Sakrileg – The Da Vinci Code: Inkl. Leseprobe aus „Inferno“
Einkerkerung des göttlich Weiblichen ging. Man musste kein Symbolkundler sein, um zu erkennen, dass Schneewittchen – eine Prinzessin, die in Ungnade gefallen war, nachdem sie von einem vergifteten Apfel gegessen hatte – eine Paraphrase auf Eva im Paradies darstellte, oder dass Dornröschen , das Märchen von der Prinzessin, die im tiefen Wald hinter einem Rosen dickicht schlummert, das sie vor den Klauen der bösen Hexe schützt, eine Gralsgeschichte für Kinder ist.
Ungeachtet seines Images als Saubermann beschäftigte Disney Mitarbeiter, die sich einen Jux daraus machten, in den Zeichentrickfilmen des Studios heimliche Botschaften einzuschmuggeln. Es war für Langdon unvergesslich, wie einer seiner Studenten mit einer DVD des Films Simba, der kleine Löwe ins Seminar kam, um die Vorführung an einer ganz bestimmten Stelle anzuhalten, als sich für einen Sekundenbruchteil deutlich sichtbar aus Staubwölkchen das Wort »SEX« über Simbas Kopf bildete. Auch wenn Langdon damals eher den Eindruck gehabt hatte, dass der Zeichner hier einen Schülerwitz und weniger eine Anspielung auf die heidnischen Aspekte menschlicher Sexualität gemacht hatte, unterschätzte er Disneys Gespür für Symbolik keineswegs. Die kleine Meerjungfrau war ein faszinierendes Gewebe so eindeutiger Symbolbezüge zum Weiblichkeitskult, dass jeder Zufall ausgeschlossen war, etwa das Gemälde in der Unterwasserwohnung Arielles, Die Büßerin Maria Magdalena von Gabriel de la Tour, einem Meister des siebzehnten Jahrhunderts – eine berühmte Hommage an die verfemte Maria Magdalena. Das Bild war ein passendes Dekor für einen Film, der sich als neunzigminütige Collage unverhohlener symbolischer Reverenzen an Isis, Eva, die Fischgöttin Pisces und immer wieder Maria Magdalena entpuppte. Arielle, der Name der Meerjungfrau, hatte starke Bezüge zum göttlich Weiblichen. Im Buch des Propheten Jesaia war »Ariël« ein Synonym für »die belagerte Heilige Stadt«. Auch das wehende rote Haar der Meerjungfrau war wohl kein Zufall.
Das klackende Geräusch der Krücken Sir Leigh Teabings riss Langdon aus seinen Gedanken. Als Teabing kurz darauf durch die Tür kam, blickte er Langdon und Sophie abweisend an.
»Sie schulden mir eine Erklärung, Robert«, sagte er kalt. »Sie haben versucht, mich hinters Licht zu führen.«
62. KAPITEL
S ir Leigh, man will mir etwas anhängen«, sagte Langdon und bemühte sich, Ruhe zu bewahren. Du kennst mich doch, Leigh. Sehe ich wie ein Mörder aus?
Teabings Tonfall blieb frostig. »Robert, Ihr Fahndungsfoto wird im Fernsehen gezeigt, verdammt! Wussten Sie, dass die Polizei Ihnen auf den Fersen ist?«
»Ja.«
»Dann haben Sie mein Vertrauen missbraucht. Es ist erstaunlich, mit welcher Seelenruhe Sie mich in Gefahr bringen, indem Sie hier auftauchen und mich über den Gral dozieren lassen, nur um in meinem Heim eine sichere Zuflucht zu finden.«
»Ich bin kein Mörder, Sir Leigh, und …«
»Jacques Saunière ist tot, und die Polizei ist sicher, dass Sie der Täter sind.« Teabings Blick wurde traurig. »Was hat dieser Mann nicht alles für die Kunst geleistet …«
»Sir?« Der Butler war hinter Teabing erschienen und hatte sich mit verschränkten Armen im Türrahmen aufgebaut. »Sir, wünschen Sie, dass ich die Herrschaften nach draußen begleite?«
»Schon gut, Rémy«, sagte Teabing mit einem giftigen Blick auf Langdon und Sophie, während er durch den Saal hinkte und eine große gläserne Verandatür aufstieß. »Begeben Sie sich bitte zu Ihrem Wagen und verlassen Sie sofort mein Grundstück.«
Sophie rührte sich nicht von der Stelle. »Wir sind im Besitz von Informationen über den clef de voûte . Den Schlussstein der Prieuré .«
Teabing blickte Sophie abschätzend an. »Wieder so ein verzweifeltes Manöver!« Er lachte verächtlich. »Robert weiß, wie besessen ich nach diesem Stein gesucht habe.«
»Miss Neveu spricht die Wahrheit«, pflichtete Langdon Sophie bei.
»Gehen Sie jetzt, oder ich rufe die Polizei!«, mischte der Butler sich ein.
»Sir Leigh«, flüsterte Langdon beschwörend, »wir wissen, wo der Stein ist!«
Teabings Entschlossenheit schien ins Wanken zu geraten.
Rémy näherte sich mit steifen Schritten. »Wenn Sie nicht augenblicklich gehen«, sagte er drohend zu Langdon und Sophie, »werde ich Sie gewaltsam …«
»Rémy!«, herrschte Teabing ihn an. »Lassen Sie uns allein!«
Der Butler blickte seinen Herrn und Meister betroffen an. »Aber Sir Leigh, diese Leute sind
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