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Saigon - Berlin Thriller

Titel: Saigon - Berlin Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hef Buthe
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Ich wusste es nicht. Der Flieger war abgestürzt und vom Lehrer zertreten worden.
 
    Zeitlos.
    Ich war zeitlos geworden. Nahm mein Umfeld nur noch bruchstückhaft wahr. Es war heiß. Ich fror. Bebte am ganzen Leib. Jemand nahm mich in den Arm. Jemand sagte: »Der verreckt uns.«
    Ein anderer: »Der darf uns nicht verrecken. Ich weiß nicht, ob er etwas unterschrieben hat. Bis er das nicht ausspuckt, muss er am Leben bleiben.« Gemurmel. Rauschen. Baulärm.
    »Wir brauchen einen Arzt. Peter hat hohes Fieber. Der hat nichts unterschrieben. Sonst wäre er nicht in solch einem Zustand.« Jemand lachte.
    »Ich habe auch nichts unterschrieben und bin nicht so zugerichtet worden. Oder habt ihr etwas unterschrieben?«
    »Wie meinst du das? Dich nennt man in Saigon den ›Sampan‹. Niemand traut dir, und trotzdem hast du den größten Erfolg von uns.«
    »Stimmt. Erzähl uns mal, was du alles bei wem unterschrieben hast. Du bist einer von denen, die uns eingefangen haben. Du bist der Verräter, den Brian gesucht hat. Wenn Peter noch seine Hose hätte, dann würde ich dich mit der verbliebenen Schlinge hier auf der Stelle erwürgen.«
    Jemand lachte trocken. Das musste La Troux sein.
    »Dann hättet ihr sehr schlechte Karten. Also vergesst es. Es ist eine Hütte fertig. Bringt ihn aus der Sonne. Ich suche jemanden, der medizinische Kenntnisse hat. Unter den zweihundert Neuankömmlingen wird sich ja wohl einer damit auskennen.«
    Dann fehlte mir wieder eine unbestimmte Länge Film.
 
    Eine Plane knatterte über mir im Wind. Sie war grün. Bänder, mit denen sie am Gestänge befestigt war, flatterten. Wie die Segel an der Rah eines Segelschiffs. Fliegen krabbelten suchend auf mir herum. Stimmen, nein, eine Stimme, die ich kannte, sprach. Meine Hände tasteten und fühlten einen Schlauch, der irgendwo in mir steckte. Pflaster. Ein Feldbett.
    Zwei große Augen sahen mich an.
    »Das war aber knapp, Knackarsch. Dich kann man auch keinen Monat aus den Augen lassen.«
    Micky lächelte und wischte mir den Schweiß ab.
    »Wo ... wo bin ich hier?« Mein Mund war trocken. Die Schleimhäute entzündet. Die Zunge fühlte sich an, als sei sie zu einem Aal geschwollen.
    »In Vietnam. Da wo du schon immer hinwolltest.« Sie lächelte und maß meinen Blutdruck.
    »Und wo in Vietnam?«
    Micky lächelte. Sie trug die Uniform des Roten Kreuzes. Weißes Leinen auf schwarzer Haut. Es stand ihr besser als der grüne Drillich der Armee.
    »Da, wo alles angefangen hat. Auf der Basis von Oberst Ngnuen. Da, wo ich dir die Splitter aus dem Arsch geholt habe. Aber nun schlaf einfach weiter. Ich hol dir noch einen Ventilator. Gegen die Fliegen. Sonst entzünden sich deine Wunden noch mehr.«
    »Wie ... wie bin ich ... hierhergekommen?«, lallte ich. Mir fehlte das komplette Bewusstsein seit der Kloake. Meine Kollegen hatten noch etwas gesagt. Dann waren bei mir die Lichter ausgegangen.
    Micky verzog ihr Schokoladenpuddinggesicht. Es sah wehmütig aus.
    »Deine Erkennungsmarke hat dich gerettet. Irgendwer hat dich diesseits der Grenze in den Graben gekippt. Eine Militärpatrouille hat dich entdeckt. Eigentlich wollten sie dich als Vietcong erschlagen.« Micky hielt mir meine Hundemarke hin. Sie baumelte kurz über meinem Kopf.
    Minsky hatte sich an die Genfer Konvention gehalten. Ich hatte unterschrieben. Das konnte erneut mein Todesurteil werden.
    Nur, sie hatten alle Zeit der Welt. Wenn es nicht Minsky war, dann würden seine Nachfolger es vollstrecken. Papier ging nicht verloren.
    »Da bleibt sie, bis du wieder auf den Beinen bist.« Micky hängte die Hundemarke ans Bett. Überprüfte wieder meinen Puls. Den Blutdruck. Wechselte den Tropf und schüttelte den Kopf. »Wie kann man nur so ein Arschloch sein?«
 
    Drei Wochen später.
    Ich saß vor meiner Onkel-Tom-Hütte, in der meine Odyssee begonnen hatte. Meine Sachen waren noch da. Jetzt trug ich wieder Zivil und beobachtete das Treiben auf der Basis. Irgendetwas war politisch vorgefallen. Es starteten keine Hubschrauber mehr. Das Anwesen zeigte deutliche Auflösungserscheinungen.
    Mickys Augen sahen mich prüfend an.
    »Wie geht es dir? Hat mich einige Mühe gekostet, dich am Leben zu halten.« Sie prüfte meine Verbände und nickte zufrieden. Wir blickten in die untergehende Sonne. Nur dass Onkel Tom vor der Hütte jetzt Micky Bloomberg hieß.
    »Sag nichts«, bog sie meinen Versuch ab, auf ihre Frage zu antworten.
    »Ich will von diesem Scheißkrieg nichts mehr wissen. Jeden Tag kommen mehr

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