Sagen und Märchen Altindiens
Himmels, denn er wollte die Schmach seines Hauses auf Erden rächen.
Ehrerbietig trat er vor Indra und bat den Gastfreundlichen, ihn zu beurlauben.
Der Götterkönig pries die Kunst und Tapferkeit des kriegsgewaltigen Sohnes. Er schenkte ihm ein Panzerhemd, das aus zartester Morgenluft gewoben und doch für die schärfsten Waffen undurchdringlich war. Dann gab er ihm eine unzerreißbare Sehne für seinen starken Bogen Gandiva und wand ihm einen goldenen, edelsteinblitzenden Reif um die Stirne. Den Sängern heißt der tapfere Pandava von da an: Kiritin, der Gekrönte!
Dann hieß Indra seinen Wagen mit zehntausend pfaufarbigen Rossen bespannen. Matali sollte den tapferen Kuntisohn darin zum Kampf gegen die Niwatakawatscha und die Puloma fahren.
Dies waren götterfeindliche Dämonenvölker, die einst, durch jahrtausendelange Askese, von Brahma die Gnade erfleht hatten, daß kein Gott sie besiegen können sollte. Deshalb sandte der Herr der Gewitter den starken und kühnen Erdensohn gegen diese Götterfeinde.
Unter Heil- und Segenswünschen der Himmelsbewohner bestieg Ardschuna den Wagen und sah in der Stärke seines Leibes und im strahlenden Glanz seiner Waffen so aus wie der Götterkönig, für den er in diesem Kampfe stehen sollte.
Jauchzend hob Matali den goldenen Stachelstock, fröhlich stieß Ardschuna in sein Muschelhorn Dewadatta, und schnaubend flogen die Pfaufarbigen die Sternenheerstraße entlang, hinaus ins weite Blau der Luft.
Die Niwatakawalscha lebten in einer Stadt mitten im Meer. In sausendem Sturz ging es abwärts. Hei – wie das klatschte, als die erzenen Radschienen aufs Wasser schlugen. Wie Berge türmten sich rechts und links vom Wagen die Wellen empor, und wie spielende Delphine flogen die flüchtigen Rosse über das Wasser. Dräuend klang Dewadattas erzheller Ton über die Wogen und schreckte die Niwatakawatscha aus der trägen Ruhe ihrer Unbesieglichkeit.
Als sie den Wagen des Götterkönigs erkannten, schlossen sie die Tore ihrer Stadt und besetzten die Mauern mit Bogenschützen, Speer- und Schwertträgern.
Während Matali die Rosse rund um die Stadt jagte, schoß Ardschuna Pfeil um Pfeil vom Wagen, aus den unerschöpflichen Köchern seines Gandiva. Zu Tausenden fielen nun die tapferen Dämonenkrieger aus der Stadt und überschütteten den kühnen Pandava mit wahren Wolken von Pfeilen, Speeren und Wurfscheiben. Doch der undurchdringliche Panzer hielt stand. Wütend lenkte Matali die Götterrosse in die Feindesscharen, und zu Hunderten und Tausenden fielen die Dämonen unter den Hufschlägen der Pfaufarbigen; über Berge von Leichen rollten die erzschienigen Räder des Wolkenspalters.
Doch von den Stadtmauern brausten neue Pfeilwolken heran, und Ardschunas Arm drohte nach stundenlangem Spannen des schweren Streitbogens zu erlahmen. Die Dämonen warfen Zaubergeschosse, die die Schleusen des Himmels zu öffnen schienen, und Ardschuna mußte mit Pfeilen des Feuergottes den Regenguß zum Vertrocknen bringen. Das Auge des Himmels blendeten sie mit ihren Pfeilwolken, so daß Ardschuna seine alte Kunst, im Finstern zu treffen, gebrauchen mußte. Ein mächtiger Zauber ließ die Niwatakawatschen unsichtbar heranstürmen, doch Ardschunas Schwert mähte die Bedränger dahin. Als sie nun aber Felsen und Berge gegen den Unverwundbaren wälzten, da griff der Gewaltige nach Indras Donnerkeil: knatternd zuckten die leuchtenden Blitze vom Himmel und spalteten die Berge, daß die Trümmer mit aller Wucht auf die Stadt der Götterfeinde fielen und alle Dämonen unter sich begruben.
Jauchzend scholl der Siegesruf Dewadattas zum Himmel, und der kühne Dämonenbezwinger fuhr auf Indras Wagen von neuem durchs Blaue, um die luftdurchwandelnde Stadt der Puloma zu bekriegen.
Als Matali sie am Horizont auftauchen sah, schimmernd und weithin gedehnt, lenkte er die Rosse dorthin. Und unter dem kampflustigen Schmettern Dewadattas nahten sie sich den edelsteingekrönten Mauern der goldenen Stadt.
Da flogen die vier Ebenholztore auf, und Wagen auf Wagen, mit Streitern in gänzender Rüstung, rollten heraus.
Hei! war das eine Lust für Matali, die flüchtigen Götterrosse durch die Tausende von Wagen zu tummeln. Längst war Dewadatta verstummt, und Gandivas Sehne schwirrte die Weise zu diesem kriegerischen Reigen. Wieder hieß es Pfeilregen mit Pfeilregen, Zauber mit Zauber vergelten, und auch hier brachte der Donnerkeil Ardschuna den Sieg: In Trümmer schlug er die fliegende Stadt, und hochauf schäumte das Meer,
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