Sally
dieser Welt verbreiten, umso besser. Ich bin weder größenwahnsinnig noch streng gläubig oder sektiererisch. Ich glaube daran, dass sich Herzensenergie durch den Einsatz des Körpers weitergeben lässt und dass dabei ein Kreislauf entsteht, der sie immer stärker macht.
Manchmal habe ich das Gefühl, immer noch ganz am Anfang meines Weges zu stehen, aber das macht mir nichts aus. Meine kleine Wohnung teile ich mir inzwischen mit Anne, Dora und Flo. Wir versuchen, ein Team darzustellen. Anne kennt sich mit Numerologie aus, Dora mit Schwangerschaft, Traumabehandlung und Blockadenlösung und Flo mit Computern. Das Ganze reicht an allen Ecken und Enden noch immer in die Schmuddelbranche hinein, aber das macht nichts, denn ich denke, dass sich alles noch entwickeln wird. Anne zum Beispiel bietet neben Numerologie das gleiche Programm mit Thai-Body- und Tantra-Massage samt Lingam und mehr an wie ich früher. Ich habe sie selbst darin eingewiesen. Sie ist achtundvierzig Jahre alt und auch sie war schon ganz unten. Es gab Zeiten, in denen sie auf dem harten Boden einer Lagerhalle schlafen musste, weil sie keinen anderen Ort mehr hatte, an dem sie bleiben konnte. Flo habe ich auch meinen Massagestil beigebracht, und er bietet ihn nun für Frauen und für Männer an, hatte aber bisher noch keine Kunden. Dafür hat er eine Homepage für uns alle gebaut, die so schmuddelig ausgesehen hat und so voller Rechtschreibfehler war, dass wir sie vorerst wieder aus dem Netz genommen haben.
Irgendwann wird daraus vielleicht ein eigenes Energiezentrum, und ich werde dann offen sein für Frauen, die meinen Weg gehen mussten. Es wird ein besseres Angebot als Direktmarketing für zwei- oder dreihundert Euro im Monat sein. Letztendlich ist es ein Projekt für Nachhaltigkeit. Überall in der Gesellschaft gibt es Bestrebungen, die auf Nachhaltigkeit abzielen – in der Politik, in der Wirtschaft und im sozialen Bereich. Ich leiste meinen eigenen Beitrag am Rande des ältesten Gewerbes der Welt. Ich leiste ihn für ein neues System, in dem Weiblichkeit ihren natürlichen Stellenwert haben darf. Denn nur, wenn sich Mann und Frau ihrer ureigenen, natürlichen Stärke bewusst sind – im kleinen wie im großen System – und keine der beiden Kräfte versucht die andere zu dominieren, können sie sich gegenseitig befruchten und eins werden. Und nur dann werden wir im Paradies leben. So wie es ursprünglich einmal geplant war. Daran glaube ich.
Meine Schneiderei entwickle ich ebenfalls weiter. Ich biete spezielle Oberbekleidung für Frauen an, die Mieder tragen. Ich will ihnen helfen, mit einer aufrechten Haltung ihre Würde zu verteidigen.
Karim unterstützt mich, weil er verstanden hat, was ich tue. Mein Lebensglück hängt nicht von ihm ab, aber ich liebe ihn und bin überzeugt, in ihm den Mann fürs Leben gefunden zu haben. Demnächst wird der Tagtraum wahr, den ich bei meiner Scheidung im Gerichtssaal hatte. Wenn nichts mehr schiefgeht, heiraten Karim und ich im kommenden Frühling.
Über die Autorin:
Elke Päsler wurde 1971 in Neunkirchen in Niederösterreich geboren.Vor und während ihrer ersten Ehe arbeitete sie im Gesundheitsbereich, als Schneiderin und im Vertrieb von Kosmetikprodukten.
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