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Saigon - Berlin Thriller

Titel: Saigon - Berlin Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hef Buthe
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die chinesischen Wandermönche vor Hunderten von Jahren Kampftaktiken entwickelt haben, um sich selbst zu verteidigen.«
    Er rauchte. Ich rauchte. Ich dachte nach, was ich Kleiner Drache sagen sollte, wie das mit uns weitergehen konnte. Mit einem Baby, von dem ich nicht einmal wusste, ob es von mir war.
    »Welche Taktiken?«
    Vielleicht war eine für mich dabei.
    Der Polizeichef zog kurz die Mundwinkel hoch und schnippte die Zigarette auf die Straße.
    »Selbstmordkommandos. Eine völlig neue Art der Kriegsführung.«
    Er wischte sich mit dem roten Ziertuch aus der Brusttasche seiner Anzugjacke den Schweiß aus dem Gesicht, vom Nacken und vom Hutband.
    »Was soll das heißen? Die sprengen sich selbst in die Luft?«
    Er nickte nachdenklich. Reichte mir eine Zigarre. Eine Sumatra.
    »Ja. Sie greifen nicht mit Waffen an, wie der Vietcong. Sie binden sich einfach ein paar Kilo Sprengstoff um den Bauch und gehen in Restaurants und Hotels. Und dann ... buff. Alles im Umkreis von zwanzig Metern ist platt.«
    Fahrräder, beladen mit Hühnerkäfigen, rollten schwankend an uns vorbei. Mopeds knatterten in alle Richtungen. Eines hatte zwei gefesselte Schweine auf dem Gepäckträger. Ein anderes zog einen Büffel hinter sich her. Das nächste transportierte Ersatzteile für Autos.
    Ich verstand nicht. War das jetzt ein Dreifrontenkrieg? Kambodscha war neutral. Ihr Staatspräsident, Prinz Sihanouk, taktierte klug zwischen den USA und Nordvietnam.
    »Was haben die Khmer mit diesem Krieg zu tun?«
    Der Polizeichef lächelte und rauchte.
    »Die Khmer haben die älteren Rechte in diesem Teil Asiens. Eigentlich sind sie friedliche Bauern. Haben keine Armee. Aber was würden Sie tun, wenn Ihr Land an der Grenze verfeindeter Staaten liegt, die sich auf Ihrer Saat, Ihrem Leben, Ihrer Familie austoben? Die Amis verwüsten ihre Wälder und Felder mit ihrem Entlaubungsgift. Die Vietcong nützen sie wie Räuber aus, um Nahrungsmittel zu bekommen. Da bindet sich schon so mancher verzweifelter Bauer Sprengstoff um den Bauch. Ihm ist es egal, wen er dabei mit in den Tod reißt. Hauptsache, er rächt sich. Ob an den ungeliebten Viets oder an sonst wem. Das ist ihm dann egal. Der Mensch hat nie kämpfen gelernt. Er fühlt sich hilf- und wehrlos. Jeder macht mit ihm, was ihm passt. Dann lieber sofort nach eigenem Willen tot oder langsam nach dem Willen anderer verhungern. Dazwischen hat er nichts mehr.«
    Ich blies den Rauch durch sein Fenster hinaus. Meines ließ sich nicht bewegen. So hatte ich das noch nicht gesehen. Dass sich die Viets, Nord gegen Süd, bekämpften, die einen von den Sowjets, die anderen von den USA unterstützt, darüber zu berichten war mein Geschäft. Mein Job. Dass die Grenzbevölkerung ihre eigene Vorstellung von ihrem angestammten Gebiet hatte, darüber hatte ich frühestens seit den Reisfeldern in Chau Doc eine Ahnung erhalten. Mir aber weiter keine Gedanken darüber gemacht. Es war eben Krieg.
    »Sie zählen sich zu den Khmer?«
    Er nickte abwesend. »Ja, vielleicht. Ich weiß nicht, wohin ich gehöre. Unsere Vorfahren haben sich derart gemischt, dass jeder alles in sich tragen kann. Damals, als hier noch das Reich der Khmer friedlich herrschte. Aber seit die Franzosen kamen, haben sie die ganze Zivilisation, so wie wir sie kennen, auf den Kopf gestellt. Und die Amerikaner machen alles noch schlimmer. Noch aggressiver. Da waren die Japaner im letzten Krieg richtig nette Menschen. Und das waren schon Stinktiere.«
    Er startete den Motor und nickte. Das Gespräch war für ihn beendet.
    »Was erwartet mich da drinnen?«, fragte ich und legte ihm eine Hand auf die Schulter.
    »Wenn Sie nicht hineingehen, werden Sie es nie erfahren. Ich lasse Sie gegen Mitternacht abholen und ins Hotel zurückbringen.«
 
    Das Tor quietschte. Und nicht nur das Tor.
    »Tür zu, sonst laufen mir die Hühner davon«, quiekte eine alte Frau und drohte mit ihrem Stock. Mit der freien Hand rührte sie in einem Kessel, der von einem Gasbrenner erhitzt wurde.
    Es war ein Viereck. Zur Straße die Mauer. Drei geduckte Gebäude bildeten einen Innenhof. Ein Dattelbaum mit einer umlaufenden Holzbank in seinem Schatten. Hühner und grunzende Schweine liefen frei herum. Eines der Schweine hing am Baum und ließ sein Blut in den Kessel tropfen.
    Eine Farm im Hinterhof einer Großstadt. Unwirklich. Draußen tobte der Straßenlärm, hier gab allerlei Viehzeug seine ländlichen Laute von sich. Mein Magen rebellierte. Es roch nach Gülle, ein Gestank, der

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