Die Menschen meinten, er sei das Feuer, und wenn das Feuer knisterte, meinten sie, er kichert, und wenn der Vulkan grollte, dann meinten sie, er sei zornig.
    Widersprüchlich ist der Charakter des Hephaistos. Einerseits ist er ein Kobold, ein Spaßmacher, einer, über den man lacht, weil er hinkt, weil er ein rußiges Gesicht hat, weil er häßlich ist; auf der anderen Seite ist er unberechenbar bis zur Boshaftigkeit. Diese Widersprüchlichkeit zeigte sich bereits im ersten Kunstwerk, das er fertigstellte. Merkwürdigerweise war es ein Geschenk für seine Mutter Hera, die ihn ja

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