Sagen und Märchen Altindiens
Bedingungen an, und – dank Schakunis Gewandtheit – fielen die Würfel zugunsten der Kaurava.
Unter dem Hohnlachen der Sieger legten die Pandava ihre königlichen Gewänder ab und bekleideten sich mit Fellen. Die greise Mutter Kunti ward der Obhut des guten Vidura empfohlen; Draupadi ging mit ihren Gatten. Als sie die Halle verließen, hob Bhima die Faust und schwur Durjodhana zu töten; Ardschuna sah auf Draupadi und schrie dann Karna seinen tödlichen Haß ins Antlitz; Sahadewa aber schlug an sein Schwert und rief: »Dieses soll einst den Schuldigen treffen! Dich, Schakuni! der im Spiel betrogen hat!«
Und begleitet von vielem Volk, das die Tapferen immer geliebt hatte, zogen die Verbannten nach dem Norden.
Am nächsten Morgen erschien der Götterbote Narada vor Dhritaraschtra und verkündigle ihm den Untergang seines Geschlechtes.
Die zwölf Jahre
Die verbannten Pandava wanderten bis an die Sarasvati und siedelten sich im Kamjakawalde an. Viele Brahmanen waren bei ihrem König geblieben, denn der fromme Sohn des Rechtsgottes hatte mit aller Ehrerbietung den ganzen Priestersland ausgenommen, als er um Reich und Volk würfelte. Nun quälten ihn Sorgen um die Ernährung der großen Schar, deren natürliches Haupt er als Ältester der Pandava war.
Ehrfürchtig neigte er sich in demütigem Opferdienst vor Surya, dem Sonnengott, dessen freundlicher Blick allem Lebenden die Nahrung bereitet. Der Tausendstrahlige erhörte sein Flehen und schenkte ihm einen kupfernen Kochtopf, der sich unter den sorgenden Händen Draupadis zu jeder Mahlzeitstunde mit Früchten, Wurzeln, Fleisch und Gemüse füllen sollte. Mochten auch tausend und abertausend zur Mahlzeit kommen, es brauchte doch keiner hungrig vom Tische zu gehen.
Und die Schar um die Verbannten wuchs von Tag zu Tag:
Die Fürsten der Wrischnier, der Bodscha, der Andhaka kamen, Dhrischtadjumna mit den Pantschalerrecken, Dhrischtaketu, der neue König von Tschedi, die Fürsten von Kaikeya und andere Freunde und Verwandte der Pandava.
Endlich erschien auch Krischna und bat, sein langes Fernbleiben zu entschuldigen:
Schalwa, der Herr der fliegenden Stadt, hatte seine Residenz Dwaraka belagert. In kühnen Ausfällen war der Feind zurückgeschlagen worden, Schalwa mußte fliehen – weiter, immer weiter, verfolgt von Krischnas Streitwagen. Endlich, die Stadt schwebte schon über dem Ozean, hat ein Wurf mit dem göttlichen Diskus sie zertrümmert ins Meer geschleudert und Schalwa getötet.
Nun sei der Freund der Pandava da, um mit ihnen gegen die Kaurava zu ziehen!
"Gut so, Krischna!" jubelte Bhima, "sage es dem Lämmlein Judhischthira, daß wir endlich zu den Waffen greifen wollen. Beim Indra! man würde hier sterben vor Langeweile, gäbe es nicht manchmal einen Menschenfresser zu erwürgen, wie unlängst den Riesen Kirmira, den Bruder der groben Vaka, der mich einst beim Essen störte!«
»Ich habe gelobt, dreizehn Jahre in Verbannung zu leben, ich will es auch redlich halten!« sprach Judhischthira ernst.
»Ach, dreizehn Jahre!« schalt Bhima. »Ein Tag im Elend, gilt für ein Jahr im Glück, sagt ein frommer Spruch! – Wir sind schon hundert Jahre in Verbannung!«
»Recht muß Recht bleiben!« sprach Judhischthira. »Ich habe gespielt und verloren, ich zahle den Einsatz!«
»Ja!« rief Draupadi. »Du hast gespielt, blind wütend gespielt, und alles verloren! alles – sogar den Mut, den du jetzt als Herr der Sippe doppelt brauchtest! – Sind das meine Gatten – die Stärksten der Erde – die Schimpf und Elend auf mir wuchten lassen wollen durch dreizehn lange Jahre?«
»Mich schmerzt dein Gram und Zorn, teure Gattin, doch man nennt mich den Dharmaradscha, den König der Gerechtigkeit: Nie will ich dagegen sündigen! Recht schützt den König, der das Recht schützt! – Soll ich den Brand ins eigene Haus werfen? – Harret geduldig des Endes, Brüder und Freunde, und stählt eure Kraft im Elend! Bhischma, der unbezwingliche Gangasohn, steht vor dem Thron, dem er sein Leben lang Treue gehalten hat. So auch Drona, unser aller Waffenmeister, und Kripa und der starke König von Anga!
Zieh' in die Ferne, Ardschuna, so riet mir ein Weiser, und diene den Göttern. Du wirst von ihnen gewappnet und belehrt werden, denn du sollst unser Hort sein in der blutigen Schlacht, die ein unabwendbares Schicksal der Menschheit verhängt hat!«
Diesen Worten prophetischer Weisheit fügten sich auch die Kampffreudigsten. Die Freunde versprachen, im vierzehnten Jahre
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