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Sally

Sally

Titel: Sally Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Päsler
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Gespräch ein. Ich sagte den Jungs etwas herablassend, was wirklich Sache war. Schließlich hatte ich in einem Krankenhaus in Wien als Krankenpflegerin und später auch als Altenpflegerin gearbeitet und deshalb einiges zu diesem Thema beizutragen. »Solche Tabletten entwässern nur und bringen die Darmflora total durcheinander«, erklärte ich also. Die Unwissenheit der Männer regte mich richtig auf. »Feigen sind nicht schlecht, aber sehr zuckerhaltig. Die treiben den Insulinspiegel hoch. Magnesiumpulver ist viel effektiver. Am besten nehmt ihr es morgens auf nüchternen Magen. Und eben Weizenkleie, die wirkt auch.«
    Eine heftige Diskussion entstand, drei Männer gegen eine Frau. Bald verließen zwei der Männer den Raum. Das Gespräch war ihnen in Ermanglung guter Argumente wohl zu mühseliggeworden. Nur einer hielt die Stellung und lud mich hinterher auf ein Mineralwasser ein. So begann meine Beziehung zu Mario, und ich hätte mir damals nie träumen lassen, dass dieser junge Mann, ein gelernter Masseur, der als Türsteher jobbte, mein Ehemann werden würde.
    Als er mir später den Hof machte, war ich zunächst alles andere als begeistert. Ich fand es anstrengend, wie er jede nur erdenkliche Ausrede benützte, um mich an der Haustür abzupassen und mich mit Anrufen zu bombardieren. Anfangs dachte ich, dass er früher oder später schon aufgeben würde. Doch dann fielen mir die Worte einer alten Dame ein, deren Pflegerin ich einmal gewesen war. »Weißt du, Mädchen«, hatte sie gesagt, ohne dass es irgendeinen Anlass dafür gegeben hätte, »ein Mann muss dich immer mehr lieben als du ihn. Dann kannst du alles von ihm haben und er wird auch deine Kinder gut behandeln.« In Gedanken hatte ich der Frau, deren nackten, alternden Körper ich gerade gereinigt und eingecremt hatte, Recht gegeben. Selbst zu sehr zu lieben konnte wehtun. Die Angst vor dem Verlust des Menschen, dem man so viel von sich schenkte, war immer zu groß. Diese Art von Liebe war wohl kaum die richtige Basis für eine gesunde Ehe. Jedenfalls nicht für mich.
    Mario hatte noch einen Vorteil. Er sah toll aus. Er war ein Bild von einem Mann, ein Typ wie Barbies Ken, der perfekte Protagonist für den Traum vom bürgerlichen Familienglück. Ganz allmählich wuchs in mir der Wunsch, seine Frau zu sein, seine Kinder großzuziehen, hinter ihm zu stehen und bei ihm zu sein. Ich fühlte mich stark, stark genug, um dafür zu sorgen, dass alles gut gehen würde. Ich würde mein Traumhaus mit ihm bauen, es immer schön aufräumen, die Kinder sauber halten und sie erziehen. Genau das tat ich dann auch.
    Natürlich hatte Mario auch Schwächen. Zwar sah er aus wie Ken, sein Wesen jedoch entsprach weniger den klassischen Mädchenfantasien. Er war absolut unangepasst, ungebildet und flegelhaft. Dafür griff er mir schon kurz nach unserem Kennenlernen bei praktischen Dingen wie dem Einrichten meiner Wohnung unter die Arme. Er half mir so lange, bis eines Tages eine Socke von ihm in meinem Kleiderschrank und er selbst eine ganze Nacht bei mir im Bett liegen blieb.
    Meine eigene Mutter hatte mir vorgelebt, dass hinter jedem erfolgreichen Mann eine starke Frau steht. Mein Vater hatte die Familie erhalten, doch die Hosen hatte meine Mutter angehabt. Sie hielt ihm den Rücken frei und widmete sich unserer Erziehung. An den Wochenenden machte mich meine Mutter für unsere gemeinsamen Familienausflüge im Dorf zurecht. Meine Strümpfe blitzten schneeweiß unter dem frisch gebügelten Rock hervor, wenn mich mein Vater, dessen ganzer Stolz ich war, durch die Luft wirbelte. Schon damals begriff ich, dass es meine Mutter war, die für den Glanz in seinem Leben sorgte und ihm damit die Kraft gab, die er für seine Rolle in der Familie brauchte.
    Auch die Schattenseiten der Ehe meiner Eltern entgingen mir nicht. Meine Mutter war all die Jahre allein mit uns Kindern. Mein Vater wiederum war aus dem Familienalltag ausgegrenzt und immer wieder gab es Streit. Als junges Mädchen überlegte ich deshalb hin und wieder, was es mit der Liebe nun tatsächlich auf sich hatte. Doch immerhin war meine Mutter erfolgreicher als viele andere Frauen. Ihre Ehe, für die sie alles tat, hielt den Jahren stand.
    Es kam der Tag, an dem ich tausend Argumente dafür gefunden hatte, warum ausgerechnet Mario der Richtige für einefunktionierende Ehe nach dem Vorbild meiner Eltern war. Er liebte mich mehr als ich ihn und er war attraktiv. Im Bett lief es gut, und obwohl er weder gebildet noch eloquent

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