Sag's Nicht Weiter, Liebling
seinen Namen missbraucht.
Allerdings wäre das ein bisschen gemein.
Und außerdem ist sie nicht die Einzige. Alle lassen gesprächsweise den Namen Jack Harper fallen, rechts, links und überall. Jetzt, wo er weg ist, tun alle plötzlich so, als seien sie dicke mit Jack befreundet und als sei er von ihren Ideen begeistert.
Außer mir. Ich halte den Kopf gesenkt und erwähne seinen Namen gar nicht erst.
Zum Teil deswegen, weil ich genau weiß, wenn ich es täte, würde ich knallrot werden oder breit und dümmlich grinsen oder so. Zum Teil auch, weil ich das furchtbare Gefühl habe, dass ich gar nicht mehr aufhören könnte, wenn ich erst anfinge, über Jack zu sprechen. Aber hauptsächlich deswegen, weil mir gegenüber nie jemand dieses Thema anschneidet. Was sollte ich auch mit Jack Harper zu tun haben? Ich bin ja schließlich nur die bescheuerte Assistentin.
»Hey«, sagt Nick und sieht vom Telefon auf. »Jack Harper kommt im Fernsehen!«
»Was?«
Ich bin ziemlich überrascht. Jack kommt im Fernsehen?
Warum hat er mir das nicht gesagt?
»Kommt ein Fernsehteam ins Büro oder was?«, sagt Artemis und glättet ihr Haar.
»Keine Ahnung.«
»So, Leute«, sagt Paul, der aus seinem Büro kommt. »Um zwölf Uhr wird bei Business Watch ein Interview mit Jack Harper ausgestrahlt. Wir bauen im großen Konferenzraum einen Fernseher auf; wer möchte, kann dorthin gehen und gucken. Aber einer muss hier bleiben und die Telefone bewachen.« Sein Blick fällt auf mich. »Emma. Sie können doch hier bleiben.«
»Was?«, sage ich verdattert.
»Sie können hier bleiben und auf die Telefone aufpassen«, sagt Paul. »Okay?«
»Nein! Ich meine … ich möchte mitgucken!«, sage ich verstört. »Kann nicht jemand anderes hier bleiben? Artemis, kannst du das nicht machen?«
» Ich bleibe nicht hier!«, sagt Artemis sofort. »Echt, Emma, sei nicht so egoistisch. Das ist doch für dich überhaupt nicht interessant.«
»Doch, ist es!«
»Nein, ist es nicht.« Sie verdreht die Augen.
»Ist es wohl«, sage ich verzweifelt. »Er ist … doch auch mein Chef!«
»Ja, klar«, sagt Artemis ironisch, »da gibt es nur einen kleinen Unterschied. Du hast ja noch nicht einmal richtig mit ihm gesprochen.«
»Habe ich wohl!«, sage ich, bevor ich mich bremsen kann. »Habe ich wohl! Ich …« Ich breche ab, meine Wangen werden rot. »Ich … war mal in einem Meeting, wo er auch …«
»Und hast ihm eine Tasse Tee serviert?« Artemis schaut Nick an und grinst.
Ich starre sie wütend an, mir rauscht das Blut in den Ohren, und ich hätte wenigstens dieses eine Mal gerne eine schlagfertige und bissige Antwort parat, um Artemis zum Schweigen zu bringen.
»Es reicht, Artemis«, sagt Paul. »Emma, Sie bleiben hier und Schluss.«
Um fünf vor zwölf ist das Büro leer. Bis auf mich, eine Fliege und ein surrendes Faxgerät. Untröstlich nehme ich einen Riegel Aero aus der Schublade. Und ein Flake, wenn ich schon mal dabei bin. Ich packe gerade das Aero aus und beiße kräftig hinein, da klingelt das Telefon.
»Okay«, höre ich Lissys Stimme am anderen Ende der Leitung. »Der Videorecorder läuft.«
»Danke, Liss«, sage ich mit dem Mund voll Schokolade. »Du bist der Hit.«
»Unfassbar, dass du nicht mitgucken darfst.«
»Finde ich auch. Es ist total ungerecht.« Ich sinke noch tiefer in mich zusammen und beiße noch mal von dem Aero ab.
»Na, mach dir nichts draus, wir gucken es uns heute Abend noch mal an. Jemima nimmt es in ihrem Zimmer auch auf, dann haben wir es auf jeden Fall.«
»Was macht Jemima denn zu Hause?«, frage ich überrascht.
»Sie hat sich krank gemeldet, um in Ruhe einen Wellnesstag zu Hause einlegen zu können. Ach ja, dein Vater hat übrigens angerufen«, fügt sie vorsichtig hinzu.
»Oh, aha.« Das beunruhigt mich etwas. »Und, was hat er gesagt?«
Ich habe seit dem Debakel auf dem Corporate Family Day nicht mit Mum oder Dad gesprochen. Ich bringe es einfach nicht fertig. Es war alles so schmerzhaft und unangenehm, und vermutlich sind sie sowieso komplett auf Kerrys Seite.
Als Dad am Montag danach hier anrief, sagte ich, ich hätte
irrsinnig viel zu tun und würde zurückrufen - habe ich aber nicht gemacht. Und zu Hause das Gleiche.
Ich weiß, dass ich früher oder später mit ihnen sprechen muss. Aber nicht jetzt. Nicht, solange ich so glücklich bin.
»Er hat den Trailer für das Interview gesehen«, sagt Lissy. »Er hat Jack erkannt und wollte nur fragen, ob du Bescheid weißt. Und er hat gesagt
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