Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Saigon - Berlin Thriller

Titel: Saigon - Berlin Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hef Buthe
Vom Netzwerk:
solltest dir hier zwei Dinge angewöhnen. Erstens, kümmere dich um deine Telexe. Denn ab sofort bist du meine Ablösung. Das habe ich der Redaktion schon mitgeteilt, als du zu spät kamst. Zweitens, lege deinen Kleinen Drachen an die Kette. Du bekommst hier den größten Ärger. Sie hat einer der Chinesinnen, die das Bad verteidigten, einen Finger abgehackt.«
    Damit ließ er mich stehen und mischte sich unter die grölende Menge.
 
    Der Flur war seltsam still. Keine Frauen, die sich um irgendetwas zankten. Hier stimmte was nicht. Kleiner Drache war nicht im Zimmer. Ich drückte die Klinke an der Badezimmertür. Sie war verschlossen. Ich klopfte.
    Nur ein wütendes Gebrüll in Vietnamesisch kam von der anderen Seite. »Kleiner Drache. Bist du da drin? Hier ist Großer Drache.«
    Eine halbe Minute verging. Wasser schwappte. Der Schlüssel drehte sich. Die Tür öffnete sich einen Spalt. Ich sah in eine Revolvermündung.
    »Ach, du bist es. Los. Mach, dass du in die Wanne kommst, bevor das Wasser kalt wird. Ich wasche dir den Rücken. Danach brauche ich die Brühe, um unsere Wäsche sauber zu bekommen.«
    Als hinge man so ganz beiläufig in einem englischen Pub seinen Regenschirm an die Garderobe, hängte sie den Revolver am Abzugsbügel an einen Kleiderhaken und widmete sich mir.
    »Was war hier los? Du hast jemand den Finger abgehackt und läufst nackt mit einer Pistole hier herum?«
    Sie schrubbte mich, bis es zur Qual für mein Schmerzempfinden wurde. Sagte kein Wort. Half mir aus der Badewanne.
    »Du fragst zu viel. Das sind interne Dinge, die euch Langnasen nichts angehen. Spielt ihr eure Spiele an der Bar oder im Dschungel. Den Rest überlasst uns Frauen. Und ich bin eine Frau. Oder bestreitest du das, nur weil du für mich ein Riese bist, der mir beim Geschlechtsverkehr weh tut? Aber das halte ich aus. So wie ich diese verdammte Chinesennutten, die uns die Arbeitsplätze streitig machen, auch noch aushalte. Nur weil sie geschickter und geschäftstüchtiger sind als wir. Ach ... was rede ich? Geh zu deinen Kumpels an die Bar oder besser aufs Dach. Da kannst du mir wenigstens beim Wäscheaufhängen helfen. Raus jetzt. Deine frischen Sachen liegen auf dem Bett.«
    Irritiert schlich ich nackt über den Gang. Kleiner Drache hörte sich an wie meine Mutter, wenn Vater mal eben zum Stammtisch gegangen war und nicht pünktlich zum Essen zurückkam. Und wenn, dann war er so betrunken, dass Mutter das Essen warm stellen musste, um es danach absichtlich anbrennen zu lassen. Vater hatte nie gemurrt. Er hatte es als eine Art Buße klaglos hinuntergewürgt. Danach war ihm nach einem bis mehreren Schnäpsen. Mutter hatte gegrinst und genickt. Es war ein Spiel, das jedes Mal mit einem freundlichen Kuss endete. Bis zum nächsten Stammtisch, der so sicher war wie verbranntes Essen.
 
    »Du hast ja wirklich eine wehrhafte Konkubine«, grinste Ali. Wir saßen auf dem Dach des Hotels und sahen dem Sonnenuntergang zu. Er war rot. Aber keine Abendröte. Es gab demnach keinen Regen. Ali hatte Whiskey und Bier mitgebracht. Wir rauchten seine Zigarren.
    »Wie meinst du das?«
    Er wiegte den Kopf auf den Schultern.
    »Na ja. Ich hatte die Schnauze voll von den betrunkenen Kollegen. Französisch ist nun mal meine beste Fremdsprache. Englisch ist für mich mühsam. Und da habe ich dich in deinem Zimmer gesucht und ...«
    »Sie hat dir gleich die Pistole in die Eier gedrückt«, vollendete ich seine Aussage.
    Ali nickte und grinste. »Ja. Bei ihrer Größe stimmt die Höhe ja auch.«
    Dann schwiegen wir. Tranken, rauchten und hingen unseren Gedanken nach. Unter uns knatterten Mopeds. Autos hupten. Über uns dröhnten die Turbinen von Flugzeugen, die nach Westen flogen. Bomber. Am Horizont wurde die untergehende Sonne kurz vom weißen, aufflackernden Licht der Phosphorbomben verschluckt. Leuchtspurgeschosse tackerten ihr Strickmuster in den Himmel. Dann war wieder Ruhe. Bis auf ein paar Salven aus Maschinenpistolen ganz in der Nähe.
    »Die Militärpolizei macht Jagd auf Plünderer. Die knallt sie gnadenlos ab«, kommentierte Ali. »Kenne ich alles aus Algerien. Hast du schon mal an einem Dschungeleinsatz teilgenommen?«
    Was sollte ich dazu sagen? Das Bad hatte meiner Wunde nicht gutgetan. Sie schmerzte.
    »Nein. Nicht hier. Ich suche noch einen Einsatz. Meine Redaktion wird langsam sauer, wenn ich keine brauchbaren Ergebnisse liefere.«
    Ali nickte. »Kenne ich. Aber ich bin ja nur Schreiber. Die Fotos kannst du wohl nicht vom

Weitere Kostenlose Bücher