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Sally

Sally

Titel: Sally Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Päsler
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weg. Ich sah mich nicht nach ihm um. Nur die hundertdreißig Euro in meiner Tasche und die Handyfotos, die ich niemals sehen würde, erinnerten noch an das, was eben geschehen war.

1
    FRÜHLING 2008. Die Dreizehn war unsere Glückszahl. Mein Mann war das dreizehnte Kind seiner Familie, unsere erste Wohnung hatte die Türnummer dreizehn, wir heirateten am dreizehnten Juli, einem perfekten wolkenlosen Tag und unser erstes Kind, unsere Tochter, wurde genau ein Jahr später, ebenfalls am dreizehnten Juli, auf den Namen »Anke« getauft.
    Die Dreizehn brachte mir genau das Glück, das ich mir während meiner von beschwerlichen Krankheiten begleiteten Kindheit und Jugend immer erträumt hatte: einen Mann, der mich auf Händen trug, zwei süße Kinder, einen Hund und ein hübsches Haus mit Carports für zwei Autos – eines für das meines Mannes und eines für mein eigenes.
    Das Haus hatten wir nach meinen Plänen in meinem Heimatstädtchen in Niederösterreich gebaut. Es sah aus wie eine Pyramide, hatte einen quadratischen Grundriss und ein zur Mitte hin spitz zulaufendes Dach. Drinnen duftete es immer ein wenig nach Tannenholz. Dieses Haus war mein Schloss und meine Höhle, in der ich mich verkriechen konnte. Es bedeutete Luxus für mich und Unabhängigkeit.
    Im Garten setzte ich jede Knolle selbst und auch das Unkraut zupfte ich mit Hingabe. Im Frühling blühten die Beete prachtvoll in allen Farben. Wenn ich durchs Dorf ging, nickten mir die Menschen zu. Meine Familie war in dem kleinen niederösterreichischen Ort bekannt, seit sich mein Großvater hier als Zahnarzt einen Namen gemacht hatte.
    Es war die Sehnsucht nach der Idylle mit Kuschelhund, Schwimmbecken und Sonnenschein, die mich dazu bewogen hatte, Mario zu heiraten. Er war liebevoll und aufmerksam undbewies in unserem schlichten Holzbett Naturtalent. An dem Tag, an dem ich erfuhr, dass ich schwanger war, quoll ich über vor Glück. Ich hatte kaum darauf zu hoffen gewagt, weil ich wegen meiner Krankheiten viele Jahre lang starke Medikamente nehmen hatte müssen. Eigentlich war ich felsenfest davon überzeugt gewesen, unfruchtbar zu sein. Und so war Anke völlig unerwartet in unserem Leben aufgetaucht, einem Leben, das schon davor nahezu perfekt gewesen war. Weil die Sommer immer heißer wurden und der Weg ins Freibad für eine berufstätige Mutter anstrengend war, ließen wir nachträglich sogar einen Swimmingpool in unseren Garten bauen.
    Mario und ich galten als hübsches und bald auch als erfolgreiches Paar. Wir waren wohl eines von den Paaren, über die Priester bei Hochzeiten so gerne predigen. Wir waren ein Team, das an einem Strang zog. Wir brauchten keine Worte, denn jeder von uns wusste, worauf es dem anderen ankam.
    Es gab keinen Moment, in dem ich meine Entscheidung für diese Art von Leben bereute. All die Gefahren, die wie Damoklesschwerter über Ehen schweben, gab es für uns nicht. Unsere Gefühle füreinander stumpften weder ab, noch hielt die Langeweile Einzug. Das Gegenteil war der Fall. Ich fragte mich, warum so viele Menschen nicht begreifen, dass Sex gar nicht besser sein kann als in einer legalisierten, fixen Beziehung. Ist man frisch verliebt, dominieren Nervosität und die Angst, zu enttäuschen. Bei einem One-Night-Stand ist man sich zu fremd. In unserer Beziehung war körperliche Liebe von Anfang an eine wichtige Komponente.
    Als ich Mario in einem Fitnesscenter zum ersten Mal sah, war das kein besonders romantischer Moment. Ich war gerade zweiundzwanzig Jahre alt und trainierte still und konzentriertan der Crunch-Maschine meine mittleren Bauchmuskeln, als ich zufällig Zeugin einer Unterhaltung zwischen ein paar Halbstarken wurde. Sie redeten über Abführmittel. Die waren ein durchaus alltägliches Gesprächsthema in diesem Fitnesscenter, schließlich wollte hier jeder schlank sein. »Diäten sind die absolute Qual«, blaffte einer der Burschen. »Schon einmal Trockenfeigen probiert? Die putzen ordentlich durch und es geht superschnell!« Ein anderer empfahl Weizenkleie auf nüchternen Magen und meinte, das Zeug würde »so richtig einfahren«. Die anderen lachten ihn aus, nannten Weizenkleie »Großmutters Rezept« und fanden ein bestimmtes Medikament gut: »Total geiles Mittel. Da bist du voll dabei.«
    Ich wollte nur in Ruhe trainieren. Quatschen und dabei tatenlos an den Geräten herumhängen, war nicht mein Stil. Doch an diesem besonderen Tag mischte ich mich aus irgendeinem Grund ganz gegen meine sonstigen Gewohnheiten in das

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