Salai und Leonardo da Vinci 01 - Die Zweifel des Salai
Christen zu studiren, ja sie haben sich sogar mit Leib und Seele auf so einen Dichter gestürzt wie diesen Ovid der nur Geschichten von Weibern geschrieben hat, nemlich vom Buhlen und vom Hörner aufsetzen und von Hurereien und allerlei Schweinkram.
Manche Antikisten machten lange Reisen nach Teutschland und in die Schweitz die Berge rauf und runter, um in den abgelegnen Klöstern nach vergessenen Kodizes mit unbekannten Werken von lateinischen Schreibern zu suchen. Am tollsten von allen reisenden Antikisten trieb es dieser Poggio, hat Lionardo voll Bewunderung gesagt, denn man weiß nicht wie, aber es ist ihm immer gelungen antike Handschrifften aufzuspürn, grad so wie die Hunde Trüffeln unter der Erde finden, also mit einer unglaublichen und geheimnisvollen Gabe.
Mir scheint das in Wahrheit so, Signior Padrone, dass in jenen Zeiten alle einen Sprung in der Schüssel hatten, denn plötzlich hatten sie zu viel freie Zeit, und wenn sie ein Stück antiken Marmor im Garten fanden neben Karotten oder Broccoli die man essen kann und schmecken sogar gut, dann nahmen sie lieber den Marmor mit nach Haus der zu gar nichts nütze ist. Und statt im warmen Italien auf ein schönes weißes Blatt Papier ein paar neue Gedichte auf Italienisch zu schreiben gingen sie lieber nach Teutschland wo es immer mörderisch kalt ist um alte Gedichte auf Lateinisch zu suchen, und die waren auch noch auf staubiges altes Papier geschrieben, und ist eine grässliche Mühsal wenn man bloß ein paar Zeilen lesen will.
Dieweil Lionardo mir die Geschichte von Poggio und den Antikisten erzählt bleib ich still sitzen, denn diese fixe Idee dass die alten verdreckten Sachen immer besser sind als wie die neuen und saubren, die hat auch Lionardo schon seit er damals noch Lehrjunge in der Werkstatt von Andrea Verocchio war, und so sag ich dieweil er spricht, jaja oh gewiss wie schön, was ich immer dann sag wenn er mir von seinen Erfindungen spricht die niemals nicht funktioniren, da kannst du dreihundert Vaterunser am Tag beten, alles vergebens.
Die Päpste, erzählt Lionardo dann weiter, haben die Antikisten in ihren Spinnereien ermutigt und finanzirt, nemlich so fiel der vergangne Glanz von Rom auch auf sie, und sie erschienen als die Nachfolger der großen römischen Kaiser. Ist die Heilige Stadt Rom, hat mein Ziehvater gesagt, etwa nicht die Erbin vom kaiserlichen Rom?
Das ist mir sonderbar erschienen, dass mir schon der junge teutsche (oder besser alemannsche) Pfaffe den ich mit seinem Freund in der Kirche getroffen die gleiche Frage gestellt hatte. Bloß dass das Pfäfflein sagt dass die Erbin vom antiken Rom das Reich ist, also Teutschland, und nicht das Papsttum.
Klar gibt es immer Schurken die sowas ausnutzen, zum Beispiel Michelangiolo dieser Betrüger, hat Lionardo weiter gesagt, und hat sein übliches neidisches Gesicht gemacht, wie immer wenn er von den Malern spricht wo mehr Glück haben als er selbst. Der hat hier in Rom einen Cupido verkauft und gesagt das wär eine römische Statue, das war aber geschwindelt, und man hat sogar rausgefunden dass die Figur von ihm selbst stammte, und da hat er sich dann ordentlich blamirt. 1 *
Aber wo Poggio doch schon vor fünfzig Jahren gestorben ist, sagt Lionardo, versteh ich nicht was er mit den Verleumdungen des Papstes von heut zu tun haben soll, also ist die Nachricht von unsrem Mann mit den Beuleiern fast gewiss nur Gerede und keinen Dreck wert.
Das mag ja alles so sein wie Mastro Lionardo sagt der viel mehr über die Sache weiß als wie ich, aber ist mir doch von seinem ganzen Reden ein Zweifel in der Birne geblieben. Bei der Geschichte von Poggio ist schon wieder Teutschland rausgekommen, ob das ein Zufall ist, Signior Padrone? Die Teutschen in Rom verkaufen Würste, sie sind Maurer Notare und Barbiere, und wo immer ich mich hinwende stoß ich auf einen Teutschen oder Almannen. Warum sind sie bloß in solchen Scharen gekommen? Ist zwar richtig dass in Rom eine schöne Sonne scheint und in Teutschland dagegen immer nur Saukälte herrscht, aber ich denk das alleine kann es nicht sein.
Die andre Sache wo mir im Gedächtnis geblieben, ist die Statue von Poggio Bracciolini in unsrer Kirche Sancta Reparata in Fiorenza der ich den Schnurrbart und die Schielaugen angemalt, und irgendwann zeig ich sie Euch mal, Padrone, nemlich da macht man sich in die Hosen so lustig ist die. Ich weiß nicht ob’s die Schuld vom Bildhauer ist der sie gemacht hat, hinter den Schnurrbart hat dieser Poggio aus
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