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Sally

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Titel: Sally Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Päsler
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Hand das wichtigste Gut der Gesellschaft, die Kinder, liegt, muss mindestens ebenso gewürdigt und honoriert werden wie etwa ein Informatiker, der sich mit Steuerungssystemen von Kraftwerken befasst. Auf dieser Basis können dann Politiker, Wirtschaftsstrategen und Sozialexperten ihre Maßnahmenpakete schnüren. Ihre derzeitigen Konjunkturprogramme verschieben die Lasten nur noch weiter zu den Frauen und werden deshalb die Wirtschaftskrise mittelfristig nur vertiefen. Eine Reform der Einkommenssteuer etwa bringt vor allem den Männern etwas, und mitfinanziert wird sie dann womöglich auch noch durch Kürzungen bei den Kinderbetreuungsplätzen.
    Männer erhalten die Gesellschaft, Frauen stützen sie. Das eine funktioniert nicht ohne das andere und beides ist gleich viel wert. Männer und Frauen müssen vergessen, was war, und sich neu ineinander verlieben. Nur so kann die Welt gesunden.
    Elke Päsler, Januar 2011

Erster Teil
MARILYN MONROE
    DIENSTAG, 26. MAI 2009, 15 UHR. Ich trug ein Marilyn-Monroe-Kleid mit rotem Neckholder-Top und weißem Rock. Da ich zehn Minuten zu früh da war, kaufte ich mir in einer Eisdiele in der Nähe des Donauzentrums noch eine Portion Erdbeer-Vanille im Becher. Das passte farblich zu meiner Aufmachung. Es war heiß, und ich hätte im letzten Moment lieber doch noch etwas Leichteres angezogen, aber wir hatten uns Marilyn Monroe als Erkennungszeichen ausgemacht.
    Ich schlenderte zur Rolltreppe des großen Einkaufszentrums und fuhr hinauf in den ersten Stock. Ich hatte ein bisschen Lampenfieber, denn der Termin war ungewöhnlich. Der Bursche, der seiner Telefonstimme nach zu schließen höchstens dreißig sein konnte, hatte mir seine Spezialwünsche offen genannt. Prinzipiell fand ich das nur fair. So konnte ich rechtzeitig ablehnen oder mich, wie in diesem Fall, genau auf seine Wünsche einstellen.
    Am Ende der Rolltreppe ging ich geradeaus weiter und landete, genau wie er es mir beschrieben hatte, in einer Kleiderbauer-Filiale. Mit erhobenem Haupt betrat ich den Modeladen und grüßte freundlich. Während ich mich über einen Drehständer mit verbilligten Tops hermachte, checkte ich möglichst unauffällig die Umgebung, um rechtzeitig vor einer übereifrigen Verkäuferin flüchten zu können. Da sprach er mich aus dem toten Winkel links hinter mir an.
    »Bist du Sally?«
    Im Alter hatte ich mich nicht verschätzt. Er musste so um die fünfundzwanzig sein, war groß und etwas mopsig. Trotz meiner eigenen sehr zierlichen Gestalt fragte ich mich, wie wir beide in eine Umkleidekabine passen sollten. Und zwar so, dass die Verkäuferinnen keine Beulen am Vorhang sehen konnten.
    In der Kabine war es noch stickiger und enger, als ich erwartet hatte. Ein Spiegel, ein Hocker und spärliches Neonlicht. Er roch ein bisschen verschwitzt, was zweifellos an den hochsommerlichen Außentemperaturen lag. Auch ich schwitzte unter meinem Rock. Lange nachdenken konnte ich über das, was ich hier tat, aber nicht. Denn so viel war klar: Wir hatten keine Zeit zu verlieren.
    Während er sich mit dem Rücken an den Spiegel lehnte und ich vor ihm auf die Knie rutschte, nestelte er neben den vereinbarten hundertdreißig Euro sein Smartphone aus der Hosentasche. Auch das hatten wir vereinbart. Er wollte Fotos von uns machen. Für mich wäre es zwar ein Alptraum gewesen, wenn ein Bild von mir beim professionellen Oralverkehr kursiert wäre, doch bei den Positionen, die eine Umkleidekabine zwei Menschen mit unseren Absichten ermöglichte, konnte er mich ohnedies nur von oben ablichten. Die Fotos würden bestenfalls meinen Scheitel und meine Hände zeigen.
    Ich öffnete seine Hose und machte mich ans Werk. Er hatte eine ziemlich große Rute, die schon hart war, als ich seinen Reißverschluss berührte. In Sekundenbruchteilen streifte ich ihm das hellrosa Kondom über. Die Verpackung hatte ich wohlweislich bereits auf der Rolltreppe aufgerissen. Die Sache ging völlig geräuschlos über die Bühne und das Einzige, was sich dabei bewegte, waren mein Kopf und sein Finger auf dem Auslöser der Handykamera.
    Vier Minuten später war alles vorbei. Er hatte ein Papiertaschentuch eingesteckt, mit dem er sich kurz abwischte und in das er das Kondom knüllte. Wenige Augenblicke später verließen wir die Kabine, als wäre nichts gewesen. Wie mit Scheuklappen ging ich schnellen Schrittes durch den Laden.
    »Auf Wiedersehen«, flötete ich in den Verkaufsraum.
    Als ich mich draußen von dem Mann verabschieden wollte, war er schon

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