Sahnehäubchen: Roman
tut mir leid, Frau Seefeld.«
Immerhin, er ist reumütig. Das will ich mal gelten lassen.
»Wobei«, er macht eine kleine Pause und legt den Kopf schief, »mit den netten Glitzerspängchen in Ihrem Haar könnten Sie mich tatsächlich auf eine Party begleiten. Sehr schick. Ich glaube, meine Nichte hat die gleichen.« Er lehnt sich nun wieder deutlich entspannt auf seinem Stuhl zurück und setzt hinterher: »Die ist allerdings sechs.«
Unwillkürlich fasse ich sofort an das, was man mit etwas Wohlwollen als Frisur bezeichnen könnte, und ärgere mich gleichzeitig über die Tatsache, dass mich Weidners Bemerkung ein bisschen aus der Fassung bringt. Okay, so viel zum Thema souveräne Gesprächsführung. Nina, lass dir nicht das Heft aus der Hand nehmen! Ich räuspere mich.
»Sehr interessant, Herr Weidner. Aber lassen Sie uns nicht wertvolle Zeit mit Erzählungen über Ihr Fräulein Nichte oder andere Mitglieder Ihrer geschätzten Familie verlieren, sondern kommen wir auf den Punkt. Ich habe mir Ihren Lebenslauf durchgelesen. Der ist ja etwas … nun ja …« Ich täusche vor, nach den richtigen Worten zu suchen, um so zu unterstreichen, dass es eigentlich keine freundlichen gibt. »Sagen wir mal, von einer gewissen Unstetigkeit geprägt. Warum genau sind Sie sich denn diesmal sicher, dass ein Volontariat in unserer Agentur das Richtige für Sie ist?«
»Ach, wissen Sie, ich beschäftige mich gerne mit Menschen und mit Sprache. Journalismus finde ich auch spannend. Da passt PR meiner Meinung nach ganz gut – ist doch so ähnlich, oder?« Tom Weidner strahlt mich an. Er scheint den Ernst der Lage noch immer nicht erkannt zu haben.
»Wieso oder? «, hake ich nach. »War das eine Frage oder eine Feststellung?«
»Wie meinen Sie das?«
»Ich frage mich gerade, ob Sie eigentlich wissen, was genau Public Relations bedeutet, und ob Sie wirklich in diesem Bereich arbeiten wollen – oder ob Sie lieber Journalist werden würden. Ihrem Lebenslauf kann man das nämlich nicht ohne weiteres entnehmen.«
»Äh, meinen Sie? Finden Sie, der klingt eher nach Journalismus?« Tom Weidner wirkt nicht mehr ganz so selbstsicher, lächelt aber immer noch.
»Nein, offen gestanden finde ich, der klingt nach keinem von beiden.«
So, jetzt ist auch das Lächeln weg. Also, bei ihm. Ich merke, wie sich meine Mundwinkel unweigerlich ein bisschen nach oben heben.
»Also, ich habe immerhin Germanistik und Romanistik studiert, das ging ja schon einmal in die Richtung«, wirft er ein.
»Ja, das haben Sie wirklich«, gebe ich ihm recht. »Drei Jahre lang und ohne Abschluss. Und davor haben Sie sich neun Jahre mit Architektur befasst, auch ohne Abschluss. Auf mich wirkt das ganz so, als wüssten Sie nicht, für welchen Beruf Sie sich qualifizieren wollen. Wobei«, ich bedenke ihn mit einem Blick, der hoffentlich die gleiche Qualität wie ein Dolchstoß hat, »Sie mit dreißig Jahren schon etwas zu alt sind, um das nicht zu wissen – oder sehen Sie das anders?«
Ich blicke direkt in Weidners Gesicht. Eigentlich müsste ich dort ablesen können, ob das gesessen hat. Aber erstaunlicherweise scheint er sich gefangen zu haben. Jedenfalls strahlt er mich schon wieder über beide Ohren an. Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass der Bursche mich nicht ernst nimmt. Er scheint etwas sagen zu wollen, doch zunächst rutscht er in seinem Stuhl etwas nach unten, um dann die Beine eine Spur zu lässig übereinanderzuschlagen.
»Wenn das Ihre Meinung ist, wundert es mich, dass Sie mich überhaupt zum Gespräch eingeladen haben«, stellt er nun seinerseits provozierend fest.
Am liebsten würde ich darauf ein Hab ich auch nicht antworten, aber ich kann Susanne schlecht in den Rücken fallen. Also beschränke ich mich auf ein diplomatisches: »Warum versuchen Sie nicht, dieses Gespräch zu nutzen, um mich zu überzeugen? Denn deswegen, Herr Weidner, sind Sie doch sicher heute hier?« Das sollte gesessen haben!
»So, und Sie meinen, Sie würden sich auch überzeugen lassen?«, fragt er nach und klingt dabei nicht im mindesten kleinlaut oder unsicher. »Ich glaube nämlich, ich bin genau der Richtige für Sie.«
Wie kann man nur so selbstbewusst sein? Oder besser gesagt: so eingebildet?
»Ein bisschen Schwung und neue Ideen kann doch eigentlich jeder Laden brauchen«, fährt er fort.
Hört, hört. Schwung und neue Ideen. Frechheit!
»Kennen Sie denn einige unserer Aktionen oder Kampagnen«, frage ich nach, »oder wie kommen Sie zu dieser
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