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Salomes siebter Schleier (German Edition)

Salomes siebter Schleier (German Edition)

Titel: Salomes siebter Schleier (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Robbins
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ausdrücken kannst. Du hast nie gelernt, einem Mann deine Gefühle mitzuteilen. Du
willst
überhaupt keine Kommunikation in einer Beziehung. Du glaubst, wenn du dich auf die Liebe einlässt, könntest du deine Unabhängigkeit oder den Ausdruck deiner Persönlichkeit oder deiner Kreativität verlieren, oder wie auch immer du diese leidenschaftliche, wunderbare Sache nennen willst, die dir das Gefühl gibt, lebendig zu sein. Patsy hat mich gewarnt, dass du nie Kinder haben wollen würdest, weil sie dir die Kraft für deine Bilder nähmen –»
    «Meine Mama hat nie –»
    «O doch, hat sie wohl! Du sagst, du liebst mich, und vielleicht tust du es sogar auf irgendeine ausgeklinkte Art, aber du liebst mich nicht um meinetwillen. Das hast du nie getan. Als ich bloß ein gewöhnlicher Schweißer war, hast du auf mich herabgesehen. Du hast mich eigentlich nie richtig gewollt, erst als du dachtest, du könntest mich nicht haben, als du merktest, dass ich die Leiter raufkletterte, die deiner Meinung nach an
deiner
Wand lehnte. Wenn ich zu meinem Schweißerleben zurückkehrte, Ellen Cherry, wenn ich wieder nach Uptown ziehen würde, fändest du mich keine zwei Tage mehr aufregend. Denn nachdem du deine Orgasmen gehabt hast, müsstest du eine Beziehung haben, und das ist eine Sache, die dich allerhöchstens am Rande interessiert. Du kannst überhaupt nicht mit einem Mann verheiratet sein, denn du bist schon mit deiner Kunst verheiratet.»
    Jetzt war sie dran, aber sie hatte nicht die Kraft zu einem richtigen Gegenangriff. Leise, mit einstudierter Überzeugung, sagte sie: «Die Kunst ist der einzige Bereich, in dem man gewinnen kann.»
    «Vielleicht ist es der einzige Bereich, in dem
du
gewinnen kannst. Ich glaube, dass wir verdammt noch mal überall gewinnen können, wenn wir es nur versuchen!»
    «Das Schlimme an dir, Boomer –»
    «Ja los, mach schon, sag mir, was so schlimm an mir ist.»
    «Du glaubst, die Welt ist eine
piñata
. Du lebst in der Vorstellung, wenn du immer wieder draufhaust und neuen Anlauf nimmst und noch mal draufhaust, dann platzt sie eines Tages auf, und alle Preise rollen dir vor die Füße.»
    Er dachte einen Augenblick darüber nach. Dann sagte er: «Na ja, schlecht lief es gestern Abend nicht gerade.»
    «Oh?»
    «Hab alles verkauft, bis auf ein Stück. Und wenn ich mir die Mühe machen würde, damit wohin zu fahren, wäre es auch weg.»
    Ellen Cherry bekam vor Schreck Puddingknie. Sie musste sich an die Wand lehnen. «Also … also … das ist ja enorm, Boomer. Muss ja wirklich … toll für dich gewesen sein.»
    «Es war ganz nett. Überhaupt nichts Großartiges eigentlich. Es wär besser gewesen, wenn du gekommen wärst. Ich meine, ich hab gedacht, du würdest vielleicht vorbeikommen. Ich weiß, wie eifersüchtig und verbittert du bist, und ich mach dir keine Vorwürfe. Du weißt tausendmal besser über Kunst Bescheid als ich. Aber ich hab gelernt, dass es gar nicht so drauf ankommt, viel zu wissen. Du machst ganz einfach das, was du gern sehen würdest, stimmt’s? Es ist ein Spiel, stimmt’s? Als würde man fürs Träumen auch noch bezahlt.» Er lachte. «Ich fühl mich wie ein Geheimagent. Wie ’n Maulwurf im Haus der Kunst. Jedenfalls hab ich das alles nur angefangen, weil ich dich verstehn und deinen Respekt verdienen wollte, Ellen Cherry. Und dann wollt ich wahrscheinlich besser sein als du, weil du immer so gottverdammt
überheblich
getan hast. Aber jetzt weiß ich auch nicht mehr weiter. Das Ganze ist mir irgendwie eine Nummer zu groß geworden. Vielleicht hat’s mich ja richtig gepackt, obwohl ich manchmal ein schlechtes Gewissen habe. Wegen dir – und wegen der Leute, die einen Trottel wie mich ernst nehmen, und außerdem, weil es so viel Spaß macht. Es ist geil, es ist Wahnsinn. Aber das spielt keine Rolle. Es hat mir was ausgemacht, dass du nicht zur Eröffnung gekommen bist. Schätze, das ist der Grund, warum ich heute Morgen so neben der Spur bin. Ist es eigentlich noch Morgen?»
    Sie schwiegen mehrere Minuten. Dann meldete sich eine unpersönliche Stimme in der Leitung und forderte Ellen Cherry auf, Münzen nachzuwerfen. Als der letzte Nickel gefallen war, mit einem hohlen und trotzdem wohlklingenden Klimpern, wie wenn ein Roboter einen Nierenstein ausscheidet, fragte Boomer: «Was denkst du?»
    «Weiß nicht. Und du?»
    «Ach, ich dachte nur, was ich gerade gesagt hab, musste wahrscheinlich mal gesagt werden, aber inzwischen glaub ich, Witze machen ist vielleicht doch

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