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Sagen und Märchen Altindiens

Titel: Sagen und Märchen Altindiens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alois Essigmann
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noch in Kundina, und Nala lehrte Rituparna die Rosse hundert Meilen im Tag zu treiben, wie er es vor dem Eckernbaume versprochen hatte.
    Dann fuhr er mit einer kleinen Heldenschar nach Nischada, erinnerte Puschkara, daß er Damayanti als letzten Einsatz geheischt hatte, und forderte den Bruder nun zum Kampfe mit Würfeln oder Waffen.
    Puschkara wählte die Würfel und verlor alles an den zauberkundigen Nala.
    Dieser aber schenkte ihm seinen alten Fürstensitz und noch manche kostbare Gabe dazu, denn nicht der Bruder hatte ihm so schweres Leid gebracht, sondern Kali, der Böse.
    Das Volk von Nischada jubelte seinem geliebten Herrscherpaare zu, und dieses lebte in Glück und Liebe noch viele Jahre.
    Durch alle Zeiten aber klingt das Lied vom makellosen König Nala und seinem treuen Weibe Damayanti!

Bharatas Heldenstamm
    Brahma, das unerforschliche Haupt der geheimnisvollen Dreieinigkeit, ›Schöpfung – Erhaltung – Zerstörung‹, sah seine Erde übervölkert.
    Auf sein Geheiß spaltete der Gott des Rechtes den Stamm Bharatas, des ersten Großkönigs von Indien. Treue und Trug, Macht und List, Sieg und Tod mußten sein Astwerk unlöslich verwirren, und lohender Haß, dem Liebe und Eifersucht in die Flammen blies, verzehrte alles bis auf ein winziges Samenkorn, aus dem den gelichteten Völkern ein neuer Herrschcrstamm erwuchs.
Vorgeschichte

Bhischma
    Als der greise König Pratipa, aus dem Geschlechte des Bharata, seinem Sohne Schantuna die Herrschaft übergeben hatte, sprach er zu dem neugeweihten ›Herrn der Erde‹:
    »Mein Sohn, nach dem Willen der Götter sollst du ein Weib am Ufer des Ganga finden. Frage die Herrliche nie nach ihrer Herkunft und billige schweigend, was sie auch täte! Das mußt du der Geheimnisvollen geloben, denn es soll zu deinem Glücke führen!«
    Darauf legte er alle Zeichen seiner königlichen Würde von sich und schritt im Büßerkleid in den Wald: nordwärts gegen den eisstarrenden Himawat, aufwärts, immer aufwärts, bis ihn der leuchtende Himmel aufnahm. Denn so mußte ein Held sterben, den der Tod auf dem Schlachtfeld gemieden hatte.
    König Schantanu aber durchstreifte die Wälder an der Ganga, jagend, harrend, hoffend, das sehnende Glück im ahnungsvollen Herzen.
    Und als er eines Morgens am Ufer stand und freudigen Sinnes die Schönheit des stolzen Stromes pries, da trat ein wunderschönes Weib zu ihm und grüßte mit holdseligem Lächeln: »Heil, König Schantanu, mein Herr und Gemahl!«
    »Du? – Du bist mir bestimmt?« stammelte Schantanu und schloß die Errötende in seine Arme.
    »Stamme von Göttern oder Teufeln, von Riesen oder Menschen! ich will's nicht wissen, bring' Glück oder Elend, Leben oder Tod in mein Haus! ich will's nicht wehren. Doch sei mein Weib!«
    »Ich will es sein und bleiben, solange du dieses Wortes gedenkst!" sprach die Göttliche.
    Und vereint zogen sie nach Hastinapura, wo des Königs Palast stand, und hielten Hochzeit vor dem heiligen Fester, indem sie es, Hand in Hand, mit sieben feierlichen Schritten rechtshin umwandelten.
    Viele Jahre lebten sie im Glück der innigsten Liebe, und der König gedachte schweigend seines Versprechens, wenn er mit geheimem Schauder sah, wie seine Gattin jedes ihrer Kinder gleich nach der Geburt in den Strom warf und dazu raunte:
    »Menschliche Liebe rief dich ins Leben,
Göttliche Liebe schenkt dir den Tod!«
    Sieben schöne Kindlein hatte die Mutter ertränkt, doch als sie das achte in ihre Arme nahm, da ward Schantanu vom Grauen überwältigt, und er vergaß sein Gelöbnis.
    »Halt' ein! Wer bist du, Schreckliche, die ihre Kinder mordet? Laß mir den letzten Sohn!« so schrie er angsterfüllt.
    »Er bleibt dir, Schantanu, doch ich muß dich verlassen!« sprach die Göttliche mit Tränen im Auge. »Höre denn, wie alles gekommen ist:
    Ich bin Ganga, die Stromgöttin, und der Ratschluß der Götter, wie meine Liebe, hat mich zu deiner Gattin gemacht.
    Die acht Erdgötter, die du als Wasu verehrst und deren vornehmster Djau heißt, hatten einst die Einsiedelei des Heiligen Wasischta betreten und seine Wunderkuh, die göttliche Nandini, geraubt. Denn die Milch dieser Edlen verleiht zehntausenjährige Jugend, und Djaus Gattin hatte eine Freundin auf Erden, die sie damit beglücken wollte. Als der Heilige den Raub entdeckte, ließ er seine sündlosen Augen über die ganze Erde schweifen und sah in weiter Ferne die acht Wasugötter mit seiner Nandini.
    Da verhängte der Büßer in furchtbarem Fluch über sie, daß diese

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