Sahnehäubchen: Roman
Dwaine ist offensichtlich sensibler als gedacht.
»Haben wir uns denn gestritten?«, frage ich mit honigwarmer Stimme, als könne ich kein Wässerchen trüben.
»Also komm – seit zwei Tagen ignorierst du mich.«
Das lasse ich so erst einmal im Raum stehen. Es stimmt ja auch.
Dwaine windet sich ein wenig, dann platzt es aus ihm heraus: »Okay, ich habe gesagt, dass du eigentlich scharf auf mich bist. Tut mir leid! Es war nicht so gemeint. Ich wollte dich provozieren, und es kommt nicht wieder vor. In Zukunft nur Business, von mir aus. Aber lass uns wieder normal miteinander umgehen. Friede?«
Dieser Mann schafft es doch immer wieder, mich zu überraschen. Ich hätte nie gedacht, dass er sich so offen und aufrichtig bei mir entschuldigen würde. Ich unterdrücke ein Lächeln. »Von mir aus. Friede.«
Er steht auf und reicht mir die Hand; ich schüttle sie und mustere ihn dabei aufmerksam. »Aber sag mal, du hast nicht wirklich die ganze Nacht nicht geschlafen, weil du dir wegen mir Gedanken gemacht hast. Das glaube ich nicht. Also, was ist los?«, bohre ich nach.
»Ja, es gibt noch ein anderes Problem. Ich …« Er zögert einen Moment, dann seufzt er und fragt: »Was ziehe ich bloß für die Talkshow an? Ich will gut aussehen, sexy, verstehst du? Das Publikum soll mich lieben. Meinst du, mein weißer Smoking passt? Weil, wenn nicht, muss ich noch shoppen gehen. Und ich brauche eine Frau mit gutem Geschmack. So eine wie dich.«
Ha! Ich wusste es: Es gab noch einen anderen Grund. Dwaine schmeißt mich also in aller Herrgottsfrühe aus dem Bett, weil er einkaufen möchte? Andererseits: Irgendwie ist es schon süß, dass er nervös ist und offen zugibt, meine Hilfe zu brauchen.
»Gut«, seufze ich, »ich hole später meine Schwester vom Bahnhof in Leipzig ab. Komm mit, dann können wir dort nach Klamotten für dich gucken. In Leipzig finden wir bestimmt etwas Passendes.«
»Deine Schwester kommt? Wie reizend!«
Oh-oh … »Dwaine?«
»Ja?«
»Lass die Finger von ihr, klar? Du erinnerst dich: in Zukunft nur Business. Das betrifft auch alle meine Familienmitglieder, inklusive meiner Mutter, Großmutter und Urgroßmutter.«
Dwaine schlägt gespielt die Hacken zusammen. »Aye, aye, Sir.«
»Also langsam nervt dieser Typ.« Tom hat seinen Laptop wieder mit zum Frühstück gebracht und zeigt uns die neuen Beiträge auf Dwaines Fanseite. Die gute Nachricht: Mittlerweile hat Dwaine schon fast dreitausend Fans. Immer noch nicht Til Schweiger oder Madonna, aber immerhin.
Die weniger gute: Fred Frauenversteher hat sich heute Nacht wieder gemeldet. Mittlerweile macht er das täglich, manchmal sogar mit zwei oder drei Einträgen.
Fred Frauenversteher: Hallo Dwaine, habe über deine plumpen Anmachtricks in Kapitel 10 und 11 nachgedacht. Besonders peinlich ist die Wette um einen Kuss. Verstehe ich dich richtig? Du wettest ernsthaft mit einer Frau um fünf Euro, dass du sie küsst, ohne ihre Lippen zu berühren? Und dann küsst du sie und gibst ihr den Fünfer? Und das macht sie so an, dass sie dich ganz toll findet? Mein Lieber, das klappt doch nicht mal in der Dorfdisco von Hintertupfing! Vergiss nicht: Frauen sind denkende Wesen. Im Gegensatz zu dir. Dein Fred
4 Personen gefällt das .
Simone Neuthaler: Echt, so plump? Ich wohne zufälligerweise in Hintertupfing, und ich kann nur bestätigen: Das funktioniert nicht mal hier. Hat der Typ nichts Besseres drauf?
Dwaine F. Bosworth: He, Fred, aus dir spricht der Neid. Du glaubst nicht, wie viele sehr, sehr (!) heiße Küsse ich schon mit dieser Nummer abgestaubt habe. Und wenn du schon bei Kapitel 11 bist, solltest du bis dahin gelesen haben, dass ein heißer Kuss die Zielgerade ins Bett ist. Aber du bist wahrscheinlich ein elendiger Theoretiker. Oder, noch wahrscheinlicher, du bist eine Frau. Eine frustrierte Frau. Also nichts für ungut.
Klaus Leopold: Dwaine, ich habe es genau so ausprobiert. Es hat funktioniert. Wir haben geknutscht, und sie gab mir ihre Nummer. Werde berichten, wie es weitergeht.
Dwaine F. Bosworth: Way to go, Klaus. Lass dich von Freds Gejammer nicht verunsichern. IT WORKS!
Ich muss lächeln. Genau das Gleiche wie Freund Frauenversteher und diese Simone habe ich mir auch gedacht, als ich es zum ersten Mal gelesen habe. Auf so eine plumpe Masche kann ernsthaft keine Frau reinfallen, die schon einmal einen Abend bei klarem Bewusstsein in einer Bar verbracht hat. Das ist einfach völlig ausgeschlossen. Und der Abend in der
Weitere Kostenlose Bücher