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Salomes siebter Schleier (German Edition)

Salomes siebter Schleier (German Edition)

Titel: Salomes siebter Schleier (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Robbins
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Rebenschwarz, Lampenschwarz, Elfenbeinschwarz und Titanweiß» (gesegnet seien die weißen Einwanderer, die mitsamt dem Schiff untergingen). «Besinge das schillernde Weiß und das sanfte Fleischrosa.»
    Was hatte sie vergessen? Lilienweiß, Nachtschwarz, Schneeweiß, Tiefschwarz, Weiße Weihnacht, Schwarzer Freitag, weiße Überlegenheit, Black Power, die Farbe Lila, die Farbe des Geldes, Phasengrün, Rasengrün, Lorne Green, Lohengrin, die Farbe des Fallschirms, die Haarfarbe meiner Liebsten, Marsbraun, Mars Chartreuse, Marsriegel, die blaue Stunde, Blue Bayou, blaue Briefe, das Blaue vom Himmel, blaue Bohnen, Blauhelme, blaues Blut, blaue Jungs, blauer Montag, besser rot als tot, rote Zahlen, den rot angestrichenen Tag im Kalender, James Brown, grün und blau, grüne Neune, grünes Licht, die grüne Grenze, dasselbe in Grün, Dorian Gray, grau in grau, Long-John Silver, den gelben Neid, die gelbe Gefahr, Gelbfieber, Senf, Curry und Silberzwiebeln.
    Ellen Cherry drehte sich der Kopf. Sie fühlte sich schwach und schwindlig. Sie hätte wirklich wissen können, dass Rum und Künstlerbedarf nicht zusammengehen. Mühsam schleppte sie ihre Einkäufe zur Kasse, wo man ihr eine beachtliche Summe abknöpfte. Nach der Transaktion rief Dave ihr ein Taxi. Sie wartete auf der Straße, in der kühlen frischen Luft.
    Als das Taxi sie vor dem Isaac & Ishmael’s absetzte, hatte der Schwindel nachgelassen, und das Sodbrennen war nur noch ein glühendes Stück Asche. Spike und Abu waren schon gegangen. «Ich kümmere mich um die Dekoration», erklärte sie dem misstrauischen Wachmann und schloss mit ihrem eigenen Schlüssel auf. Sie verlor keine Zeit, sondern packte das Material aus, stellte die Farbtöpfe am hinteren Ende des Podiums in einer Reihe auf, holte eine Trittleiter aus der Anrichte, drehte den Thermostat auf, zog sich bis auf das Höschen aus und machte sich an die Arbeit.
     
    Sie pfiff und summte, kratzte sich, wackelte mit den Hüften, warf den Kopf hin und her, trank eine Pepsi Light nach der anderen, überließ sich dem Augenspiel wie als kleines Mädchen und malte bis weit nach Mitternacht. Dann brach sie auf der Couch im Büro zusammen, wo Spike Cohen und sie …
    Sie erwachte im Morgengrauen, röstete ein paar Scheiben Pitabrot, spülte sie mit Milch herunter und begutachtete ihr Werk. Der größte Teil war gut. Hie und da entdeckte sie ein paar Konturen, die hervorgehoben, Linien, die verlängert oder verkürzt, Schattierungen, die verstärkt oder abgeschwächt, und Partien, die stärker hervorgehoben werden mussten – wahrscheinlich war sie in letzter Zeit ein bisschen eingerostet. Doch im Großen und Ganzen war sie mit sich zufrieden. Vor allem aber war noch jede Menge freie Fläche übrig; immerhin maß die Wand drei Meter fünfzig mal fünf Meter.
    Nachdem sie Nabila angerufen und sich mit Kopfschmerzen vor dem abendlichen Thanksgiving-Dinner gedrückt hatte, stieg sie wieder auf die Leiter und malte den ganzen Tag. So ging es Donnerstag, Donnerstagabend, Freitag, Freitagabend, Samstag, Samstagabend, Sonntag und Sonntagabend. Sie nahm täglich ein Schaumbad in Abus geliebter Küchenspüle, doch ihre Unterwäsche wurde kein einziges Mal gewechselt, und so sah sie schon lange vor Montag aus wie … nun, wäre der heilige Josef Transvestit gewesen, hätte die Bibel sicher auch die eine oder andere Bemerkung über seine schmutzigen Unterhosen fallengelassen. («Die Mädels in der Schublade werden’s nicht glauben», sagte der vielfach gestreifte Slip.
«Om wooga nam.»
) Ellen Cherry trank sämtliche Flaschen Cola oder Pepsi Light, die sie im I & I auftreiben konnte, und verdrückte den letzten Krümel Falafel,
tahini
und, ja, auch
baba ghanoug
. Am Sonntagnachmittag hielt sie sich nur noch mit einer Diät aus Kaffee mit Rum aufrecht.
    Als Spike am Montagmorgen gegen 8.45  Uhr auftauchte, um die Maurer hereinzulassen, lag Ellen in so tiefem Schlaf, dass nicht einmal ein Kran sie hätte heben können. Spike stand vor ihr und verfluchte den Nierenstein, der ihn aus ihren Armen vertrieben hatte. Seine Finger zuckten, und um ein Haar hätte er ihre Nippel berührt, obgleich der eine goldgelb und der andere lila war. Auch ihre Füße waren voller Farbkleckse. Trotzdem beugte sich Spike herab und hauchte ihr einen Kuss auf den großen Zeh. Dann bedeckte er ihre Blöße mit seinem
ongepotchketen
Mantel und ging in die Küche, um Abu anzurufen.
    «Unsere kleine Künstlerin hat zugeschlagen!», verkündete er.

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