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Sally

Sally

Titel: Sally Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Päsler
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ich meinen Mann mit Anton betrogen hatte. Dass ich an allem selbst schuld sei und nichts Besseres verdient hätte. Dass niemand mir helfen konnte.
    »Alles der Reihe nach, Liebling«, sagte Karim sanft. »Du wirst von diesen Männern bedroht und erpresst?«
    Ich nickte.
    »Und dein Mann hat dich völlig im Stich gelassen?«
    Wieder nickte ich.
    »Er ist auch … hilflos.«
    »Was heißt hier hilflos? Du musst dich scheiden lassen. Du bist ein so wunderbarer Mensch. Du hast ganz spezielle Fähigkeiten. Dafür musst und sollst du bekommen, was dir, und nur dir, zusteht. Das ist ein unmöglicher Zustand. Ich werde ihn nicht akzeptieren. Ich werde dir helfen. Morgen Früh kontaktiere ich meine Anwältin.«
    »Bitte nicht, Karim«, rief ich. »Die beschatten mich doch und kennen dich sicher auch schon längst. Die wissen genau, wer du bist und wo du wohnst. Das kann ich nicht zulassen. Bitte lass mich das alleine regeln.«
    Aber Karim lachte nur. Er redete so lange auf mich ein, bis ich einwilligte, mir von ihm helfen zu lassen. Ich ergab mich.So viel Zärtlichkeit war ich nicht mehr gewöhnt. Sie brach meinen Widerstand.
    Karim ließ mich tatsächlich nicht allein. Endlich ging ich zur Anwältin. Sie war eine ältere, in ihrem Fach profilierte Dame und hörte sich meine Geschichte in Ruhe an.
    »Solange es Ihren Kindern gut geht, ist es mir egal, wie Sie Ihr Geld verdienen«, sagte sie. »Aber was Ihr Mann mit Ihnen macht, ist für mich nicht in Ordnung.«
    Karim beriet mich, als wir die Papiere für den Scheidungsvergleich vorbereiteten. Ich ließ eine Verfügung aufsetzen, in der stand, dass die Erpressung auffliegen würde, sobald mir auch nur ein Haar gekrümmt werden würde. Des Weiteren legten wir fest, dass die Kinder im Falle meines Todes zu meinen Eltern kommen würden. Wir vereinbarten auch, uns gegenseitig schad- und klaglos zu halten, dass ich das Haus samt allen Schulden sowie ein Auto übernahm und er binnen drei Monaten ausziehen und seine Habseligkeiten mitnehmen musste.
    Mario und Heinz wurden unter dem von der Anwältin emotionslos ausgeübten Druck kleinlaut. Sie verstanden, dass ich ihnen nicht mehr wehrlos ausgeliefert war und dass die Zeit, in der sie einfach nur die Hand aufzuhalten brauchten, vorbei war. Mario dämmerte vielleicht sogar, dass meine Fehltritte sein Handeln nicht rechtfertigten und dass er im Grunde glimpflich davonkam.
    Mich trug Karims Stimme, die mich wie eine sichere Hand hielt, durch den Ablösungsprozess. Karim wusste zu jedem Zeitpunkt, wovon er sprach, und er fand jederzeit und für jeden Beteiligten die richtigen Worte. Er war für mich und auch für meine Kinder einfach da.

9
    SEPTEMBER 2010. Ja, ich will!
    So also fühlte sich pures Glück an.
    Um uns war der Kirchenplatz voller Menschen, über uns strahlte ein blauer Himmel und zwischen uns war Einigkeit, die sich in Form eines Babys in meinem Bauch materialisiert hatte. Noch ahnte niemand etwas davon.
    Eine Wallung ging durch meinen Körper, ließ mein Herz übergehen und drängte aus jeder einzelnen Poren nach außen. Ein kühlender weicher Wind schlang sich um meinen Körper, leicht wie der Schleier, den mein wunderschöner Mann mit seinen Händen hob, um mich zu küssen.
    »Hier unterschreiben.«
    Die Stimme des älteren Herrn im schwarzen Talar riss mich aus meinen Tagträumen. Er war es, der Mario und mich schied, nicht, wie wir uns versprochen hatten, der Tod.
    Die Kinder hatten zuerst geweint, als ich ihnen unseren Entschluss, uns scheiden zu lassen, mitgeteilt hatte. Papa sei aber sowieso immer seltener da und sie immer öfter bei den Großeltern gewesen, hatten Anke und Georg schließlich gemeint, und der einzige Unterschied bestünde jetzt darin, dass er auch nicht mehr bei uns schlafen würde. Bevor ich zu dem Gerichtstermin aufgebrochen war, hatte mich Anke mit ihrem offenen, direkten Blick angesehen. »Mama, warum hast du das nicht schon längst gemacht?«, hatte sie gefragt.
    Mario trug ironischerweise auch im Gerichtssaal einen Trainingsanzug. Er konnte es nicht lassen. Jeden Sonntag, wenn wir bei McDonald’s gesessen waren, hatte er dieselbe Acrylhose getragen. Wie oft hatte ich ihn um einen anderen Aufzug gebeten, ihn deshalb angefleht und verteufelt. Ein Paar Jeans hätte mir schon gereicht. Aber nicht einmal das hatte er für mich getan.
    »Hier unten rechts?«
    Meine Hand zitterte. In mir war immer noch der Rest eines Zwiespalts. Es fiel mir trotz allem, was ich mit Mario durchgemacht hatte, nicht

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