Salomes siebter Schleier (German Edition)
kleinen Abu an, täglich zu beten und den Koran zu studieren, doch insgesamt legte man im Hadee-Haushalt größeren Wert auf geschäftlichen Erfolg, und daher wurde er einerseits vom Vorbild des Vaters, andererseits von seinen Lehrern aus Griechenland und England geprägt. Die Verhältnisse, in denen er heranwuchs, standen in krassem Gegensatz zu denen des jungen Spike Cohen. Abu,
Roland
Abu, kam mit einem silbernen Löffel im Mund zur Welt (ein Ausdruck, der Miss Spoon jedes Mal einen Schauer kaum verhohlener Erregung über den Rücken jagte). «In Alexandria», pflegte er zu sagen, und dabei ließ er die Vokale über seinen Gaumen perlen wie Champagner, «in Alexandria lebten wir im Gegensatz zu Spikes Familie auf großem Fuß. Wir hatten Schwein.» Aber die Gegend, in der das Penthouse seines Vaters lag, war nichts für arme Schweine. Ein akzeptables Arrangement, vom Standpunkt der Schweine aus zumindest, da kein Hadee seine Hauer jemals in einen Schinken geschlagen hätte. Oh, es gab eine Zeit, in der ein rebellischer Abu eine Diät von in Plastik eingeschweißten Wiener Würstchen und Miller-Bier einhielt, aber das war in Madison, Wisconsin, als er längst kein Schwein mehr hatte.
Mit achtzehn wurde Abu nach Harvard geschickt und verfügte über ein gut dreimal so hohes Monatseinkommen wie der Direktor des Colleges. Er freundete sich mit ein paar anderen gutbetuchten Studenten an, kaufte sich einen schnellen Wagen und verbrachte bald mehr Zeit in New Yorker Nightclubs als im Seminar. Da er den Bauchtanz von Kindesbeinen an kannte, war es von da nur ein kleiner Sprung zum Matratzensamba. Abu hinterließ halbmondförmige Knutschflecken auf den Hinterteilen von Shimmy-Shammy-Prinzessinnen in ganz Manhattan. Als der Direktor ihn zu sich zitierte, um ihm mitzuteilen, dass er die Universität verlassen müsse, paffte der junge Araber eine Zigarre, die halb so viel kostete wie das gesamte Direktoratsmobiliar und mehr wog als das Telefon auf dem Schreibtisch.
Die Duke University gab ihm noch eine Chance. Duke hatte schließlich auch schon auf Richard Nixon und Plucky Purcell gesetzt. In den ausgefallensten Anzügen, mit einem Schnurrbart, so dünn wie der Sprung in einer Espressotasse, spielte Abu den Clown vor einem amüsierten Publikum von Südstaatlern, die ihm im Tausch gegen ein paar Tropfen illegalen Absinth, die er in ihren Julep spritzte, ihren Töchtern schöne Augen machen ließen. Am Ende spritzte er seinen Samen in eine junge Debütantin und besiegelte mit diesem flüssigen Wachs auch sein Schicksal. Der Sheriff, der ihn bis an die Stadtgrenze eskortierte, erinnerte sich später an unverständliches, heidnisches Gestammel und wildes Zähneknirschen. Tatsächlich machte nur ein besonders schwerer Kater Abu zu schaffen, während er versuchte, die wohlklingende Zeile, das kleine Gedicht
«Nigger, don’t let the sun set onyou in Durham County»
ins Griechische und ein fehlerhaftes Arabisch zu übertragen.
Den nächsten Zwischenstopp legte er an der UCLA ein, mit ihrer Nähe zu Filmstars, Champagner und Swimmingpools, die groß genug waren, dass man gestohlene Viehtransporter darin parken konnte, was er so oft tat, dass er es in seinem Lebenslauf als Hobby anzugeben begann. An der UCLA hielt er sich genau ein Vierteljahr. Nach erfolgreicher Beendigung seiner akademischen Verpflichtungen stand es ihm nun frei, die Karriere eines Fulltime-Playboys einzuschlagen. Abu und das Los Angeles der Nachkriegszeit schienen wie geschaffen füreinander. Eines Nachts biss er in einer Mischung aus Absinth-, Champagner- und Kokainrausch einem Starlet von Warner Brothers die rechte Brustwarze ab und spuckte sie in eine Schale mit Blauschimmelkäsedressing. Da war selbst Hollywood schockiert.
Der Vorfall machte Schlagzeilen in den Klatschspalten der internationalen Regenbogenpresse. Als die Neuigkeiten Ägypten erreichten, regelte Hadee senior die Angelegenheit mit achtzigtausend 1950 er Dollar und kabelte seinem unflätigen Sohn, er sei enterbt und verstoßen. Abu lachte nur. Überzeugt, dass sein Vater mit der Zeit schon nachgeben werde, machte er sich daran, sein Bankkonto dieser Gemeinde von Phantomen (Phantomreichtümer, Phantomruhm) anzupassen. Je rascher sich seine Barschaft in Luft auflöste, desto spürbarer verhärtete sich seine Leber. Eines Morgens bei Sonnenaufgang, nachdem er ein rosafarbenes, stuckverziertes Doppelhaus, sechs Palmen und einen zufällig vorbeilaufenden Pudel mit einem Schwall von Kotze in allen
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