Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Salambo

Salambo

Titel: Salambo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustave Flaubert
Vom Netzwerk:
hinab, während ihnen die punischen Karrees in schwerfälligem, taktmäßigem Marsch entgegen rückten. Der Nebel war eben von den ersten Sonnenstrahlen zerrissen worden. Kleine tanzende, allmählich höher fliegende Wölkchen flatterten um die Standarten, Helme und Lanzenspitzen, die mehr und mehr sichtbar wurden. Bei der raschen Bewegung der Truppenmassen schien es, als ob sich ganze Teile des Bodens, die noch im Schatten lagen, mit einem Mal verschöben. An anderen Stellen war es, als ob sich Gießbäche kreuzten, aus denen unbewegliche stachlige Massen herausragten. Matho konnte die Hauptleute, die Soldaten, die Herolde erkennen, sogar die Trossknechte auf ihren Eseln. Mit einem Male sah er, wie Naravas seine bisherige Stellung, in der er die Flanke des Fußvolks decken sollte, verließ und nach rechts abschwenkte, als wolle er den Puniern seine eigene Flanke öffnen.
    Seine Reiter überholten die Elefanten, die nunmehr langsamer vorrückten. Die Pferde der Numidier beschleunigten ihr Tempo. Mit weit vorgestreckten zügellosen Hälsen stürmten sie so wild dahin, dass ihre Bäuche die Erde zu berühren schienen. Plötzlich ritt Naravas geradenwegs auf eine der feindlichen Patrouillen los, warf Schwert, Lanze und Wurfspeere von sich und verschwand alsbald in den Reihen der Karthager. Als der Numidierfürst in das Zelt Hamilkars trat, wies er rückwärts auf seine Schwadronen, die Halt gemacht hatten, und sagte:
    â€žBarkas! Ich führe sie dir zu! Sie gehören dir!“
    Dann warf er sich zum Zeichen der Unterwerfung vor Hamilkar nieder, und um ihm seine Treue zu beweisen, erinnerte er ihn an alle Einzelheiten seines Verhaltens seit dem Ausbruch des Krieges.
    Nach seiner Behauptung hatte er die Belagerung von Karthago und die Niedermetzelung der Gefangenen verhindert. Ferner hätte er den Sieg über Hanno nach der Niederlage bei Utica nicht ausgenutzt. Was die tyrischen Städte beträfe, so befänden sie sich ja an den Grenzen seines Reiches. Und er hätte sich an der Schlacht am Makar nicht beteiligt, ja, sich absichtlich entfernt, um nicht gegen den Marschall kämpfen zu müssen.
    In Wahrheit hatte Naravas sein Reich durch Einfälle in die punischen Provinzen vergrößern wollen und daher die Söldner je nach den Sieges­aussichten bald unterstützt, bald im Stich gelassen. Weil er jetzt aber einsah, dass Hamilkar am Ende doch triumphieren würde, lief er zu ihm über. Vielleicht lag seinem Abfall auch persönlicher Groll gegen Matho zugrunde, sei es wegen des Oberbefehls oder wegen seiner alten Liebe.
    Der Sufet hörte ihn an, ohne ihn zu unterbrechen. Der Mann, der sich derart in ein Heer hineinwagte, mit dessen Rache er rechnen musste, war kein zu verachtender Bundesgenosse. Sofort erkannte Hamilkar die Nützlichkeit des Bündnisses mit ihm für seine großen Pläne. Mit Hilfe der Numidier vermochte er die Libyer in Schach zu halten. Dann konnte er die westlichen Völker bei der Eroberung Spaniens mit verwenden.
    Ohne ihn zu fragen, warum er nicht früher gekommen sei, und ohne eine seiner Lügen zu widerlegen, küsste er Naravas und umarmte ihn dreimal.
    In seiner Verzweiflung hatte er das Lager der Libyer in Brand gesteckt, um zu einer Entscheidungsschlacht zu kommen. Die Numidier kamen ihm wie eine von den Göttern gesandte Hilfe. Er verbarg aber seine Freude und erwiderte:
    â€žMögen die Götter dir gnädig sein! Ich weiß nicht, was die Republik für dich tun wird, aber Hamilkar ist kein Undankbarer!“
    Der Kampflärm nahm zu. Stabsoffiziere traten ein. Während Hamilkar seine Rüstung anlegte, sagte er: „Rasch! Gehe zurück! Treibe mit deinen Reitern ihr Fußvolk zwischen deine und meine Elefanten! Vorwärts! Vernichte sie!“
    Naravas wollte hinausstürzen, da erschien Salambo. Sie sprang von ihrem Pferd, öffnete ihren weiten Mantel, breitete die Arme aus und entfaltete den Zaimph.
    Vom Lederzelt aus, das an den Ecken hochgeschlagen war, übersah man den ganzen Umkreis des von Soldaten erfüllten Gebirgskessels, und da Salambo gleichsam im Mittelpunkt stand, so erblickte man sie von allen Seiten. Ein ungeheurer Lärm brach aus, ein langer Triumph- und Hoffnungsschrei. Die vorrückenden Kolonnen standen still. Sterbende stützten sich auf ihre Ellbogen auf, schauten hin und segneten sie. Auch alle Barbaren wussten nun, dass sie den Zaimph

Weitere Kostenlose Bücher