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Sahnehäubchen: Roman

Sahnehäubchen: Roman

Titel: Sahnehäubchen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Hertz
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hat. Na also, geht doch! Ich schiebe ihm lässig einen Notizblock über den Tisch.
    »Schreiben Sie sich diese Punkte besser auf. Die Telefonnummer des Verlags dürften Sie ja kennen, oder? In Ihrem Computer finden Sie dann eine Vorlage für ein Memorandum. Wenn Sie Hilfe brauchen oder etwas nicht verstanden haben, sagen Sie Bescheid. Und ich schlage vor, dass Sie sich sofort an die Arbeit machen.«
    Weidner grinst und schlägt die Hacken zusammen. »Jawoll! So wird’s gemacht!«

    Dass Susanne so dünn ist, ist wirklich kein Wunder: Sie ist die disziplinierteste Esserin, die ich kenne. Während ich mir von der Karte unseres Stammitalieners um die Ecke Tagliatelle mit Käse-Sahne-Sauce ausgesucht habe, bringt ihr der Ober schon unaufgefordert einen großen gemischten Salat ohne Dressing, ohne Käse und sonst irgendetwas, was mehr als fünf Kalorien pro hundert Gramm haben könnte. Jetzt noch ein stilles Mineralwasser – fertig ist der Lunch.
    »Wollte Tim nicht mitkommen?«, will Susanne wissen, während sie mit ihrer Gabel gedankenverloren ein Blatt Rauke aufspießt.
    »Tim?«, frage ich überrascht. »Wer ist denn Tim?«
    »Na, unser neuer Volontär.«
    »Ach, du meinst Tom Weidner.«
    »Tim, Tom, egal.« Susanne schüttelt den Kopf, als würde außer Frage stehen, dass unser neuer Mitarbeiter zur Not auch auf Hasso oder Hey, du reagieren müsste. »Also, wollte er nicht mitkommen?«
    »Ich habe ihn nicht gefragt.« Das fehlte noch, dass ich den jetzt überallhin mitschleppe. Ich bin schließlich nicht seine Kinderfrau. Susanne guckt tadelnd.
    »Was ist los mit dir, Nina? Du bist doch sonst nicht so.«
    »Wie bin ich denn?«
    »Na, ein bisschen gereizt und unfreundlich, findest du nicht?«
    Ich zucke mit den Schultern. »Es ist eben nicht gerade mein Lieblingsprojekt. Du solltest dir mal die Fahnen zu unserem künftigen Bestseller durchlesen. So einen Schrott findet man selten.«
    Susanne lacht. »Ich verstehe – Kunde droht mit Auftrag. Am besten rufe ich Weidner gleich an und erkläre ihm, dass wir seinen Auftrag leider nicht abwickeln können wegen künstlerischer Differenzen mit der Projektleiterin.«
    »Ha, ha. Ungemein witzig. Man wird doch wohl mal schlecht gelaunt sein dürfen.«
    »Sicher«, strahlt Susanne mich an, schickt aber sofort hinterher: »Solange es sich nicht auf deine Arbeit auswirkt.« Typisch Chef. Hauptsache, das Ergebnis stimmt. Der Rest ist egal.
    »Keine Sorge, Dwaine F. Bosworth ist bei mir in den besten Händen«, seufze ich schicksalsergeben. »Und Tom Weidner natürlich auch. Als sorgfältige Ausbildungsleiterin bin ich mit ihm heute Vormittag schon die Grundzüge der Pressearbeit durchgegangen und habe ihn gebeten, darüber ein Memo zu schreiben. Das werde ich nach dem Essen kontrollieren, und dann kann er das Punkt für Punkt abarbeiten. Wie klingt das?«
    »Sehr gut, Nina. Du bist eben einfach die Stütze des Unternehmens. Und du wirst sehen – wenn wir unsere Sache mit diesem Abschlepp-Ratgeber gut machen, dann kriegen wir auch die etwas anspruchsvolleren Neuerscheinungen. Da sind dann bestimmt Bücher dabei, bei denen die PR-Arbeit richtig Spaß macht.«
    Ich denke an die knallbunten Cover, die mir von der Website des Verlags entgegengesprungen sind, als ich mich dort gestern ein bisschen umgesehen habe. Lodernde Begierde hieß einer. Und das anspruchsvollste Buch, das ich finden konnte – zumindest, was den Umschlag anging –, trug den schönen Titel Michelle – Sie war seine Feindin und eroberte sein Herz. Ich schüttle mich innerlich.
    »Und außerdem winkt ein Etat, der mit Sicherheit sechsstellig ist«, fährt Susanne derweil fort. »Die Selfco-Pleite wäre ganz schnell vergessen, und wir könnten unser Jahresergebnis halten.«
    Nina hat natürlich recht, Weidner als fester Kunde wäre super. Eigentlich finde ich die Verlagsbranche auch sehr spannend. Direkt nach dem Studium wollte ich Lektorin werden. Aber eine Stelle in einem Verlag zu ergattern war nahezu illusorisch. Und als ich dann ein Angebot einer großen PR-Agentur bekam, habe ich zugegriffen. Besser als nichts, dachte ich mir. Irgendwie bin ich in der Branche hängengeblieben – schließlich ist die Bezahlung nicht schlecht, und ich scheine ein Händchen für PR zu haben. Es macht mir Spaß, zu überlegen, welche Kampagne am besten zu einem Produkt passt und wie gute Öffentlichkeitsarbeit dafür aussehen könnte.
    Nach drei Jahren bin ich bei Susanne gelandet, eigentlich bisher meine beste Stelle.

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