Sag's Nicht Weiter, Liebling
alten Zeitschriftenartikel über Jack Harper aus.
»Lies mal«, sagt er mit dem Mund voll Toast. »Das bietet ganz gute Hintergrundinformationen.«
Ich pfeife auf Hintergrundinformationen!, würde ich gerne entgegnen, aber Connor ist schon zur Tür hinaus.
Die Versuchung, den Artikel hier liegen zu lassen und nicht mal hineinzugucken, ist groß, aber die Fahrt von Connors Wohnung zur Arbeit dauert ziemlich lang und ich habe sonst nichts zu lesen dabei. Also nehme ich den Artikel mit und lese ihn widerwillig in der U-Bahn; tatsächlich ist er ganz interessant. Es geht um die Freundschaft zwischen Jack Harper und Pete Laidler und wie sie sich entschieden haben, ins Geschäft einzusteigen, und dass Jack der kreative Typ war und Pete der extrovertierte Playboy, und dass sie zusammen Multimillionäre geworden sind und sie sich so nahe standen wie Brüder. Und dann kam Pete bei einem Autounfall ums Leben. Jack war so niedergeschmettert, dass er sich von der Welt zurückzog und alles aufgeben wollte.
Jetzt, wo ich all das lese, komme ich mir natürlich etwas blöd vor. Ich hätte Jack Harper erkennen müssen. Ich meine, Pete Laidler hätte ich auf jeden Fall erkannt. Erstens sieht er aus - sah er aus - wie Robert Redford. Und zweitens war er nach seinem Tod dauernd in der Zeitung. Ich erinnere mich jetzt wieder genau daran, obwohl ich damals noch gar nichts mit der Panther Corporation am Hut hatte. Er hat seinen Mercedes zu Schrott gefahren, und es hieß immer, es sei gewesen wie bei Prinzessin Diana.
Ich bin so in den Artikel vertieft, dass ich fast meine Haltestelle verpasse und zur Tür stürzen muss, wo einen dann alle angucken und denken: Blöde Kuh, weiß die nicht, wann ihre Haltestelle kommt? Als die Türen sich hinter mir schließen,
merke ich, dass ich den Artikel in der Bahn vergessen habe. Auch egal. Das Wesentliche weiß ich ja jetzt.
Es ist ein strahlend sonniger Morgen, und ich steuere auf die Saftbar zu, die ich meistens vor der Arbeit kurz besuche. Ich habe mir angewöhnt, mir dort jeden Morgen einen kleinen Mango Smoothie zu gönnen, weil das gesund ist.
Und außerdem weil Aidan da arbeitet, dieser süße Neuseeländer. (Tatsächlich war ich ganz kurz ein bisschen in ihn verknallt, bevor die Sache mit Connor ernst wurde.) Wenn er nicht in der Saftbar arbeitet, studiert er Sportwissenschaft, und er erklärt mir immer alles Mögliche über lebenswichtige Mineralien und den Tagesbedarf an Kohlenhydraten.
»Hi«, begrüßt er mich. »Wie läuft’s beim Kickboxen?«
»Oh«, sage ich leicht errötend. »Prima, danke.«
»Hast du die neue Technik ausprobiert, von der ich dir erzählt habe?«
»Ja! Damit geht es wirklich besser.«
»Habe ich mir doch gedacht«, sagt er zufrieden und geht mir meinen Mango Smoothie machen.
Na gut. Die Wahrheit ist, ich kickboxe überhaupt nicht. Ich habe es einmal ausprobiert, im Fitnessstudio um die Ecke, und war, ehrlich gesagt, entsetzt. Ich hatte ja keine Ahnung, dass das so brutal ist! Aber Aidan war so begeistert davon und hat mir vorgeschwärmt, wie es mein Leben verändern würde, da habe ich es nicht übers Herz gebracht, ihm zu sagen, dass ich nach einer Stunde schon aufgegeben hatte. Das kam mir so schwach vor. Also habe ich ein bisschen … geflunkert. Und es ist ja auch wirklich unwichtig. Er wird es nie erfahren. Ich sehe ihn ja nur in der Saftbar.
»Hier kommt dein Mango Smoothie«, sagt Aidan.
»Und einen Schokoladenbrownie bitte«, sage ich. »Für … meine Kollegin.« Aidan lässt einen Brownie in eine Tüte plumpsen.
»Deine Kollegin sollte mal darüber nachdenken, wie viel raffinierten Zucker sie konsumiert«, sagt er mit besorgtem Stirnrunzeln. »Das sind ja jetzt schon - vier Brownies diese Woche?«
»Ich weiß«, sage ich ernst. »Ich spreche sie mal drauf an. Danke, Aidan.«
»Gern geschehen«, sagt Aidan. »Und vergiss nicht: eins-zwei-drehen!«
»Eins-zwei-drehen«, wiederhole ich strahlend. »Das vergesse ich bestimmt nicht!«
Ich bin kaum in der Firma angekommen, da kommt Paul auch schon aus seinem Büro, schnalzt mit dem Finger nach mir und sagt: »Beurteilungsgespräch.«
Mein Magen macht einen mächtigen Ruck, und ich ersticke fast am letzten Bissen des Schokoladenbrownies. O Gott. Das war’s dann wohl. Ich bin überhaupt nicht vorbereitet.
Bin ich wohl. Komm schon. Selbstbewusstsein ausstrahlen. Ich bin eine Frau, die ein Ziel hat.
Plötzlich fallen mir Kerry und ihr Ich-bin-eine-erfolgreiche-Frau-Gang ein. Ich weiß,
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