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Salamitaktik

Salamitaktik

Titel: Salamitaktik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf H. Dorweiler
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stand seine private Dosenmilch, von der er mehr als nur ein paar Tropfen in die tiefschwarze Brühe goss. Er beobachtete fasziniert, wie die fetten Schwaden der Milch sich langsam mit dem Kaffee zu angenehm braunen Wolken vermischten.
    Â»Ah, der Schlageter.«
    Er brauchte sich nicht umzudrehen, um zu wissen, wer da lautlos hinter ihm erschienen war. Wolfgang Danner war seit einem halben Jahr der neue Leiter der Polizeidirektion Lörrach und damit sein Boss, der stetig versuchte, auch noch all das umzukrempeln, was die Sesselfurzer in Stuttgart so gelassen hatten, wie es nach Schlageters Ansicht seine Ordnung hatte.
    Â»Danner«, bemerkte er, ohne die Augen von der wundersamen Farbvermischung zu nehmen.
    Â»Sind Sie fertig mit den Vorbereitungen für Ihren Abschied? Mein Gott, wenn es bei mir nur mal so weit wäre. Aber ich habe ja noch gut zwanzig Jahre vor mir.
    Zwanzig Jahre, während der sein sowieso längst platt gesessener Hintern noch breiter werden würde. Schlageter war bewusst, dass er selbst auch nicht gerade zu den sportlichsten Beamten zählte. Das Übergewicht war bei ihm seit vielen Jahren deutlich spürbar, die Atmung rasselnd geworden, und selbst wenige Treppenstufen brachten ihn mittlerweile der Erschöpfung nahe, aber er war wenigstens ein alter Mann. Fünfundsechzig Jahre, da durfte es erste Ausfallerscheinungen geben. Immerhin war er immer selbst unterwegs gewesen, da, wo die Verbrecher ihr Unwesen trieben. Danner hingegen war ein Studierter, der wahrscheinlich nur die allernötigsten Streifendienste absolviert hatte, um sich unterdessen zu überlegen, wie er sich bei den vermeintlich wichtigen Leuten in Stuttgart am besten einschleimen konnte, um später einmal selbst im Innenministerium zu landen.
    Â»Haben Sie’s schon gehört? Die Frau aus dem Kaufhaus von gestern ist gestorben«, sagte Danner.
    Schlageter drehte sich abrupt zu Danner um. »Wer ermittelt?«
    Â»Faller und Westermann«, antwortete sein Chef beiläufig, während er sich nun auch eine Tasse aus dem Hochschrank nahm.
    Â»Was? Faller? Der erkennt doch nicht einmal dann einen Mord, wenn direkt vor ihm jemand einen Kopfschuss bekommt!«
    Â»Jetzt übertreiben Sie aber. Außerdem geht es ja nicht um Mord.«
    Schlageter überlegte nicht lange, sondern reagierte, wie es ihm sein polizeilicher Instinkt gebot: »Ich werde den Fall übernehmen.«
    Â»Nein. Das machen Faller und Westermann«, widersprach Danner. »Sie sind nur noch heute und morgen im Dienst. Daran muss ich Sie doch wohl nicht erinnern.«
    Â»Das macht Helbach schon oft genug«, knurrte Schlageter. »Aber das ist egal. Und wenn ich noch ein paar Tage dranhänge. Woran ist sie gestorben?«
    Danner schien zu überlegen, ob er wütend werden oder lachen sollte. Letzteres platzte schließlich aus ihm heraus. »Sie sind wirklich unverbesserlich. Und absolut beratungsresistent«, meinte er und klopfte Schlageter mit der freien Hand belustigt auf die Schulter. »Mein Vorgänger hat mich vor Ihnen gewarnt, wissen Sie das?«
    Danners Lachen und joviales Gehabe hätte sich als respektlos interpretieren lassen, doch er schob ein paar klärende Worte sofort nach: »Hören Sie mir gut zu, Schlageter. Sie haben mit der Sache nichts zu tun. Sie haben alle Möglichkeiten ausgeschöpft, so lange wie möglich im Dienst zu bleiben. Jetzt ist Schluss. Sie organisieren noch Ihr Fest, und dann gehen Sie in den wirklich wohlverdienten Ruhestand. Ende der Diskussion. Wenn ich gewusst hätte, dass ich hier noch den Chef raushängen lassen muss, weil Sie so ein Sturkopf sind, hätte ich gar nichts gesagt über die Frau.«
    Schlageter nahm seine Tasse und verließ schmollend die Mannschaftsküche.
    Â»Wie läuft’s?«, fragte er im Büro von Eduard Faller und Sönke Westermann. Fallers Platz war noch unbesetzt, doch Westermann beschäftigte sich bereits intensiv mit seinem Computer. Er war ein richtiger Sonnyboy, um die fünfundzwanzig Jahre alt, blond, braun gebrannt. Seine hellblauen Augen verliehen ihm einen intensiven Blick, der sein Gesicht schöner wirken ließ, als es wirklich war. Schlageter hatte ihn schon ein paarmal mit wechselnden Frauen in Lörrach und in Basel gesehen. Ein richtiger Frauentyp eben, der sich jetzt in seinen Bürostuhl zurücklehnte und die Muskeln seiner Oberarme spielen ließ, die unter einem eng anliegenden

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