Saigon - Berlin Thriller
schlief auf einer Trage. Zugedeckt mit einer Armeedecke.
»Sie muss schnellstens noch einmal operiert werden. Ich habe sie für ein paar Stunden ruhig gestellt. Die Ärzte haben gepfuscht.« Sie fütterte das Baby weiter. Zuckte mit den Schultern. »Na ja, sie sind auf Kriegsverletzungen spezialisiert. Nicht auf die Nachwirkungen einer schweren Geburt.«
Jetzt wurde ich neugierig.
»Und wie kommt das Kind hierher? Das wollte doch der Polizeipräsident?«
Micky kramte in ihren Taschen und gab mir zwei Filmdosen. Lächelte. Sie waren leer.
»Der Inhalt hat Ali überzeugt, sich doch für die bessere Seite zu entscheiden. Tut mir leid, dass ich deine Dokumente missbrauchen musste. Aber das Kind geht vor politischem Unsinn. Kannst du mal deine Tochter halten? Ich muss mal. Wo ist denn hier das Klo?«
»Die Tür unterhalb des Cockpits, Madam«, sagte ein Mann mit einem Kopfverband und deutete nach vorne. »Oder Sie machen einfach auf den Boden. So wie wir alle.«
Micky grunzte. »Ich denke nicht daran. Das könnte euch so passen.«
»Aber, Madam, seien Sie vorsichtig. Es ist sehr eng da drin.« Wer lächeln konnte, amüsierte sich über den müden Witz.
»Werd es schon schaffen«, brummte Micky und zwängte sich durch die Tür.
Und ich saß da, hilflos, und wusste nicht, wie ich das kleine Mädchen halten sollte.
»Ach ja, da bist du«, murmelte Oliver. Die Motoren dröhnten. Die Beleuchtung im Cockpit bestand nur aus den blau leuchtenden Armaturen. Pilot. Copilot. Ein Flugingenieur, der die Mechanik und den Funkverkehr überwachte.
»Habe schlechte Nachrichten für dich«, murmelte Oliver.
»Wir können nicht nach Hongkong. Die Chinesen haben uns die Überfluggenehmigung verweigert. Wir fliegen jetzt nach Bangkok und die dortige Air Base an. Das Wetter ist miserabel und ich kann mit dieser Maschine nicht über viertausend Meter gehen. Wir haben keine Druckkabine. Mach dich also auf einiges gefasst. Sag das Micky. Die soll das den Männern schonend beibringen.«
Das verstand ich nicht ganz. Eine Flugplanänderung konnte ich noch nachvollziehen. Aber ... »Warum soll ausgerechnet Micky das den Männern beibringen? Die Niggerin, die du im Offizierskasino nicht haben wolltest? Das sagst du ihr mal schön selbst. Ich habe Probleme genug. Und warum ist das so problematisch, dass ein anderer Flughafen angeflogen werden muss?«
Der Copilot hüstelte. Der Ingenieur schnäuzte sich.
»Verdammt. Weil die Männer auf dem Heimweg in die Staaten sind. Der Umweg kostet sie mindestens eine Woche. Sie sind nicht mehr im Dienst. Das kann man doch verstehen. Und sie werden sauer, wenn das nicht klappt.«
»Ich denke nicht dran«, stellte ich mich stur. »Micky ist nicht mehr beim Militär. Du bist hier der Chef an Bord. Das sagst du den Männern mal schön selbst.«
Der Copilot grunzte. »Unser Oliver hat Schiss vor Mrs. Bloomberg. Er ist zwar jedem Kampf, aber nicht der Niggerin ... sorry ... Mickys frecher Klappe gewachsen.«
»Halt dein dummes Maul und die Kiste gerade«, fauchte Oliver zurück. Das Flugzeug machte einen Schlenker. Kippte kurz über eine Tragfläche ab. Regen prasselte gegen die Scheiben.
»Ich werde Micky auf den Knien um Verzeihung bitten, wenn wir aus diesem Wetter raus sind. Also bitte. Tu mir den Gefallen.«
Micky rollte mit den Augen. Biss sich auf die Unterlippe und wiegte das Baby. Es wurde kalt im Flugzeug. Die Soldaten suchten sich Decken.
»Schöne Scheiße«, knurrte Micky. »Thailand. Das hat mir noch gefehlt. Halt mal dein Kind und denke dir mal ganz schnell einen Namen für deine Tochter aus. Ich muss mit Oliver reden.«
Sie drückte mir das Bündel in den Arm, prüfte kurz den Zustand von Kleiner Drache, warf ein paar Decken über sie und zwängte sich mit ihrem dicken Hintern durch die Cockpittür.
Einen Namen für diesen kleinen Menschen? Darüber hatte ich noch nicht nachgedacht. Wie nannte man einen Menschen, der zwischen allen Fronten geboren worden war? Mir fielen nur die christlichen Namen ein. Aber die passten alle irgendwie nicht, wenn ich an die Zukunft des Kindes dachte. Blaue Augen hatte sie ja. Die stachen besonders aus der braunen Haut hervor.
»Kannst du mir vielleicht sagen, wie du heißen möchtest? Das ist eine einzigartige Chance. Die hat sonst kein Baby.« Ich drückte die Kleine an mich. Küsste und streichelte sie. Das Kind roch nach süßlicher Scheiße. Aber sie lächelte. Glaubte ich wenigstens.
»Wie wäre es mit Wurm? Damit kenne ich mich aus.«
Das
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