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Sag's Nicht Weiter, Liebling

Sag's Nicht Weiter, Liebling

Titel: Sag's Nicht Weiter, Liebling Kostenlos Bücher Online Lesen
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Abend ignoriert!«
    »Das ist nicht fair.«
    »Doch! Sie waren komplett auf Autopilot. Seit Ihr Handy anfing zu klingeln …«
    »Also gut.« Jack reibt sich das Gesicht. »Im Moment passieren einige Dinge in meinem Leben, die sehr wichtig sind …«
    »Meinetwegen. Dann lassen Sie sie ohne mich passieren.«
    Mir schießen die Tränen in die Augen, als ich aufstehe und nach meiner Tasche greife. Ich hatte mir so sehr einen perfekten Abend gewünscht. Ich hatte so große Hoffnungen. Ich kann gar nicht glauben, dass es so schief gegangen ist.
    »Genau! Gib’s ihm!«, kommt lautstark die Unterstützung von der Dame in Gold quer durch den Raum. »Wissen Sie, diese Frau hat einen wunderbaren Ehemann zu Hause!«, ruft sie Jack zu. »Sie hat Sie nicht nötig!«
    »Danke für das Essen«, sage ich und starre auf die Tischdecke, als einer der Kellner plötzlich mit meinem Mantel neben mir auftaucht.

    »Emma«, sagt Jack und steht ungläubig auf. »Sie wollen doch jetzt nicht gehen.«
    »Doch.«
    »Geben Sie mir noch eine Chance. Bitte. Bleiben Sie noch, trinken Sie einen Kaffee. Ich verspreche Ihnen, ich spreche …«
    »Ich möchte keinen Kaffee«, sage ich, als der Kellner mir in den Mantel hilft.
    »Dann Pfefferminztee. Pralinen! Ich habe eine Schachtel Godiva-Trüffel für Sie bestellt …« Sein Tonfall hat etwas Flehendes, und einen Moment lang zögere ich. Ich liebe Godiva-Trüffel.
    Aber nein, ich habe mich entschlossen.
    »Mir doch egal.« Ich muss schlucken. »Ich gehe. Vielen Dank«, sage ich zu dem Kellner. »Woher wussten Sie, dass ich meinen Mantel haben wollte?«
    »Es ist unser Beruf, das zu wissen«, sagt er taktvoll.
    »Sehen Sie?«, sage ich zu Jack. » Die kennen mich.«
    Einen Moment lang starren wir uns an.
    »Gut«, sagt Jack schließlich und zuckt resigniert mit den Achseln. »Gut. Daniel bringt Sie nach Hause. Er wartet draußen im Auto.«
    »Ich fahre nicht mit Ihrem Auto nach Hause!«, sage ich entsetzt. »Ich komme schon allein zurecht.«
    »Emma. Seien Sie nicht dumm.«
    »Wiedersehen. Und vielen Dank«, füge ich an den Kellner gerichtet hinzu. »Sie waren alle sehr aufmerksam und freundlich.«
     
    Ich stürme aus dem Restaurant und stelle fest, dass es zu regnen begonnen hat. Und ich habe keinen Schirm.
    Na ja, egal. Ich gehe ja sowieso. Ich marschiere durch die Straßen, rutsche ein bisschen auf dem nassen Gehweg aus, und in meinem Gesicht vermischt sich der Regen mit den Tränen.
Ich habe keine Ahnung, wo ich bin. Ich weiß noch nicht mal, wo die nächste U-Bahn-Station ist, oder wo …
    Moment mal. Da ist eine Bushaltestelle. Ich sehe mir die Nummern an und finde eine Linie, die nach Islington fährt.
    Na, wunderbar. Fahre ich einfach mit dem Bus nach Hause. Und mache mir eine schöne Tasse heiße Schokolade. Und genehmige mir vielleicht ein Eis vor dem Fernseher.
    Die Bushaltestelle ist überdacht, und ich setze mich auf einen der kleinen Sitze, dankbar, dass mein Haar nicht noch nasser wird. Mit leerem Blick starre ich eine Autoreklame an und frage mich, wie dieser Häagen-Dazs-Nachtisch geschmeckt hätte und ob es die knusprige, weiße Meringe war oder diese herrliche karamelartige, als ein großes, silbernes Auto an den Bürgersteig heranschnurrt.
    Ich fasse es nicht.
    »Bitte«, sagt Jack und steigt aus, »lassen Sie sich doch nach Hause bringen.«
    »Nein«, sage ich, ohne den Kopf zu wenden.
    »Sie können doch hier nicht im Regen hocken.«
    »Doch, kann ich. Wissen Sie, manche Leute leben in der Realität.«
    Ich wende mich ab und gebe vor, mich auf ein Poster über AIDS zu konzentrieren. Im nächsten Moment ist Jack in der Bushaltestelle. Er setzt sich auf den Platz neben mir, und eine Weile lang sind wir beide still.
    »Ich weiß, dass ich heute keine angenehme Gesellschaft war«, sagt er schließlich. »Und es tut mir Leid. Es tut mir auch Leid, dass ich Ihnen den Grund dafür nicht sagen kann. Aber mein Leben ist … kompliziert. Und manches ist ziemlich heikel. Verstehen Sie?«
    Nein, möchte ich sagen. Nein, verstehe ich nicht, nachdem ich Ihnen jede kleine Einzelheit aus meinem Leben erzählt habe.

    »Vielleicht«, sage ich mit leichtem Achselzucken.
    Der Regen wird immer heftiger, prasselt auf das Dach der Haltestelle und durchnässt meine - Jemimas - Silbersandalen. Gott, hoffentlich gehen sie nicht kaputt.
    »Es tut mir Leid, dass der Abend so eine Enttäuschung für Sie war«, übertönt Jack den Lärm.
    »War er nicht«, sage ich und fühle mich plötzlich schäbig.

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