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Salambo

Salambo

Titel: Salambo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustave Flaubert
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aushacken wollen. Und dennoch: nicht einen Tag hab ich an Karthago gezweifelt! Und hätte ich alle Heere der Welt im Kriege gegen die Stadt gesehen, und wären die Feuer der Belagerer höher als die Giebel seiner Tempel aufgelodert – ich hätte doch an Karthagos Ewigkeit geglaubt! Jetzt aber ist alles zu Ende, alles verloren! Die Götter verabscheuen uns! Fluch über dich, die du durch deine Schandtat seinen Untergang beschleunigt hast!“
    Sie wollte etwas sagen…
    â€žIch war hier!“ rief er aus. „Ich habe dich in Wollust röcheln hören wie eine Hure! Ein Barbar hat dir seine Geilheit gezeigt, und du hast ihm dich dargereicht! Und in deiner schamlosen Liebeswut hättest du wenigstens dem Beispiel der wilden Tiere folgen sollen, die sich bei der Paarung verbergen, nicht aber deine Schande angesichts deines Vaters zur Schau stellen!“
    â€žIch verstehe dich nicht!“ versetzte Salambo.
    â€žAch! Wusstest du nicht, dass die beiden Heerlager nur sechzig Schritte voneinander entfernt sind? Und dass dein Matho im Übermaß seiner Frechheit sein Zelt unmittelbar vor den Augen Hamilkars aufgeschlagen hat? Dein Vater steht dort hinter dir, und wenn ich den Steg hin­aufsteigen könnte, der auf den Wall führt, so würde ich ihm zurufen: Komm und sieh deine Tochter in den Armen des Barbaren stöhnen! Um ihm zu gefallen, hat sie das Kleid der Göttin angelegt, und mit ihrem Leib gibt sie ihm den Ruhm deines Namens preis und die Majestät unserer Götter und die Rache des Vaterlandes, ja das Heil Karthagos!“
    Bei den Bewegungen seines zahnlosen Mundes flatterte sein langer Bart. Seine Augen starrten Salambo an, wie um sie zu verschlingen, und im Staub kriechend, wiederholte er keuchend:
    â€žGottlose! Verflucht seiest du! Verflucht! Dreimal verflucht!“
    Salambo hatte die Leinwand aufgehoben und hielt sie mit ausgestrecktem Arm hoch. Stumm blickte sie nach Hamilkars Lager hinüber. „Dort drüben, nicht wahr?“ fragte sie.
    â€žWas geht es dich an! Verschwinde! Weg von hier! Wühle dein Antlitz lieber tief in den Boden! Das dort ist ein heiliger Ort, den dein Blick entweiht!“
    Sie warf sich den Zaimph um die Schultern, raffte hastig ihren Schleier, ihren Mantel und ihr Schultertuch auf und rief: „Ich will hin!“
    Damit schlüpfte sie hinaus und verschwand.
    Zunächst schritt sie durch das Dunkel, ohne jemandem zu begegnen, denn alles eilte zur Brandstätte. Der Lärm wurde immer heftiger. Große Flammen röteten den Himmel hinter ihr. Der lange Wall versperrte ihr den Weg.
    Ziellos wandte sie sich nach rechts und nach links, suchte eine Leiter, einen Strick, eine Treppe, irgendetwas, damit sie hinauf kommen konnte. Sie hatte Furcht vor Gisco, und es kam ihr vor, als ob Schreie und Schritte sie verfolgten. Der Morgen dämmerte. Da entdeckte sie einen Pfad, der schräg an der Schanze hinaufführte. Sie nahm den Saum ihres Gewandes, der sie behinderte, zwischen die Zähne und gelangte mit drei Sätzen auf den Wall hinauf.
    Ein lauter Ruf erklang unter ihr im Dunkeln, der gleiche, den sie am Fuße der Galeerentreppe vernommen hatte. Sie beugte sich vor und erkannte den Diener Schahabarims mit den beiden Pferden, die er an den Zügeln hielt.
    Er war die ganze Nacht zwischen den beiden Lagern hin und her gestreift. Schließlich war er, durch die Feuersbrunst beunruhigt, an den Wall heran gegangen und hatte versucht, zu sehen, was in Mathos Lager vorgehe. Da er wusste, dass diese Stelle Mathos Zelt am nächsten lag, so hatte er sie, dem Gebote des Priesters getreu, nicht wieder verlassen.
    Er setzte sich aufrecht auf eins der Pferde. Salambo glitt vom Wall zu ihm hinunter. Dann umritten sie galoppierend das punische Lager.
    *
    Matho war in sein Zelt zurückgekehrt. Die qualmende Lampe erhellte es schwach. Er glaubte, Salambo schliefe. Behutsam tastete er mit der Hand über das Löwenfell auf dem Palmenlager. Er rief. Keine Antwort. Da riss er heftig ein Stück aus der Leinwand des Zeltes, damit das Licht eindringe: der Zaimph war verschwunden.
    Der Erdboden erbebte unter zahllosen Tritten. Lautes Geschrei, Pferdegewieher und Waffengeklirr scholl durch die Luft. Trompetensignale riefen zu den Alarmplätzen. Wie ein Orkan wirbelte es um den Rebellenführer her. In maßloser Wut griff er nach seinen Waffen und stürzte hinaus.
    In langen Kolonnen stiegen die Barbaren den Hang

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