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Sally

Sally

Titel: Sally Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Päsler
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hatte und nun dafür sorgte, dass Monat für Monat Geld bei uns einging. Nie hätte ich es für möglich gehalten, dass die weltweite Wirtschaftskrise bis in unser Wohnzimmer vordringen könnte.
    »Kannst du mir erklären, wieso du das erst jetzt sagst?«, fragte ich Mario mit dünner Stimme.
    »Ach, hör doch auf, Elke«, sagte er unwirsch. »Du hättest mir sowieso nicht helfen können. Ich habe gehofft, dass ich alles wieder hinkriege. Aber zu viele Verträge sind schon geplatzt. Und jetzt das mit Riethmüller …«
    Sein Gesicht wirkte zum ersten Mal alt. Meine Hände zitterten. Wie hoch waren unsere Schulden bereits? Wir hatten kaum Rücklagen gebildet, sondern einfach drauflosgelebt. In den Zeiten, in denen die Provisionen fett gewesen waren, war unser Lebensstandard immer höher gestiegen.
    »Wie konnte das alles passieren?«, fragte ich hilflos.
    »Frag doch deinen lieben Gott.« Mario lachte bitter. »Ernst und Christian und den anderen geht es auch nicht besser«, sagte er dann. »Willst du hören, was los ist? Wir sind alle pleite. Und sag jetzt nicht, dass alles wieder gut wird. Es wird nämlich nicht gut. Es wird nur immer schlechter. Jeden Tag werfen ein paar von uns das Handtuch.«
    Ich sah auf die Uhr und schaltete wie ferngesteuert das Radio an. »Geiz ist geil!«, brüllte es mir entgegen. Fahrig suchte ich einen Sender, der immer fünf Minuten vor der vollen Stunde die Nachrichten brachte. Monoton hallte der Radio-Gong durch unser Wohnzimmer. Zum ersten Mal störte mich die Höhe des Raumes, in dem die Worte des Sprechers so riesengroß werden konnten, dass sie uns zu erdrücken drohten. »Nach und nach stellen die Regierungen weltweit zur Rettung der Banken bis dahin für unvorstellbar gehaltene Summen bereit. Insgesamt geht es um Billionenbeträge, von denen ein Großteil für Bürgschaften zur Verfügung gestellt wird. Allein das deutsche Paket umfasst vierhundertachtzig Milliarden Euro.« Die Worte trafen mich wie Giftpfeile. Rettungspakete? Und wer würde ein Rettungspaket für uns schnüren? Für meine Kinder, meinen Mann, meinen Hund, mein Leben? Der Sprecher sagte irgendetwas von einem deutlichen Anstieg der Arbeitslosigkeit. Bobby bellte.
    Der Hund musste noch einmal hinaus, das hatte ich ganz vergessen. Mario rührte sich nicht. Er sah aus, als würde er auch jetzt erst die ganze Tragweite unseres Problems realisieren. Ich ging zur Tür. Bobby stürmte hinaus in den Garten, in dem die Kinder spielten, und sein Bellen entfernte sich. Die darauffolgende Stille stand zwischen Mario und mir wie ein Gebirgsmassiv. Das Herz schlug mir bis zum Hals. Ich suchte Marios Augen. Er löste sich aus seiner Starre und holte sich ein Glas Wasser. Ich setzte mich, um meine Gedanken zu ordnen. Doch ich kam nicht zur Ruhe. Ziellos rannte ich im Wohnzimmer auf und ab. Wie schlimm war diese Krise wirklich? Wie lange würden wir das alles hier noch erhalten können? Wie war das mit unseren Krediten? Hatten sie im Fernsehen nicht neulich von Eigenheimbesitzern gesprochen, die ihre Raten nicht mehr zahlen konnten und von einem Tag auf den anderen auf der Straße saßen? Dabei war von den USA die Rede gewesen, aber war Europa vor solchen Szenarien gefeit? Ich presste die Augen zusammen und lehnte meine Stirn gegen die kühle Fensterscheibe. Ich stellte mir Straßen vor, überfüllt mit Menschen, die ihr Hab und Gut notdürftig zusammengepackt hatten und wie in einem von diesen Katastrophenfilmen mit verzweifelten Gesichtern Vorbeifahrende anstarrten.
    Als Nächstes hörte ich mich hysterisch lachen. Ich lachte über mich selbst. Was war bloß los mit mir? In welche Gedankenspirale war ich da geraten? Das war doch absurd. Ich lebte in einem mitteleuropäischen Land. Es herrschte weder Krieg noch Hungersnot, bloß die Wirtschaft hatte ein wenig gelitten. Die Medien bauschten doch immer alles auf. Sie waren einfach nur sensationsgeil und wollten sich gegenseitig mit ihren reißerischen Schlagzeilen übertrumpfen. Sie spielten mit der Angst der kleinen Leute, weil das die Auflage steigerte. Und auch ich fiel gerade auf diese Panikmache herein. Dabei hatte ich zwei gesunde Kinder und einen fähigen, kräftigen Mann. Es war mein Wille, der in dieser Familie geschah, und wenn ich sagte, dass wir auch diese Krise meistern würden, dann würde es auch so sein. Mario würde notfalls einen neuen Job finden. Wir waren jung und in der Lage, alles gemeinsam durchzustehen.
    Ich starrte nach draußen. Die Erde wirkte noch so

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