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Salambo

Salambo

Titel: Salambo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustave Flaubert
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den Genuss seiner Rechte zu treten, die Karthagerin zu seiner Frau zu machen und sie mit sich zu nehmen.
    Salambo begriff nicht, wie dieser junge Mann je ihr Gebieter werden könne. Obwohl sie Tanit jeden Tag um Mathos Tod anflehte, wurde ihr Abscheu vor dem Libyer doch immer geringer. Sie hatte das dunkle Gefühl, dass der Hass, mit dem er sie verfolgte, etwas beinahe Heiliges sei. Sie hätte in Naravas' Wesen einen Abglanz jener wilden Heftigkeit sehen können, von der sie immer noch bezaubert war. Wohl wünschte sie den Numidier näher kennen zu lernen, aber seine Gegenwart war ihr doch unangenehm. Sie ließ ihm antworten, sie dürfe ihn nicht empfangen.
    Ãœberdies hatte Hamilkar seinen Leuten befohlen, dem jungen Numidierfürsten keinen Zutritt zu Salambo zu gewähren. Er glaubte seiner Treue sicherer zu sein, wenn er die Belohnung dafür bis zum Ende des Krieges aufsparte. Naravas zog sich aus Respekt vor dem Sufeten zurück.
    Gegen die punischen Behörden zeigte er sich nicht so demütig. Er änderte von ihnen getroffene Anordnungen, forderte Vorrechte für seine Leute und stellte sie auf wichtige Posten. Die Barbaren machten große Augen, als sie auf einmal Numidier auf den Türmen der Stadt erblickten.
    Die allgemeine Verwunderung wurde noch viel größer, als auf einer alten punischen Trireme vierhundert Karthager ankamen, die während des Krieges in Sizilien gefangen genommen worden waren. Hamilkar hatte nämlich insgeheim den Quiriten die Bemannung der latinischen Schiffe, die er vor dem Abfall der tyrischen Städte gekapert hatte, zurückgesandt, und zum Dank für dieses Entgegenkommen schickte ihm Rom die dortigen Gefangenen zurück. Auch lehnten die Römer das Anerbieten der sardinischen Söldner ab und schlugen sogar die ihnen angetragene Schutzherrschaft über Utica aus.
    Hiero, der Tyrann von Syrakus, folgte diesem Beispiel. Um sein Reich zu behaupten, war ihm das Gleichgewicht beider Großmächte wichtig. Es lag ihm also an der Rettung der Punier. Er erklärte sich zu ihrem Freund und sandte ihnen zwölfhundert Rinder und dreiundfünfzigtausend Nebel reinen Weizens.
    Der eigentliche Grund für diese Unterstützung Karthagos lag tiefer: man fühlte, dass bei einem endgültigen Siege der Söldner alles, was überhaupt in Sold stand, vom Soldaten bis zum Küchenjungen, aufsässig werden würde, und dass dann keine Regierung und kein Herrscherhaus seine Unabhängigkeit wahren könne.
    Mittlerweile durchstreifte Hamilkar die östlichen Landstriche. Er trieb die Gallier zurück, und die Barbaren sahen sich nunmehr selbst wieder belagert.
    Jetzt begann er sie systematisch zu beunruhigen. Er kam und verschwand wieder und wiederholte dieses Manöver so lange, bis er sie nach und nach aus ihren Lagern fortlockte. Spendius war genötigt, den anderen zu folgen, und schließlich zog auch Matho ab.
    Letzterer ging jedoch nicht über Tunis hinaus, sondern setzte sich in dieser Stadt fest. Die Hartnäckigkeit, mit der er dort verblieb, war sehr klug, denn alsbald sah man Naravas mit seinen Truppen und Elefanten zum Khamon-Tor herausziehen. Hamilkar hatte ihn zu sich gerufen. Schon streiften die übrigen Barbaren durch die Provinzen zur Verfolgung des Sufeten.
    Er hatte in Klypea eine Verstärkung von dreitausend Galliern erhalten. Aus der Kyrenaika ließ er Pferde, aus Bruttium Rüstungen kommen. Er begann den Krieg von neuem.
    Noch nie war sein Genie so rege und schöpferisch gewesen. Fünf Monate lang lockte er die Söldner hinter sich her. Er hatte ein festes Ziel vor Augen. Er wollte sie nach einem bestimmten Ort locken.
    *
    Die Barbaren hatten anfangs versucht, dem Punier im Kleinkrieg beizukommen, aber die kleinen Abteilungen hatten keine Erfolge. Nun blieben sie vereint. Ihr Heer belief sich auf etwa vierzigtausend Mann. Jetzt hatten sie in der Tat mehrmals die Freude, die Karthager zurückweichen zu sehn.
    Stark belästigt wurden sie von der Kavallerie des Naravas. Oft zur heißesten Tageszeit, wenn man unter der Last der Waffen schlaftrunken durch die Ebene zog, stieg plötzlich dichter Staub am Horizont auf. Etwas Unsichtbares brauste im Galopp heran, und aus einer Sandwolke, in der eine Menge flammender Augen blitzte, schoss ein Pfeilhagel hervor. Von weißen Mänteln umflatterte Numidier stießen ein lautes Geheul aus, reckten die Arme empor, warfen ihre steigenden

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