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Sagen und Märchen Altindiens

Titel: Sagen und Märchen Altindiens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alois Essigmann
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Götterkönigs Geheiß. Wir wollen die alten Freunde bleiben!«
    Durjodhana aber fühlte sich durch den Edelmut der Pandava tief gedemütigt. Als er nach Hastinapura zurückkehrte und Karna ihn ahnungslos zur Befreiung beglückwünschte, ward der Haßblinde fast wahnsinnig vor Zorn und wollte sich töten: das glaubte er nicht ertragen zu können, daß er den Verhaßten nun Dank schulden sollte.
    Nach und nach gelang es Karna, die Todesgedanken des Ingrimmigen zu zerstreuen. Um dem gebeugten Freund einen Triumph über die Verbannten zu verschaffen, zog der getreue König von Angu mit einem Heer durch die Welt und unterwarf seinem Großkönig viele Völker und Stämme.
    Ein feierliches Opfer sollte die Unterjochung der neuen Reiche krönen. Aus dem gesamten Gold, das Karna erbeutet hatte, ward ein Pflug geschmiedet und dem Gott Wischnu, dem Erhalter, geopfert.
    Wie vielen Fürsten Indiens, ward auch den Pandavas ein Bote gesandt, der die Verbannten einlud, bei Durjodhanas Fest eine Schale Opferfett zu vergießen.
    Doch der unbändige Bhima jagte den Boten aus dem Wald und drohte, am Tage der Schlacht die Schale seines Zornes über die höhnischen Heuchler zu ergießen.

Der Raub der Draupadi
    Kurz vor dem Ende ihres Waldlebens, drohte den Pandava noch ein schwerer Verlust:
    Dschajadratha, König der Sindhu, Sauwira, Trigarta und Schiwi, ein Schwager Durjodhanas, denn dessen Schwester Duchschala war seine Gattin, ging neuerdings auf Brautschau.
    Mit einem glänzenden Gefolge zog er durch den Kamjakawald. Kotika, ein Königssohn, führte die Zügel seiner Rosse, und zwölf Prinzen des Sauwirastammes trugen seine Banner. Sechstausend Krieger folgten ihm auf Elefanten, Wagen und Pferden und in geschlossenen Scharen zu Fuß.
    Als der mächtige König an die Waldwohnung der Pandava kam, stand die liebliche Draupadi an der Türe und harrte der Gatten, die am Morgen zu fröhlicher Jagd ausgezogen waren.
    Dschajadratha ließ halten:
    »Bei der meerentstiegenen Lakschmi! wer ist die Herrliche, deren Schönheit durch den dunklen Wald glänzt, wie der Blitz aus schwarzen Wetterwolken? – Kotika, nahe dich ihr und frage, ob sie eine der Himmlischen ist oder eine Blume der Erde!«
    Kotika sprang vom Wagen, und wie der Hund einer Tigerin nahte er sich der stolzen Schönheit.
    »Wer bist du, einsame Siedlerin,« fragte er beklommen, »die meines Königs Sinn gefangen nahm? Bist eine Göttin du? Eine Fee? oder die Gattin des nachtwandelnden Mondes? – Mich sendet Dschajadratha, mein königlicher Herr, den du dort auf goldschimmerndem Wagen ragen siehst, wie Agni auf dem Scheiterhaufen. Herrscher ist er über die Sindhu, die Sauwira und manche andere Völker. Er zieht daher in großem Gefolge, wie Indra von Winden umschirmt!«
    Da antwortete die stolze Pantschalerin:
    »Draupadi bin ich, des Königs Drupada Tochter. Bei der Wahl, nach Sitte des Kriegerstandes, hab' ich fünf Gatten erkoren: die Söhne des Großkönigs Pandu: Judhischthira, Bhima und Ardschuna, Söhne der Kunti, und die Madrizwillinge Nakula und Sahadewa, Sie jagen durch den Wald, doch naht schon die Stunde ihrer Rückkehr. Seid in ihrem Namen willkommen geheißen! Laßt die Tiere abschirren und das Volk lagern! Judhischthira, mein königlicher Gemahl, wird euch bei seiner Heimkehr gastfreundlich begrüßen.«
    Damit trat sie in das Haus und traf Vorbereitungen für die Bewirtung der Gäste.
    Bebend vor Leidenschaft hörte Dschajadratha den Bericht seines Wagenlenkers.
    »Nein!« rief er dann, »mein Weib muß sie werden! Wie Affen erscheinen mir alle Frauen, seit ich die Schönste gesehen!«
    Selbsiebent trat er in das Haus und begrüßte Draupadi der Sitte gemäß: »Heil dir, Schöngestaltete! Bist du glücklich? Sind es deine Gatten und alle, deren Heil du wünschest?«
    Draupadi antwortete:
    »Heil dir, König! Ist dein Reich mächtig? Dein Schatz gefüllt und dein Heer stark? Herrschest du nach Recht und frommer Pflicht über alles was du besitzest? – Glücklich ist Judhischthira, mein König und Herr! Glücklich auch ich und seine Brüder und alle, nach welchen du fragtest! Nimm hier Fußwasser und Sitz, und harre der Mahlzeit, die ich dem Gaste bereite!«
    Nachdem mit diesen Reden der ersten Pflicht der Gastfreundschaft Genüge geleistet worden war, brach sich Dschajadrathas Leidenschaft wieder Bahn.
    »Laß Herd und Speise!« rief er, »und steige auf meinen Wagen! Wie willst du bei den Sinn- und Glücklosen hausen? Komm mit mir zu königlichen

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